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Ansichten hat, geziemt es sich, ehe man seinen Feldzugsplan macht, ein ähnliches Portrait von den feindlichen Generalen zu entwerfen, mit denen man es zu thun hat.

      »Vor Allem zeigt sich Herr Fouquet. Wie ist es mit Herrn Fouquet?

      »Herr Fouquet,« antwortete d’Artagnan sich selbst, »Herr Fouquet ist ein schöner und bei den Frauen beliebter Mann, ein sehr artiger bei den Dichtern beliebter Mann, ein geistreicher von den Lumpenkerlen verfluchter Mann. Ich bin weder Frau, noch Dichter, noch Lumpenkerl; ich liebe weder Herrn Fouquet, noch hasse ich ihn, ich befinde mich also ganz und gar in der Lage, in der sich Herr von Turenne befand, als er die Schlacht auf den Dünen gewinnen sollte. Er haßte die Spanier nicht, aber er, schlug sie total.

      »Nein; Mordioux! es gibt noch ein besseres Beispiel; ich bin in der Lage, in der sich derselbe Herr von Turenne befand, als er sich gegenüber dem Prinzen von Condé in Jargeau, Gien und dem Faubourg Saint-Antoine hatte. Er haßte den Herrn Prinzen allerdings nicht, aber er gehorchte dem König. Der Herr Prinz ist ein äußerst angenehmer Mann, doch der König ist der König; Turenne stieß einen schweren Seufzer aus, nannte Condé »mein Vetter,« und vernichtete seine Armee.

      »Was will nun der König? Das geht mich nichts an.

      »Was will nun Herr Colbert? Oh! das ist etwas Anderes, Herr Colbert will Alles, was Herr Fouquet nicht will.

      »Was will denn Herr Fouquet? Oh! oh! das ist ernst. Herr Fouquet will ganz genau Alles, was der König will.«

      Nachdem dieses Selbstgespräch beendigt war, lachte d’Artagnan wieder und ließ seine Gerte pfeifen. Er war schon weit auf der Landstraße, machte die Vögel auf den Hecken scheu, horchte auf die Louisd’or, welche bei jedem Stoß in seiner ledernen Tasche tanzten, und, gestehen wir es, wenn sich d’Artagnan in solchen Lagen befand, war die Weichheit nicht sein vorherrschendes Laster. Er glich dann Herrn von Turenne, als dieser die Spanier nicht liebte.

      Der Musketier konnte sich indessen nicht erwehren, den Frieden des Reiches zu beklagen, den die Streitigkeiten der Großen abermals gefährden sollten. Er erinnerte sich, wie mächtig, unterstützt und gewaffnet Fouquet war. Er addirte einerseits die achtzehn Millionen von Ludwig XIV., andererseits die unendlichen Mittel des Oberintendanten, wog in seiner unbeugsamen, durch eine ewige Verachtung der Mittelmäßigkeiten verbürgten Unparteilichkeit den giftigen Groll von Herrn Fouquet ab, und sagte, als er seine Rechnung gemacht hatte:

      »Ah! die Expedition ist nicht sehr gefährlich, und es wird mit meiner Reise sein, wie mit dem Stück, in das mich in London Herr Monk geführt hat, und das, so viel ich mich erinnere: Viel Lärmen um nichts, heißt.

       XXIV.

      Reise

      Es war dies das fünfzigste Mal vielleicht, seit dem Tag, wo wir unsere Geschichte eröffnet, daß dieser Mann mit dem ehernen Herzen und den stählernen Muskeln Haus und Freunde, kurz Alles verließ, um das Glück und den Tod zu suchen. Das Eine, nämlich der Tod, war beständig vor ihm zurückgewichen, als ob er vor ihm bange gehabt hätte, das Ändere, nämlich das Glück, hatte erst seit einem Monat wirklich ein Bündniß mit ihm geschlossen.

      Obgleich er kein großer Philosoph, noch Epikur oder Sokrates, war, so war er doch ein mächtiger Geist, der die Erfahrung des Lebens und die Uebung des Gedankens für sich hatte. Man ist nicht tapfer, man ist nicht abenteuerlich, man ist nicht gewandt, wie es d’Artagnan war, ohne zugleich ein wenig träumerisch zu sein.

      Er hatte da und dort einige Brocken von Herrn von la Rochefoucault aufgefangen, und im Vorübergehen in der Gesellschaft von Athos und Aramis viele Stücke von Cicero und Seneca, übersetzt von ihnen und auf den Gebrauch des gemeinen Lebens angewendet, gesammelt.

      Die Verachtung des Reichthums, welche unser Gascogner während der fünf und dreißig ersten Jahre seines Lebens als einen Glaubensartikel beobachtet hatte, war lange von ihm als der erste Artikel des Codex der Tapferkeit betrachtet worden.

