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mit einer empfehlenden Nachschrift zu versehen geruhen wird.

      – Ei, das geht ja ganz herrlich, sagte Louise zu mir, entzückt über das Wohlwollen des Grafen für mich, Sie sehen, daß ich Ihnen keine Unwahrheit gesagt hatte.

      – Nein, und der Herr Graf ist eben so sehr der gefälligste Beschützer, als Sie die vortrefflichste der Frauen sind. Ich überlasse es Ihnen, ihn in dieser guten Stimmung zu erhalten, und um Ihnen den Werth zu beweisen, den ich auf seinen Rath lege, werde ich noch heute Abend meine Einladungschrift anfertigen.

      – Das ist recht, sagte der Graf.

      – Jetzt, Herr Graf, bitte ich um Verzeihung, aber ich bedarf einiger Nachweisung über die örtlichen Verhältnisse. Ich gebe diese Fechtübung nicht um Geld zu gewinnen; sondern um mich bekannt zu machen. Soll ich Einladungen wie zu einer Abendunterhaltung aussenden, oder mich bezahlen lassen, wie zu einem Schauspiele?

      – O! lassen Sie sich bezahlen, mein lieber Herr, denn ohne das kommt Niemand zu Ihnen. Setzen Sie den Eintritts-Preis auf zehn Rubel fest, und senden Sie mir Hundert Billete, ich übernehme es, dieselben unterzubringen.

      Es war schwer, liebreicher zu sein; mein Groll hielt demnach auch nicht Stand. Ich empfahl mich, und ging fort. Am anderen Tage waren meine Ankündigungen angeschlagen, und acht Tage nachher hatte ich meine öffentliche Fechtübung gegeben, an welcher weder Valville nach Siverbrück Theil nahmen, sondern nur polnische, russische und französische Liebhaber.

      Meine Absicht ist es durchaus nicht, hier ein Verzeichniß meiner Heldenthaten und der gegebenen oder empfangenen Stöße aufzuzählen. Nur will ich hier anführen, daß während der Sitzung selbst unser Gesandter, der Herr Graf de la Ferronnays, mir anbot, seinem Sohne, dem Vicomte Charles, Unterricht zu erteilen, und daß ich am Abende und am anderen Morgen die aufmunterndsten Briefe empfing, unter anderen von dem Herzoge von Würtemberg, der mich zum Lehrer seines Sohnes verlangte, und von dem Grafen Bobrinski, der mich für sich selbst in Anspruch nahm.

      Als ich demnach auch den Grafen Waninkoff wiedersah, sagte er zu mir:

      – Nun! alles ist ja vortrefflich gewesen. Jetzt ist Ihr Ruf gegründet, es bedarf nur noch, daß ein kaiserliches Dekret ihn befestigt. Nehmen Sie, hier ist ein Brief für den General-Adjutanten des Großfürsten, er wird schon von Ihnen haben sprechen hören. Stellen Sie sich ihm dreist mit Ihrer Bittschrift für den Kaiser vor; schmeicheln Sie seiner militairischen Eigenliebe, und bitten Sie ihn um seine empfehlende Nachschrift.

      – Aber, Herr Graf, fragte ich mit einigem Zögern, glauben Sie, daß er mich gut aufnehmen wird?

      – Was nennen Sie gut aufnehmen?

      – Kurz, auf eine anständige Weise.

      – Hören Sie, mein lieber Herr, sagte der Graf Alexis lachend zu mir, Sie erzeigen uns immer zu viel Ehre. Sie behandeln uns als civilisierte Leute, während dem wir nur Barbaren sind. Hier ist der Brief, ich öffne Ihnen die Thür, aber ich stehe für nichts, und alles wird von der guten oder üblen Laune des Prinzen abhängen. An Ihnen ist es, den Moment zu wählen; Sie sind Franzose, dem zu Folge sind Sie tapfer. Es ist das ein zu bestehender Kampf, ein zu erringender Sieg.

      – Ja, aber ein Vorzimmer-Kampf, der Sieg eines Hofmannes. Ich gestehe Eurer Excellenz, daß ich einen wirklichen Zweikampf vorziehen würde.

      – Jean Bart war mit den gewichten Parkets und den Hof-Kleidern nicht vertrauter als Sie. Wie hat sich der herausgezogen, als er nach Versailles kam?

      – Mit Faust-Schlägen, Ihre Excellenz.

      – Nun! machen Sie es wie er. Apropos, ich bin von Seiten Narischkins, der, wie Sie wissen, ein Vetter des Kaisers ist, von dem Grafen Tzschernitscheff und dem Obristen Murawieff beauftragt, Ihnen zu sagen, daß sie Stunden von Ihnen zu erhalten wünschen.

      – Haben Sie denn beschlossen, mich mit Güte zu überschütten?

      –. Nein, und Sie sind mir nichts schuldig; ich entledige mich nur meines Auftrages, das ist alles.

      – Aber es scheint mir, daß sich das nicht übel macht, sagte Louise zu mir.

