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stand, dass der König von Frankreich im neunundfünfzigsten Jahre seines Lebens, d. i. im Jahre 1610, sterben würde. In demselben Jahre fand ein Prior zu Montargis auf dem Altar zu wiederholten Malen die Anzeige, dass der König ermordet werden würde. Eines Tages kam die Königin-Mutter in unser Hotel, um dem Herzog einen Besuch abzustatten. Sie schlossen sich in ein Zimmer ein, aber neugierig wie ein Page, schlüpfte ich in das anstoßende Kabinett und hörte die Königin sagen, ein Doktor der Theologie, Namens Olive, habe in einem Philipp III. gewidmeten Buche den Tod des Königs für das Jahr 1610, verkündet. Der König kenne diese Vorhersagung, welche auch versicherte, er werde in einem Wagen sterben; denn als bei dem Einzuge des spanischen Gesandten der königliche Wagen etwas schiefgegangen wäre, hätte der König sich so heftig auf die andere Seite, wo sie saß, geworfen, dass er ihr die Spitzen der Diamanten, die sie in ihren Haaren trug, tief in die Stirn drückte.«

      »War in diesem Gespräche nicht auch von einem gewissen Lagarde die Rede?« fragte der Kardinal.

      »Ja, Monseigneur,« sagte Latil, »und Ihr ruft mir da eine Einzelheit ins Gedächtnis zurück, die ich ganz vergessen halte, eine Einzelheit übrigens, die den Herzog von Epernon einigermaßen in Verwirrung brachte. Dieser Lagarde hatte sich, nachdem er aus den Türkenkriegen zurückgekehrt war, in Neapel aufgehalten und lebte daselbst in Gesellschaft eines gewissen Hebert, welcher der Sekretär Biron's gewesen war. Da dieser Letztere erst zwei Jahre zuvor starb, waren noch alle in seine Verschwörung verwickelten Personen verbannt. Hebert und Lagarde saßen eines Tages bei Tische, als ein großer, in violettes Tuch gekleideter Mensch eintrat und ihnen sagte, dass die französischen Verbannten bald nach ihrer Heimat zurückkehren könnten, da er im Jahre 1610 den König ermorden würde. Lagarde hatte um seinen Namen gefragt, und der Mann in Violett antwortete, er heiße Ravaillac und sei von den Leuten des Herzogs von Epernon.«

      »Ja,« sagte der Kardinal, »ich habe die Sache beinahe ebenso gehört.«

      »Wünschen Monseigneur, dass ich meine Erzählung abkürze?« fragte Latil.

      »Nein, lasset mir beileibe kein Wort weg,« sagte Richelieu eifrig; »besser zu viel, als nicht genug.«

      »Während er in Neapel war, führte man Lagarde zu einem Jesuiten, Namens Alagon; dieser hatte ihn sofort gedungen, den König zu tödten; er sollte das Wagstück zugleich mit Ravaillac ausführen und einen Jagdtag dazu wählen. Auf dem Wege nach Paris erhielt er einen Brief, in welchem ihm derselbe Vorschlag gemacht wurde. Kaum in Paris angelangt, übergab er diesen Brief dem Könige; die Namen Ravaillac's und Epernon's waren in demselben genannt.«

      »Hörtet Ihr nichts davon, dass der König durch diese Mitteilung schmerzlich berührt war?«

      »O, sehr schmerzlich! Niemand im Louvre wusste, woher seine Traurigkeit kam. Während acht Tage bewahrte er sein peinliches Geheimnis, dann verließ er den Hof und wohnte allein in Livry, in einem kleinen Hause, welches seinem Gardecapitän gehörte. Dann kam er in das Arsenal und bat Sully, ihm eine kleine Wohnung einzurichten, vier Zimmer, damit er mit denselben wechseln könne.«

      »So war also,« murmelte Richelieu, »dieser gute König, der beste vielleicht, den Frankreich jemals hatte, dahin gekommen, wie Tiberius, die Geißel der Welt, aus Furcht vor Meuchelmördern jede Nacht in einem andern Zimmer zubringen zu müssen, und da wage ich es, mich zu beklagen – ich!«

      »Eines Tages endlich,« fuhr Latil fort, »rief ein Mann in einem grünen Gewand und von finsterer Miene, dem Könige auf der Straße zu: »Im Namen des Herrn und der heiligen Jungfrau, Sire, ich muss mit Euch reden; ist es wahr, dass Ihr dem, Papst den Krieg erklärt?« Der König wollte stehen bleiben, um mit dem Manne zu sprechen, aber man hinderte ihn daran. Das Alles war ihm in den Sinn gekommen, und hatte ihn an jenem verhängnisvollen 14. Mai, der auf einen Freitag fiel, so traurig gemacht, wie einen Menschen, der zum Tode verurteilt ist und auf Gnade nicht zu rechnen hat. Mit solchen Gefühlen stieg er die große Treppe hinab und in seinen Wagen. Da war es, dass mich der Herzog von Epernon rief und mir befahl, mich auf das Trittbrett zu stellen.«

