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fuhr d'Artagnan fort.

      »Ich benützte einen Augenblick, wo ich allein blieb, und da ich seit diesem Morgen wußte, was ich von meiner Entführung zu halten hatte, so ließ ich mich mit Hilfe meiner Betttücher vom Fenster herab und lief hierher, da ich meinen Mann hier zu finden glaubte.«

      »Um Euch unter seinen Schutz zu stellen?«

      »Oh! nein, der arme liebe Mann, ich wußte wohl, daß er unfähig wäre, mich zu vertheidigen. Da er uns aber zu etwas Anderem dienen konnte, so wollte ich ihn hiervon in Kenntniß setzen.«

      »Wovon?«

      »O, das ist nicht mein Geheimniß, ich kann es Euch also nicht sagen.«

      »Uebrigens,« sprach d'Artagnan, »verzeiht, Madame, daß ich, ein einfacher Soldat, Euch an Klugheit erinnere, übrigens glaube ich, daß wir uns hier nicht am geeigneten Orte zu vertraulichen Mittheilungen befinden. Die Menschen, welche ich in die Flucht geschlagen habe, werden binnen Kurzem mit bewaffneter Mannschaft zurückkehren, und wenn sie uns hier finden, sind wir verloren. Ich habe wohl drei von meinen Freunden benachrichtigen lassen, aber wer weiß, ob man sie zu Hause traf?«

      »Ja, ja, Ihr habt Recht,« rief Frau Bonacieux erschrocken, »fliehen wir, retten wir uns!«

      Bei diesen Worten nahm sie d'Artagnan beim Arm und suchte ihn fortzuziehen.

      »Aber wohin fliehen?« sprach d'Artagnan. »Wo werden wir sicher sein?«

      »Entfernen wir uns zuerst von diesem Hause und das Uebrige wird sich finden.«

      Und der junge Mann und die junge Frau gingen rasch, ohne auch nur die Hausthüre zu verschließen, durch die Rue des Fosses – Monsieur-le-Prince und hielten erst auf der Place Saint-Sulpice an.

      »Und was fangen wir nun an?« fragte d'Artagnan, »und wohin soll ich Euch führen?«

      »Ich bin sehr in Verlegenheit, Euch hierauf zu antworten,« sagte Frau Bonacieux. »Es war meine Absicht, Herrn de la Porte durch meinen Mann benachrichtigen zu lassen, damit er uns genau sagen könnte, was seit drei Tagen im Louvre vorgegangen ist, und ob es nicht gefährlich für mich sei, dort zu erscheinen.«

      »Aber ich kann eben so wohl Herrn de la Porte benachrichtigen,« sagte d'Artagnan.

      »Allerdings, nur ist dabei ein unglücklicher Umstand zu bedenken. Herrn Bonacieux kennt man im Louvre und ließe ihn passiren, während man Euch nicht kennt und Euch die Thüre verschließen würde.«

      »Ah, bah!« sprach d'Artagnan, »Ihr habt gewiß an irgend einer Pforte des Louvre einen Hausmeister, der Euch ergeben ist, und mit Hilfe eines Losungswortes . . . «

      Frau Bonacieux schaute den jungen Mann fest an.

      »Und wenn ich Euch dieses Losungswort gebe, »sprach sie, »würdet Ihr es wohl vergessen, sobald Ihr Euch desselben bedient hättet?«

      »Bei meiner Ehre, so wahr ich ein Edelmann bin,« sagte d'Artagnan mit einem Ton, der keinen Zweifel an seiner Aufrichtigkeit übrig ließ.

      »Gut, ich glaube Euch, Ihr seht aus, wie ein braver junger Mann. Ueberdies ist Euer Glück vielleicht die Folge Eurer Ergebenheit.«

      »Ich werde ohne ein Versprechen und freiwillig Alles thun, was in meinen Kräften liegt, um dem König zu dienen und der Königin angenehm zu sein,«sagte d'Artagnan. »Verfügt also über mich, als über einen Freund.«

      »Aber ich, wohin werdet Ihr mich einstweilen bringen?«

      »Habt Ihr Niemand, bei dem Herr de la Porte Euch abholen konnte?«

      »Nein, ich will mich Niemand anvertrauen.«

      »Halt!« sprach d'Artagnan, »wir sind an der Thüre von Athos. Ja, so geht es.«

      »Wer ist Athos?«

      »Einer von meinen Freunden.«

      »Aber wenn er zu Hause ist, so sieht er mich.«

      »Er ist nicht zu Hause, und ich nehme den Schlüssel mit, nachdem ich Euch in sein Zimmer geführt habe.«

