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Der Held von Garika. Adolf Mützelburg
Читать онлайн.Название Der Held von Garika
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Adolf Mützelburg
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
»Wir begaben uns sogleich nach Bajazid«, fuhr er dann fort, »und es gelang uns, einen polnischen Kommandeur in türkischen Diensten für unsere Sache zu gewinnen. Er gab den Befehl, Tamir-Aga, von dem man wusste, dass er an der russisch-türkischen Grenze plündernd streife, nach Bajazid zu locken und gefangen zu nehmen. Den Erfolg dieses Unternehmens konnten wir jedoch nicht mehr abwarten, da uns ein Bote benachrichtigte, dass mein Oheim aus Sinope uns entgegenkomme und uns in Kars oder Erzerum treffen wolle. In ersterer Stadt fanden wir ihn. Er hatte bereits getan, was ihm möglich war, und führte so viel von gemünztem Golde, als er hatte auftreiben können, bei sich. Mit ihm und einigen europäischen Offizieren berieten wir nun den Plan zu Ihrer Befreiung. Es wurde beschlossen, den Ferman abzuwarten, um den mein Oheim gebeten und den uns der englische und österreichische Gesandte in Konstantinopel ohne Zweifel auswirken würden. Dann sollte ich, von zwei Dienern begleitet, hierhereilen, um Sie im Voraus zu benachrichtigen, dass nichts, was zu Ihrer Befreiung dienen könne, unterlassen werde. Dieser eine Teil unserer Aufgabe ist erfüllt. Ich kleidete mich, sobald der erwünschte Ferman eingetroffen war, in die Tracht eines vornehmen Türken, um sicherer reisen zu können, und begab mich auf den Weg. George dagegen übernahm es, obgleich er vor Ungeduld brannte, Sie wiederzusehen, mit meinem Oheim in Kars zu bleiben, bis Nachrichten über die Gefangennehmung Tamir-Agas angelangt und die Truppen, die der Kommandeur zu unserer Verfügung stellte, marschfertig seien. Ich hoffe, George ist jetzt mit meinem Oheim, begleitet von ungefähr tausend türkischen Reitern, auf dem Wege hierher. Ein Offizier, der unter Omer-Pascha gegen die Kurden gekämpft und das Land kennt, wird den Zug befehligen. Ich glaube deshalb, dass wir am besten tun, uns ganz ruhig zu verhalten und Mut und Sicherheit zu zeigen. Kaschir-Aga wird bald genug erfahren, dass sein Vater gefangengenommen worden, und das wird seinen Stolz beugen. Zeigen sich dann George und mein Oheim mit den Truppen in der Nähe, so wird er begreifen, dass die Hindernisse, die seinen Gelüsten entgegenstehen, mächtiger sind, als er geahnt hat, und wird Vernunft annehmen. Tut er das nicht, nun, so entscheiden die Waffen. Das Land ist entblößt von Streitern. Jeder, der ein Pferd und eine Waffe finden konnte, schweift an der persischen oder russischen Grenze, um zu plündern. Schon hundert entschlossene Männer wären imstande, dem ganzen Stamm Kaschir-Agas die Stirn zu bieten. Quälen Sie sich deshalb nicht mit Befürchtungen und trösten Sie vor allem Miss Mary, deren Seelenzustand ein sehr düsterer sein ·muss.«
»Wie wird sie Ihnen danken!« rief Mr. Hywell. »Sie hatte bis zuletzt gehofft, dass Sie uns nicht verlassen würden, und ihre Hoffnung hat sie nicht betrogen. O Wiedenburg, wenn Sie wüssten, wie sehr ich meinen Eigensinn bereue –«
»Mein werter Sir, davon wollen wir jetzt nicht sprechen!« unterbrach ihn Wiedenburg. »Sie werden Zeit genug haben, sich Vorwürfe zu machen, wenn wir erst wieder in einem Lande sind, in welchem Recht, Gesetz und Sicherheit herrschen, und dann haben Sie nicht mehr nötig, sich mit Erinnerungen zu quälen. Fürs erste bin ich befriedigt. Ich glaube mich bei dem Monsieur Aga in Respekt gesetzt zu haben und denke, er wird jetzt nichts unternehmen, bevor er nicht reiflich die Folgen überdacht hat. Wenn es Ihnen möglich ist, so senden Sie mir doch meinen Diener und auch Ihre Leute; ich will mit ihnen verabreden, was nötigenfalls zu tun ist. Und hier haben Sie etwas, was in unserer Lage durchaus nicht überflüssig ist!«
Er griff in seinen Kaftan und überreichte Mr. Hywell ein kleines Doppelterzerol und ein Päckchen dazu gehöriger Patronen. Mr. Hywell nahm es mit einem freudigen Ruf. –
»Wenn ich denken könnte, dass Miss Mary mit einer solchen Waffe umgehen könnte; so würde ich Ihnen raten, es Miss Mary selbst zu geben; für alle Fälle«, sagte Wiedenburg mit stockender Stimme.
