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und Lyon sind getreue Städte und werden ihm eine unübersteigbare Schranke entgegensetzen.«

      »Grenoble wird ihm begeistert seine Thore öffnen, ganz Lyon wird ihm entgegengehen. Glaube mir, wir sind eben so gut unterrichtet, als Du, und unsre Polizei ist so viel wert, als die Eurige. Willst Du einen Beweis hierfür? Du wolltest mir Deine Reife verbergen und dennoch habe ich Deine Ankunft eine halbe Stunde. nachdem Du durch die Barriere gefahren, gewußt. Du hast Deine Adresse Niemand gegeben als dem Postillon, und ich kenne Deine Adresse, dafür bürgt, daß ich in dem Augenblick zu Dir komme, wo Du Dich zu Tische sehen willst. Laute also, und bestelle ein zweites Gedeck, und wir speisen mit einander zu Mittag.«

      »In der Tat,« antwortete Villefort, und schaute dabei seinen Vater erstaunt an, »in der Tat, Sie scheinen mir sehr gut unterrichtet.«

      »Ei! mein Gott, die Sache ist äußerst einfach. Ihr, die Ihr die Gewalt in den Händen haltet, habt nur die Mittel, die Euch:das Geld gibt; wir Andern, die wir sie erwarten, haben diejenigen, welche die Ergebenheit bietet.«

      »Die Ergebenheit?« sprach Villefort lachend.

      »Ja, die Ergebenheit; so nennt man mit ehrlichen Worten den Ehrgeiz, welcher hofft.«

      Und der Vater von Villefort streckte selbst die Hand nach der.Klingelschnur aus, um den Bedienten zu rufen, welchen sein Sohn nicht rief.

      Villefort hielt ihm den Arm zurück.

      »Warten Sie, mein Vater,« sagte der junge Mann, »noch ein Wort.«

      »Sprich!«

      »So schlecht die royalistische Polizei auch sein mag, so weiß sie doch etwas Furchtbares.«

      »Was?«

      »Das Signalement des Mannes, der am Morgen des Tages, an welchem der General Quesnel verschwunden ist, bei diesem erschienen war.«

      »Ah! sie weiß dies, die gute Polizei? Und wie ist das Signalement?«

      »Gesichtsfarbe braun, Haare, Backenbart und Augen schwarz, Oberrock blau, bis an das Kinn zugeknöpft, Rosette des Offiziers der Ehrenlegion am Knopfloche, Hut mit breiter Krempe, Rohrstock.«

      »Ah! Ah! das weiß sie,« sagte Noirtier, »und warum legte sie nicht Hand an diesen Menschen?«

      »Weil sie ihn gestern oder vorgestern an der Ecke der Rue Coq-Héron aus dem Gesichte verloren hat.«

      »Nun als ich Dir vorhin sagte, Deine Polizei wäre eine alberne? . . . «

      »Ja, aber sie kann ihn jeden Augenblick finden.«

      »Ganz richtig,« sprach Noirtier, sorglos um sich schauend, »wenn dieser Mann nicht davon in Kenntnis gesetzt ist; aber er ist es und,« fügte er lächelnd bei, »er wird Gesicht und Kleidung verändern.«

      Bei diesen Worten stand er auf, legte Oberrock und Halsbinde ab, ging auf den Tisch zu, auf welchem alle Stücke aus der Toilette-Necessaire seines Sohnes ausgebreitet waren, seifte sich das Gesicht ein, nahm ein Rasirmesser und schnitt sich mit vollkommen fester Hand den gefährdenden Bart ab, welcher der Polizei ein so kostbares Document gab.

      Villefort schaute ihn mit einem Schrecken an, dem es nicht ganz an einer Beimischung von Bewunderung gebrach.

      Als der Bart abgeschnitten war, gab Noirtier seinen Haaren eine andere Form, nahm statt seiner schwarzen Halsbinde eine farbige Binde, welche sich auf der Oberfläche eines geöffneten.Koffers zeigte, zog statt seines blauen, zum Zuknöpfen gemachten, Rockes einen weit ausgeschnittenen Rock von Villefort von kastanienbrauner Farbe an, versuchte vor dem Spiegel den Hut mit aufgestülpter Krampe des jungen Mannes, schien mit der Art, wie er ihm stand, zufrieden, ließ das Rohr in dem Winkel des Kamins stehen, in den er es gestellt hatte, und schwang mit seiner nervigen Hand ein kleines Bambusstöckchen, mit welchem der zierliche Substitut seinem Gange die anmutige Ungezwungenheit verlieh, die er als eine von seinen Haupteigenschaften betrachtete.