      »Und wenn er zurückkommt?«

      »Er wird nicht zurückkommen. Ueberdies wird man ihm sagen, ich habe eine Frau gebracht und diese Frau befinde sich in seiner Wohnung.«

      »Das wird meinen Ruf zu sehr gefährden, wißt Ihr wohl?«

      »Was ist Euch daran gelegen? Man kennt Euch nicht, und abgesehen davon, befinden wir uns in einer Lage, wo man sich einiger Maßen über die Schicklichkeit wegsetzen muß.«

      »Gehen wir also zu Eurem Freunde. Wo wohnt er?«

      »In der Rue Ferou, zwei Schritte von hier.«

      »Vorwärts!«

      Uno beide setzten sich wieder in Marsch. Athos war, wie d'Artagnan vorausgesehen hatte, nicht zu Hause. Dieser nahm den Schlüssel, den man ihm als einem Freunde des Miethmannes zu geben gewohnt war, stieg die Treppe hinauf und führte Frau Bonacieux in die von uns bereits beschriebene Wohnung.

      »Ihr seid zu Hause,« sprach er, »schließt die Thüre von innen und öffnet Niemand, wenn Ihr nicht dreimal auf folgende Weise klopfen hört; gebt Acht.« Und er klopfte dreimal, zweimal kurz hinter einander und sehr stark, einmal entfernter und leichter.

      »Gut,« sprach Frau Bonacieux. Nun ist es an mir. Euch Instructionen zu geben.«

      »Ich höre.«

      »Begebt Euch nach der Pforte des Louvre auf der Seite der Rue de l'Echelle und fragt nach Germain.«

      »Gut, und dann?«

      »Er wird Euch fragen, was Ihr wollt, und Ihr antwortet ihm mit den zwei Worten Tours und Brüssel. Sogleich wird er sodann zu Euern Befehlen stehen.«

      »Und was soll ich ihm befehlen?«

      »Herrn de la Porte, den Kammerdiener der Königin, zu holen.«

      »Und wenn er ihn geholt hat und Herr de la Porte kommt?«

      »So schickt Ihr ihn zu mir.«

      »Ganz gut. Aber wo und wie werde ich Euch wiedersehen?«

      »Ist Euch viel daran gelegen, mich wiederzusehen?«

      »Gewiß.«

      »Ueberlaßt mir die Sorge hierfür und seid ruhig.«

      »Ich baue auf Euer Wort.«

      »Rechnet darauf.«

      D'Artagnan verabschiedete sich von Frau Bonacieux mit dem verliebtesten Blick, den er auf ihrer reizenden kleinen Person zu concentriren vermochte, und während er die Treppen hinabstieg, hörte er die Thüre doppelt hinter sich verschließen. Mit zwei Sprüngen war er am Louvre. Als er durch die Pforte an der Rue de l'Echelle trat, schlug es zehn Uhr. Die von uns mitgetheilten Ereignisse waren im Verlauf einer halben Stunde erfolgt.

      Alles ging, wie Frau Bonacieux vorhergesagt hatte. Auf das bestimmte Losungswort verbeugte sich Germain; zwei Minuten nachher befand sich de la Porte in der Loge; mit zwei Worten theilte ihm d'Artagnan das Nothwendige mit und bezeichnete ihm den Aufenthalt der Frau Bonacieux. Sobald de la Porte die Adresse genau wußte, entfernte er sich in größter Eile; kaum hatte er jedoch zehn Schritte gemacht, als er zurückkehrte und zu d'Artagnan sagte:

      »Junger Mann, einen Rath!«

      »Welchen?«

      »Man könnte Euch wegen dessen, was vorgefallen ist, beunruhigen.«

      »Ihr glaubt?«

      »Ja, habt Ihr einen Freund, dessen Uhr nachgeht?«

      »Nun?«

      »Geht zu ihm, damit er bezeugen kann, Ihr wäret um halb zehn Uhr bei ihm gewesen. Das nennt man in der Justiz ein Alibi.«

      D'Artagnan fand den Rath klug. Er lief über Hals und Kopf und kam zu Herrn von Treville. Aber statt wie alle Welt in den Salon zu gehen, bat er, in sein Cabinet eingelassen zu werden. Da d'Artagnan einer der täglichen Gäste des Hotels war, so setzte man seiner Bitte keine Schwierigkeiten entgegen und benachrichtigte Herrn von Treville, sein junger Landsmann, der ihm etwas Wichtiges mitzutheilen

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