»O ich bleibe bei ihr, bis alles entschieden ist, ich weiche nicht von ihr!« rief Mr. Hywell entschlossen. »Seit ich Sie gesprochen, seit ich weiß, dass auch George naht, fühle ich mich wieder kräftig und voll Entschlossenheit. Jetzt will ich gehen, um Mary alles zu melden. Mein junger Freund, Sie ahnen nicht, wie dankbar ich Ihnen bin!«
»Wir wollen uns gemeinsam freuen, wenn wir alle in Sicherheit sind«, sagte Wiedenburg. »Ich habe nicht mehr getan als Mr. George, der wochenlang in der Irre herumgeritten ist, um etwas über Sie zu erfahren, und bei der ersten Mitteilung, die ich ihm gab, sein Pferd in die Berge spornen wollte, um Sie zu befreien!«
»Der arme gute Bursche!« sagte Mr. Hywell herzlich, aber zugleich bedauernd. »Hat er Ihnen etwas über seine Vergangenheit und seine Hoffnungen mitgeteilt?«
»Nein, ich wollte ihn nicht fragen, da ich bemerkte, dass etwas Düsteres auf ihm laste. Doch kann ich aus einzelnen Andeutungen fast erraten, was ihn bewegt.«
»Und wie steht es mit dem Kriege?« fragte Mr. Hywell.
»Davon ein andermal!« sagte Wiedenburg. »Ich denke, wir sehen uns heute noch!«
Und er deutete nach der Tür, wo der Armenier sichtbar wurde. Mr. Hywell drückte seinem jungen Freunde die Hand und ging. Der Armenier trat näher, mit weit größerer Ehrerbietung, als er sie jemals früher dem Franken bewiesen.
»Nun, habt Ihr mit Kaschir-Aga gesprochen?« fragte ihn dieser. »Wie ist er gesinnt?«
»Ich habe ihn nicht mehr gesehen«, antwortete der Dolmetscher, »aber nach dem Ausdrucke seines Gesichtes zu schließen, als er Euch verließ, war er im Innersten erbittert und zugleich niedergeschlagen.«
»Ihr habt vorhin Eure Sache gut gemacht!« sagte Wiedenburg. »Es war notwendig, dass dieser Kurde die ganze Wahrheit höre. Da ist etwas zur Belohnung und Ermunterung für die Zukunft!«
Und er reichte ihm einige Dukaten, die der Armenier mit glänzenden Augen empfing.
»Herr«, sagte er eifrig, »seid überzeugt, dass ich bereit bin, Euch in allem zu dienen. Aber ich weiß nicht, was ich beginnen soll. Kaschir-Aga würde mir den Kopf herunterschlagen, sobald er ahnte, dass ich gegen ihn arbeite. Er liebt die junge Frankin, er liebt sie so heftig, dass er, glaube ich, sein Leben wagen würde, um sich in ihren Besitz zu setzen. Es muss irgendetwas im Werke sein. Er hat einige von den jüngern Kurden zu sich rufen lassen, Männer, die mit ihm aufgewachsen und ihm treu ergeben sind. Einen von diesen sah ich vorhin von Kaschir-Aga kommen, und er rief einem andern, der ihn erwartete, einige Worte zu, die fast klangen, als ob irgendein Plan ausgeführt werden solle. ›Nun wollen wir bald die Pferde satteln‹, rief er lustig. ›Es gilt einen Ritt nach Mittag zu, und da werde ich schon zusehen, dass ich einen kleinen Seitenritt mache zur Leila. Der Aga wird nichts dagegen haben; der braucht uns und lässt uns tun, was wir wollen, wenn er nur erst in Sicherheit ist!‹ Der andere Kurde lachte vergnügt dazu. Genug, Herr, ich glaube, es ist etwas im Werke, aber noch weiß ich nicht, was es ist, obgleich ich überzeugt bin, dass es bald, wahrscheinlich schon in dieser Nacht geschehen wird.«
»Nun, was könnte das sein?« fragte Wiedenburg halblaut. »Will er Miss Mary entführen?«
»Die Frankin? Fast vermute ich es!« antwortete der Armenier. »Herr, Ihr glaubt nicht, wie die blauäugige Frankin sein Herz in Fesseln geschlagen! Er ist unruhig, zerstreut und übellaunig; seine eigenen Freunde spotten und lächeln über ihn. Ich glaube, er nimmt sie zum Weibe trotz seinem Vater!«
Edmund Wiedenburg stand einige Minuten überlegend.
»Bald wird es Nacht sein«, sagte er dann. »Seid Ihr bereit, mich nicht nur zu unterstützen, sondern auch mit uns zu fliehen? Fürchtet nichts. Es naht ein Freund von mir mit einem türkischen Pascha und tausend gut bewaffneten Reitern. Wir werden sie vielleicht morgen schon antreffen, wenn wir den Weg nach Norden einschlagen!«
»Ich muss wohl mit Euch gehen«, antwortete der Armenier mit sauersüßer Miene. »Kaschir-Aga würde mir den Kopf nicht lange auf den Schultern lassen, wenn Ihr mit der schönen Frankin verschwunden wäret.«
»Nun gut, so dient mir treu und aufrichtig!« sagte Wiedenburg. »Euer Lohn wird tausendmal reichlicher sein, als er Euch von diesem Aga zuteilwerden könnte. Geht jetzt zum Aga und sagt ihm, die fränkischen Diener hätten verlangt, mir ihre Ehrerbietung zu bezeigen, und geht dann zu ihnen und sagt, sie möchten sogleich zu mir kommen. Wir wollen für alle Fälle gerüstet sein. Schlaft diese Nacht nicht, wenn es Euch möglich ist, und haltet Euch in der Nähe, denn wir werden nicht warten, um Euch zu suchen, wenn wir