      »Erinnert Ihr Euch,« fragte der Kardinal, »wie viele Personen sich damals im Wagen befanden und wie dieselben verteilt waren?«

      »Drei Personen, Monseigneur: der König, Herr von Montbazon und der Herzog von Epernon. Montbazon saß zur Rechten, mein Herr zur Linken und der König in der Mitte. Ich konnte schon bei der Abfahrt recht gut einen Mann bemerken, welcher an die Mauer des Louvre gelehnt stand und wartete, als ob er gewusst hätte, der König werde ausfahren. Als er den offenen Wagen, welcher ihm gestattete, den König. zu erkennen, abfahren sah, verließ er seinen Platz an der Mauer und folgte uns.«

      »Das war der Mörder?«

      »Ja, aber ich kannte ihn nicht. Der König war nicht von seinen Garden begleitet. Er hatte zuerst gesagt, er wolle zu Sully fahren, welcher krank war, aber in der Rue de l'Arbre Sec besann er sich anders und befahl, ihn zu Fräulein Paulet zu fahren, indem er bemerkte, er wolle sie ersuchen, sie möge die Erziehung seines Sohnes Vendôme leiten, der schlechte italienische Neigungen angenommen habe,«

      »Fahrt fort, fahrt fort!« drängte der Kardinal, »und vergeht mir auch das geringste Detail nicht.«

      »O, Monseigneur, es kommt mir vor, als ob ich noch dabei wäre; es war ein schöner Tag, gegen ein Viertel auf fünf Uhr Nachmittags. Obwohl man überall Heinrich IV. in seinem Wagen erkannte, schrie man doch nirgends: »Es lebe der König!« Das Volk war niedergeschlagen und misstrauisch«

      »Als man in die Rue de Bourdonnais kam, suchte da nicht der Herzog von Epernon den König mit irgend etwas zu beschäftigen?«

      »Monseigneur,« sagte Latil erstaunt, »ich fange an. zu glauben, dass Ihr von der Sache ebenso viel wisst, als ich!«

      »Ich habe Euch im Gegenteile gesagt, dass ich leider gar nichts weiß; fahrt nur fort!«

      »Ja, Monseigneur! d'Epernon gab Sr. Majestät einen Brief; der König las eifrig und beschäftigte sich nun nicht mehr mit dem, was um ihn her vorging.«

      »Also doch!« flüsterte der Kardinal.

      »Als man ungefähr in der Mitte der Rue de la Ferronnerie angelangt war, kreuzten ein Wein- und ein Heuwagen den Weg. Es gab einen Aufenthalt. Der Kutscher des königlichen Wagens bog nach links ein, um auszuweichen, und das Rad streifte fast die Mauer des in dieser Straße befindlichen Klosters; ich presste mich gegen den Wagenschlag, um nicht zerquetscht zu werden. Der Wagen musste halten. In diesem Augenblicke stieg ein Mann auf einen Eckstein, schob mich mit der Hand zur Seite, und vorbei an der Brust des Herzogs von Epernon, der sich zurückbog, wie um ihm Platz zu machen, führte er nach dem Könige den ersten Stich. »Zu Hilfe!« rief der König, »ich bin verwundet!« und, erhob den linken Arm, in welchem er den Brief hielt; dies verschaffte dem Mörder Gelegenheit, einen zweiten Stich zu führen, und er tat es. Diesmal stieß der König nur einen Seufzer aus; dann war er todt. »Der König ist nur verwundet,« rief da der Herzog von Epernon, und warf seinen Mantel über den Körper des Ermordeten. Ich sah davon nichts mehr, ich kämpfte in diesem Augenblicke mit dem Mörder, den ich bei seinem Wams gefasst hatte, und der mir die Hände mit Messerstichen zerfleischte, aber ich ließ ihn erst los, als ich ihn erfasst und in sichere Verwahrung genommen sah. »Tödtet ihn nicht,« schrie der Herzog von Epernon, »bringt ihn nach dem Louvre!«

      Richelieu legte seine Hand auf die Schulter des Verwundeten, wie um ihn zu unterbrechen.

      »Der Herzog rief das wirklich?« fragte er.

      »Ja, Monseigneur, aber der Mörder war bereits festgenommen, die Gefahr, dass er getödtet werde, war vorüber. Man schleppte ihn nach dem Louvre; ich folgte ihm; es schien mir, dass er meine Beute sei; ich deutete auf ihn mit meinen blutenden Händen und schrie fortwährend: »Der ist's, der den König getödtet hat!« – »Welcher?« rief man zurück. – »Der im grünen Wams!« gab ich vielleicht hundertmal zur Antwort. Man weinte, man schrie, man drohte dem Mörder. Der Wagen des Königs konnte kaum vorwärts kommen, so groß war die Menschenmenge, die von allen Seiten herbeiströmte. Ich erkannte in der Menge den Marschall d'Ancre; man erzählte ihm die traurige Neuigkeit und er lief sofort ins Schloss, wo er sich in das Gemach der Königin begab, und ohne einen Namen zu nennen, als wenn die Königin ohnehin hätte wissen müssen, um was es sich handle, ihr ankündigte: »E,amazzato!«

      »Er

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