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werden versprach, und bewohnte einen ersten Stock mit großen Zimmern, worin seit einer Reihe von Jahren häufig Proben von Aufzügen, dramatischen Vorstellungen und lebenden Bildern abgehalten wurden.

      Die einflußreiche Dame war gerade in vertraulicher Beratung mit einer Schneiderin, sie überlegte, wie tief der Ausschnitt der Kleider eingerichtet werden dürfe, um die tadellose Büste ihrer Tochter im besten Lichte zu zeigen und doch wieder in der Tanzstunde keinen Anstoß zu erregen, als Fink, ihr Liebling, gemeldet wurde. Eilig schob sie die Tochter, die Schneiderin und die Kleider beiseite und erschien in dem Besuchszimmer mit der Gemütlichkeit einer Hausfrau, welche für sich selbst nicht mehr übermäßige Ansprüche macht.

      Nach den einleitenden Bemerkungen über die Ereignisse der letzten Abendgesellschaft und die langen Hängelocken der Komtesse Pontak sagte Fink, indem er angelegentlich einen Fußschemel malträtierte, auf welchem ein schlafender Pinscher, von der Tochter des Hauses gestickt, unter den Fußbewegungen des Gastes stöhnte: »Ich habe Ihren Auftrag ausgerichtet, Lady Patroneß, und bringe Ihnen vorläufig drei Herren.«

      »Und wer sind diese?« fragte die Dame vom Hause erwartungsvoll, vergaß die Leiden des gestickten Pinschers und rückte näher an ihren Verbündeten.

      »Zuerst Leutnant von Zernitz«, sagte Fink.

      »Eine gute Akquisition«, rief die gnädige Frau erfreut, denn der Leutnant war, was man einen geistreichen Offizier nennt, er machte niedliche Verse in Familienalbums und zu verlorenen Vielliebchen, war unübertrefflich im Arrangement von mimischen Darstellungen und stand in dem Ruf, irgendeinmal in ein Taschenbuch eine Novelle geschrieben zu haben. »Herr von Zernitz ist ein liebenswürdiger Gesellschafter.«

      »Ja«, sagte Fink, »aber Portwein kann er nicht vertragen. Der zweite ist Herr von Tönnchen.«

      »Eine alte Familie«, bemerkte die Frau vom Hause. »Ist er nicht etwas wild?« fügte sie schüchtern hinzu.

      »Behüte«, sagte Fink, »die Familie hat immer viel Grundsatz gehabt; er ist gar nicht wild, nur zuweilen hat er die Eigenschaft, andere wild zu machen.«

      »Und der dritte?« fragte die Dame.

      »Der dritte«, sagte Fink, »ist ein Herr Wohlfart.«

      »Wohlfart?« fragte die gnädige Frau befremdet und sah ihren Besuch unruhig an. »Die Familie kenne ich nicht.«

      »Das ist sehr möglich«, erwiderte Fink kaltblütig, »es gibt zu viele Leute mit und ohne Namen, als daß man sich um alle kümmern könnte. Herr Wohlfart ist vor einigen Jahren aus der Provinz hierhergekommen, um vorläufig die Geheimnisse des Handels durch eigene Anschauung kennenzulernen; er arbeitet im Geschäft des Kaufmanns Schröter, gerade wie ich.«

      »Aber lieber Fink!« schaltete die Dame ein.

      Fink ließ sich nicht stören, er legte sich in den Armstuhl zurück und blickte nach dem Grau der Arabesken an der Decke. »Herr Wohlfart ist ein merkwürdiger und interessanter Gesell. Es hat mit ihm eine eigene Bewandtnis. Er selbst ist der bescheidenste und bravste Mann, der mir je vorgekommen, er ist hier aus einer Ecke der Provinz, aus Ostrau, der Sohn eines verstorbenen Beamten. Aber es schwebt ein Geheimnis über ihm, von dem er selbst noch nichts weiß.«

      »Aber Herr von Fink«, versuchte die Dame wieder einzufallen.

      Fink sah eifrig nach den Schnörkeln der Decke und fuhr fort: »Er ist bereits in diesem Augenblick Eigentümer eines Landgebiets in Amerika, die Besitzurkunde ist durch meine Hände gegangen, und im Vertrauen, er selbst hat keine Ahnung von diesem Besitz, und die Sache soll ihm vorläufig ein tiefes Geheimnis bleiben. Wie ich glaube, hat er alle Aussicht, in Zukunft mehr als Millionen zu besitzen. – Haben Sie den verstorbenen Großfürsten, hier nebenbei, gekannt?« Fink wies mit der Hand bedeutsam nach irgendeiner Himmelsgegend.

      »Nein«, sagte die gnädige Frau neugierig.