      »Nun!« sagte er, sich gegen seinen erstaunten Sohn umwendend; als diese Verwandlung bewerkstelligt war, »glaubst Du, die Polizei werde mich jetzt erkennen?«

      »Nein, mein Vater,« stammelte Villefort. »ich hoffe es wenigstens.«

      »Mein lieber Gérard,« fuhr Noirtier fort, »Deiner Klugheit überlasse ich es, alle diese Gegenstände, welche ich Deiner Obhut anvertraue, verschwinden zu machen.«

      »Oh! seien Sie unbesorgt. mein Vater.«

      »Ja, ja, und nun glaube ich. daß Du Recht hast, und daß ich Dir vielleicht das Leben zu verdanken haben dürfte; aber ich werde es Dir demnächst zurückgeben.«

      Villefort schüttelte den Kopf.

      »Du bist nicht davon überzeugt?«

      »Ich hoffe, daß Sie sich täuschen.«

      »Wirst Du den König wiedersehen?«

      »Vielleicht.«

      »Willst Du in seinen Augen für einen Propheten gelten?«

      »Die Unglückspropheten sind bei Hofe sehr unwillkommen. mein Vater.«

      »Ja, doch eines Tages läßt man ihnen Gerechtigkeit widerfahren. Denke Dir eine zweite Restauration, und Du wirft dann für einen großen Mann gelten.«

      »Nun, was soll ich dem, König sagen?«

      »Sage ihm Folgendes: »»Sire, man täuscht Sie in Beziehung auf die Stimmung von Frankreich, auf die Meinung der Städte, auf den Geist des Heeres. Derjenige, welchen sie in Paris den Währwolf von Corsica nennen, den man in Revers noch den Usurpator nennt, heißt in Lyon bereits Bonaparte und in Grenoble der Kaiser. Sie halten ihn für umstellt, verfolgt, auf der Flucht begriffen, er marschiert rasch wie der Adler, den er zurückbringt. Die Soldaten, welche Sie, vor Hunger sterbend, von der Anstrengung niedergebeugt, zum Desertieren bereit wähnen, vermehren sich wie die Schneeatome um den Ball, der vom Gebirge herabstürzt. Sire, reisen Sie, überlassen Sie Frankreich seinem wahren Herrn, demjenigen, welcher es nicht erkauft, sondern erobert hat. Reifen Sie, Sire, nicht als ob Sie Gefahr liefen, denn Ihr Gegner ist stark genug, um Ihnen Gnade angedeihen zu lassen, sondern weil es demütigend für einen Enkel des heiligen Ludwig wäre, wenn er sein Leben dem Manne von Arcole, von Meringo und Austerlitz verdanken müßte.«« Sage ihm dies, Gérard, oder vielmehr gehe und sage ihm nichts, Verbirg Deine Reise, rühme Dich dessen nicht, was Du tun wolltest, und in Paris getan hast. Nimm Postpferde: bist Du gefahren, daß die Räder rauchten, so verschlinge den Rauch, um zurückzukehren. Gehe bei Nacht nach Marseille hinein, dringe durch die Hinterpforte in Deine Wohnung und bleibe dort sehr sanft, sehr demütig, sehr geheim, und besonders sehr harmlos. Denn dies Mal, das schwöre ich Dir, werden wir als kräftige Männer, als Leute, die ihre Feinde kennen, handeln. Gehe mein Sohn, gehe, mein lieber Gérard, und mittelst dieses Gehorsams gegen die väterlichen Befehle, oder wenn Du willst, mittelst dieser Folgsamkeit gegen den Rath eines Freundes werden wir Dich auf Deinem Posten erhalten. Vielleicht,« fügte Noirtier lächelnd bei, vielleicht wird dies für Dich ein Mittel sein, mich zum zweiten Male zu retten, wenn der politische Wagbalken Euch eines Tages wieder emporhebt und mich hinabsinken läßt. Gott befohlen. mein lieber Gérard. bei Deiner nächsten Reise steige bei mir ab.

      Und Noirtier entfernte sich nach diesen Worten mit der Ruhe, die ihn nicht einen Augenblick während der Dauer dieser so schwierigen Unterredung verlassen hatte.

      Bleich und erschüttert lief Villefort an das Fenster; er öffnete halb den Vorhang, und sah ihn ruhig und unempfindlich mitten durch mehrere Menschen von verdächtigem Aussehen gehen, welche sich an den Straßenecken aufgestellt hatten und vielleicht bestimmt waren, den Mann mit dem schwarzen Backenbart, dem blauen Oberrock und dem breitkrempigen Hute zu verhaften.

      Villefort blieb so schwer atmend stehen, bis sein Vater an der Bussy-Ecke verschwunden war. Dann lief er nach den von demselben zurückgelassenen Gegenständen, legte ganz unten in seinen Koffer die schwarze Halsbinde und den blauen Oberrock, drehte den Hut zusammen und steckte ihn in einen Schrank, zerbrach das Rohr in drei Stücke, die er in das Feuer warf, setzte eine Reisemütze auf, rief seinem Bedienten, untersagte ihm mit einem Blicke die taufend Fragen, die er an ihn zu richten Lust hatte, bezahlte seine Rechnung, sprang in seinen Wagen, der ihn angespannt

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