      – Durch Sie, und ich danke Ihnen dafür. Nun denn, es sey so; ich werde dem Rathe Eurer Excellenz folgen. Morgen will ich es wagen.

      – Thun Sie es, und gutes Glück. Ich bedurfte übrigens nichts mehr, als dieser Aufmunterung. Ich kannte den Ruf des Mannes, mit dem ich zu thun hatte, und ich muß gestehen, daß ich eben so gerne einen Bären der Ukraine in seiner Höhle angegriffen hätte, als hinzugehen, und den Großfürsten, diesen sonderbaren Verein guter Eigenschaften, heftiger Leidenschaften, und unsinnigen Jähzornes, um eine Gnade zu bitten.

      VI

      Der Großfürst Konstantin, der jüngere Bruder des Kaisers Alexander, und der ältere Bruder des Großfürsten Nikolaus, hatte weder die liebreiche Höflichkeit des ersteren, noch die kalte Würde und Ruhe des zweiten. Er schien ganz seinen Vater beerbt zu haben, von dem er zu gleicher Zeit dessen gute Eigenschaften und dessen Wunderlichkeiten besaß, während dem daß seine beiden Brüder mehr Katharinen ähnlich waren, Alexander durch das Herz, Nicolaus durch den, Kopf, alle beide durch diese kaiserliche Größe, von der ihr Großvater der Welt ein so mächtiges Beispiel gegeben hatte.

      Als Katharina unter ihren Augen diese schöne und zahlreiche Nachkommenschaft zur Welt kommen sah, hatte sie ihre Blicke besonders auf die bei den ältesten geworfen, und schon durch ihre Taufnamen, indem sie den einen Alexander, und den anderen Konstantin nannte, schien sie die Welt unter sie getheilt zu haben. Dieser Gedanke war übrigens dermaßen der ihrige, daß sie dieselben als kleine Kinder malen ließ, den einen, wie er den gordischen Knoten durchhaut, und den anderen, wie er das Labarum5 trägt. Außerdem war die Entwickelung ihrer Erziehung, deren Plan sie entworfen hatte, nur eine Anwendung dieser großen Ideen. Demnach hatte Konstantin, für das orientalische Reich bestimmt, nur griechische Ammen, und wurde nur von griechischen Lehrern umgeben, während dem daß Alexander für das abendländische Reich bestimmt nur von Engländern umringt war. Was den gemeinschaftlichen Lehrer der beiden Brüder anbelangt, so war es ein Schweizer, Namens Laharpe, ein Vetter des tapferen Generals Laharpe, der in Italien unter den Befehlen Buonapartes diente. Aber die Lehren dieses würdigen Meisters wurden von seinen beiden Zöglingen nicht mit einem gleichen Eifer aufgenommen, und die Saat, obgleich dieselbe, brachte verschiedene Früchte hervor, denn auf der einen Seite sie sie auf ein bearbeitetes und fruchtbringendes Land, und auf der anderen auf einen rohen und wilden Boden. Während

      dem daß Alexander im Alter von zwölf Jahren seinem Professor der Experimental-Physik, Graft,

      welcher zu ihm sagte, daß das Licht ein immerwährendes Ausströmen der Sonne wäre, antwortete: »Das ist nicht möglich, denn dann würde die Sonne mit jedem Tage kleiner werden;« antwortete Konstantin seinem Privat-Erzieher Sacken, der ihn aufforderte lesen zu lernen: »Ich will nicht lesen lernen, weil ich sehe, daß Sie alle Tage lesen, und daß sie alle Tage einfältiger werden.«

      Der Charakter und der Geist der beiden Kinder lag ganz in diesen beiden Antworten.

      Eben so viel Widerwillen, als Konstantin für die wissenschaftlichen Studien hatte, eben so viel

      Geschmack hatte er dagegen für die militairischen Uebungen. Fechten, reiten, ein Heer manövrieren

      lassen, schienen ihm weit nützlichere Kenntnisse für einen Prinzen, als das Zeichnen, die Botanik oder die Astronomie. Das war noch ein Zug, in welchem er Paul glich, und er hatte eine solche Leidenschaft für die militairischen Manöver gefaßt, daß er am Tage seiner Hochzeit um fünf Uhr Morgens aufstand, um das sich als Wache bei ihm befindende Peloton Soldaten manövrieren zu lassen.

      Der Bruch Rußlands mit Frankreich kam Konstantin erwünscht. Nach Italien unter den Befehlen des Feldmarschalls Suwarow gesandt, der beauftragt war, seine militairische Bildung zu vervollständigen, wohnte er seinen Siegen an dem Mincio und seiner Niederlage in den Alpen bei. Ein solcher Lehrer, der zum mindesten eben so berühmt durch seine Sonderbarkeiten, als durch seinen Muth, war eine üble Wahl, um die natürlichen Eigenheiten Konstantins zu verbessern. Die Folge davon war, daß diese Eigenheiten, anstatt zu verschwinden, sich auf

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<p>5</p>

Kriegsfahne mit den Buchstaben I. C. (Jesus Christus.) Anm. d. Uebers.