      »Es gibt Leute«, fuhr Fink fort, »welche behaupten, daß Anton ihm sprechend ähnlich sieht. Was ich Ihnen sage, ist übrigens mein Geheimnis, mein Freund selbst lebt in vollständiger Unkenntnis aller dieser Beziehungen, durch welche möglicherweise seine Zukunft bestimmt werden kann. Bekannt ist nur der Umstand, daß der verstorbene Kaiser bei seiner letzten Reise durch die Provinz in Ostrau angehalten und sich längere Zeit mit dem Geistlichen des Ortes leise und angelegentlich unterhalten hat.«

      Diese letzte Mitteilung war in der Hauptsache richtig, denn Anton hatte dies vor einiger Zeit dem Jockei erzählt, wie man eine Erinnerung aus der Kinderzeit zu erwähnen pflegt. Er hatte sogar noch hinzugesetzt, daß der Geistliche seiner Heimat in dem letzten großen Krieg Feldprediger gewesen war und daß der Kaiser ihn gefragt: »Sie haben gedient?« und eine Weile darauf: »Bei welchem Korps?«

      Fink hatte nicht für nötig gefunden, das kleine Ereignis so ausführlich darzustellen. Frau von Baldereck aber war durch diese perfiden Andeutungen in eine gewisse neugierige Stimmung gebracht, sie erklärte sich bereit, Herrn Wohlfart in ihrem Hause zu empfangen. »Und jetzt noch eine Bitte«, sagte Fink sich erhebend. »Was ich Ihnen über meinen Freund mitgeteilt habe, gütige Fee« – die Fee wog über sieben Stein –, »das lassen Sie ein Geheimnis zwischen uns beiden sein. Ihrem Zartgefühl durfte ich anvertrauen, was ich in jedem fremden Mund als eine Indiskretion gegen mich und Herrn Wohlfart ahnden müßte.« Er sprach den Namen so ironisch aus, daß die Dame zu der Ansicht kam, der geheimnisvolle, in einem Kontor verpuppte Herr werde nächstens als Prinz der Alëuten und Kurilen oder in irgendeiner andern unerhörten Würde auftreten.

      »Wie aber soll ich«, fragte sie beim Abschied, »den Herrn bei unserer Bekanntschaft einführen?«

      »Nur als meinen besten Freund; ich bürge in jeder Hinsicht für ihn und habe die Überzeugung, daß unser Kreis sich selbst den größten Gefallen tut, wenn er den Herrn mit Zuvorkommenheit aufnimmt.«

      Als Fink auf der Straße war, murmelte er respektwidrig: »Diese alte Person fuhr wie eine Ente nach dem Köder und tauchte bis zum Steiß in meine Lügen unter. Als ehrlicher Leute Kind wäre der arme Junge von ihnen über die Achsel angesehen worden. Jetzt glauben sie zu wissen, daß irgendein fremder Potentat, vor dem zu kriechen sie für eine Ehre halten, an dem Jungen Anteil nimmt. Jetzt werden sie ihn mit einer Artigkeit behandeln, die meinen Kleinen bezaubern wird. Ich hätte nie gedacht, daß das alte Sandloch am Strande von Long-Island und die verfallene Vogelhütte darin mir je in meinem Leben zu einem solchen Spaß verhelfen würden.«

      Der Same, welchen Fink ausgestreut hatte, war auf empfänglichen Boden gefallen. Frau von Baldereck hatte als kluge Frau bei der Tanzstunde auch ihre kleinen Privatinteressen im Auge. Sie war doch einmal vor allem Mutter und hatte es in der Tat auf niemand Geringeren als Herrn von Fink selbst abgesehen. Ihre Tochter war fünfzehn Jahre alt, und Fink besaß alle Eigenschaften, welche ihr an dem künftigen Gemahl ihrer Tochter wünschenswert erscheinen mußten; er war eine in jeder Hinsicht ungewöhnliche Partie, und sie war deshalb überzeugt, daß er ihre Tochter glücklich machen würde. Aus langer Erfahrung wußte sie, daß solche Privattanzstunden ein vortreffliches Mittel sind, erfahrenen, etwas blasierten Herren sehr junge Damen im besten Lichte zu zeigen; die Hauptschwierigkeit dabei ist nur, diese Art Herren überhaupt zur Teilnahme an solchen Vergnügungen heranzuziehen. Sie hatte eine durchaus nicht unnatürliche Angst, daß Fink für die Tanzstunde kein Herz haben würde. Zu ihrer Überraschung hatte er sich mit ziemlicher Wärme bereit erklärt, einen ganzen Winter lang in ihrem Hause zu walzen, ja er hatte sogar zur Bedingung gemacht, daß Fräulein Eugenie ihn zum bevorzugten Tänzer im voraus annehmen solle. Und deshalb hatte die triumphierende Mutter sich gerade so sorgfältig mit dem Schnitt der Tanzkleider beschäftigt, als Fink seinen Schützling Anton bei ihr empfahl. Vielleicht hätte sie auch ohne seine ungewöhnliche Empfehlung ein Opfer gebracht und das Geschöpf des Kontors in ihrer Tanzstunde zu verantworten gesucht, indes waren ihr die Andeutungen des Schelms doch sehr willkommen. Zuverlässig hegte sie selbst einige Zweifel über die abenteuerlichen Verhältnisse, denn Finks Weise war so, daß man ihm niemals recht trauen konnte; aber ihre Mutterliebe trieb sie, auch auf das Dunkle und Ungenügende Gewicht zu legen. Sie eilte in die befreundeten Familien, den Gewinn an Herren mitzuteilen und Herrn Wohlfart durch einige geheimnisvolle Andeutungen auszuschmücken. Als das wenige, was sie sagen konnte, auf einmal von anderer Seite durch ebenso geheimnisvolle Andeutungen zweier Herren

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