      Art. 1. sagte er:

      »Man ist tapfer, weil man nichts hat.

      »Man hat nichts, weil man den Reichthum verachtet.«

      Mit diesen Grundsätzen, welche, wie gesagt, die fünf und dreißig ersten Jahre seines Lebens geleitet hatten, war d’Artagnan auch nicht sobald reich, als er sich fragen mußte, ob er, trotz seines Reichthums, Immer noch tapfer sei.

      Hierauf konnte für jeden Andern, als d’Artagnan, das Ereigniß auf der Grève als Antwort dienen. Viele Gewissen hätten sich damit begnügt, aber d’Artagnan war tapfer genug, um sich aufrichtig zu fragen, ob er tapfer wäre.

      Auf die Worte:

      »Mir scheint, ich habe auf der Grève rasch genug vom Leder gezogen und artig genug eingehauen, um meines Muthes sicher zu sein, « erwiederte d’Artagnan, sich selbst:

      »Alles schön, Kapitän; das ist keine Antwort. Ich war an diesem Tag tapfer, weil man mir mein Haus verbrannte, und es sind hundert und sogar tausend gegen eins zu wetten, daß, wenn die Herren nicht diesen unglücklichen Gedanken gehabt hätten, ihr Angriffsplan gelungen, oder daß wenigstens von mir kein Widerstand entgegengestellt worden wäre.

      »Was wird man nun gegen mich versuchen? Ich habe in der Bretagne kein Haus zum Verbrennen; ich habe keinen Schatz, den man mir rauben könnte.

      »Nein, aber ich habe meine Haut, diese kostbare Haut von Herrn d’Artagnan, welche so viel werth ist, als alle Häuser und Schätze der Welt; diese Haut, an der mir überaus viel gelegen ist, weil sie im Ganzen den Einband eines Körpers bildet, der ein sehr warmes Herz enthält, das sehr zufrieden ist, daß es schlägt und folglich lebt.

      »Ich wünsche also zu leben und lebe wahrhaftig viel besser, viel vollständiger, seitdem ich reich bin. Wer Teufels sagte, das Geld verderbe das Leben? Es ist dem bei meiner Seele nicht so; mir scheint im Gegentheil, daß ich nun ein doppeltes Quantum Lust und Sonne aufzehre. Mordioux! wie wird es sein, wenn ich dieses Vermögen verdopple und, statt der Gerte, die ich in der Hand halte, je den Marschallsstab trage.

      »Ich weiß nicht, ob es dann von diesem Augenblick an genug Sonne und Lust für mich geben wird.

      »Das ist in der That kein Traum; wer Teufels soll sich dem widersetzen, daß mich der König zum Herzog und Marschall macht, wie sein Vater, der König Ludwig XIII. Albert von Luynes zum Herzog und Connetable gemacht hat? Bin ich nicht ebenso tapfer und noch viel verständiger, als dieser Schwachkopf Vitry?

      »Ah! das wird sich gerade meinem Avancement widersetzen, ich habe zu viel Geist.

      »Zum Glück, wenn es eine Gerechtigkeit auf dieser Welt gibt, steht Fortuna auf meiner Seite. Sie ist mir sicherlich eine Belohnung für das, was ich für Anna von Oesterreich gethan habe, und eine Entschädigung für Alles, was diese nicht für mich gethan hat, schuldig.

      »Zu dieser Stunde bin ich gut mit einem König, und zwar mit einem König, der ganz das Aussehen hat, als wollte er regieren.

      »Gott erhalte ihn auf diesem erhabenen Weg! Denn wenn er regieren will, bedarf er meiner, und wenn er meiner bedarf, muß er mir wohl geben, was er mir versprochen hat . . . Wärme und Licht – ich gehe also vergleichungsweise, wie ich einst ging – von Nichts zu Allem.

      »Nur ist das Nichts von heute das Alles von einst; es findet sich bloß diese einzige Veränderung in meinem Leben.

      »Und nun wollen wir den Theil des Herzens machen, da ich so eben von diesem gesprochen habe.

      »Doch in der That, ich sprach nur der Erinnerung wegen davon!«

      Und der Gascogner legte die Hand auf seine Brust, als wollte er wirklich den Platz des Herzens suchen.

      »Ah! Unglücklicher!« murmelte er, bitter lächelnd. »Ah! armes Geschöpf, Du hofftest einen Augenblick kein Herz zu haben, und nun hast Du eines, verfehlter Höfling, der Du bist, und zwar ein höchst meuterisches.

      »Thörichtes Herz, daß du zu Gunsten von Herrn Fouquet sprichst.

      »Wer ist dieser Herr Fouquet, wenn es sich um den König handelt? Ein Verschwörer, ein wahrer Verschwörer, der sich nicht einmal die Mühe gab, zu verbergen, daß er conspirirt; welche Waffe

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