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sogar noch älteren Menschen. Hat es diesen wirklich gegeben, so ist bei der damaligen niedrigen sittlichen Bildungsstufe anzunehmen, daß dieser Mensch allerdings die Saurier gegeneinander und das Mastodon auf das Megatherium gehetzt haben kann. Es ist das sehr beklagenswert, aber wir leben in einer zu späten Zeit, um es ändern zu können. Wir haben uns – – –«

      Er wurde unterbrochen, denn die Musik blies einen schmetternden Tusch; der Präsident hatte seine Loge betreten und mit der Hand das Zeichen gegeben, daß das Kampfspiel beginnen möge. Waren vorher die Stimmen der miteinander sprechenden Zuschauer wie ein dumpfes Brausen erklungen, so trat jetzt mit einemmal eine Stille ein, daß man den Nachbar Atem holen hörte. Ein abermaliger Wink des allgebietenden Herrn, die Musik begann einen Marsch zu blasen, und es öffnete sich ein Thor, um zunächst die Picadores einzulassen. Sie ritten schlechte Pferde, da man wertvollere Tiere den Hörnern der Stiere nicht aussetzen mag. Ihnen folgten zu Fuße die Banderilleros und Espadas, um einmal rund um die Arena zu ziehen. Dann nahmen die Picadores in der Mitte des Platzes dem Thore, aus welchem die Stiere erwartet wurden, gegenüber Aufstellung, da sie den ersten Angriff an- oder vorzunehmen hatten. Die Banderilleros und Espadas zogen sich hinter Pfeilern und in die Nischen zurück, welche zu diesem Zwecke angebracht waren. Nun gab der Präsident einen dritten Wink, als Zeichen, daß der erste Stier eingelassen werden solle. Die Barriere wurde geöffnet, und er kam.

      Es war ein Rappstier mit spitzen und nach vorn gebogenen Hörnern. Plötzlich aus dem engen Pferch befreit, wollte er die Freiheit genießen und kam in weiten Sätzen angejagt. Da erblickte er die Picadores, stutzte einen Augenblick und rannte dann gerade auf sie zu. Sie stoben auseinander, aber er nahm doch das Pferd des einen von der Seite und schlitzte ihm den Leib auf. Der Reiter wollte abspringen, blieb aber mit dem Fuße im Bügel hängen und wurde von seinem Pferde mit niedergerissen. Er schien verloren zu sein, denn schon senkte der Stier den Kopf zum zweiten Stoße, da waren aber auch schon die Banderilleros da, ihn zu retten. Sie warfen dem Stier mit blitzartiger Geschwindigkeit drei, vier buntseidene Schärpen über den Kopf und die Augen. Er stutzte, und das gab dem Picador Zeit, sich zu retten, während sein Pferd mit heraustretenden Eingeweiden sich schnaubend am Boden hinschob und dann stöhnend liegen blieb.

      Dies war so schnell geschehen, daß man die einzelnen Bewegungen kaum voneinander zu unterscheiden vermochte. Die Picadores waren in altspanische Rittertracht gekleidet, während die Banderilleros modern spanische, mit vielen Tressen und Bändern geschmückte Anzüge trugen. Sie waren nur mit den Schärpen und den schon erwähnten Stäben mit Widerhaken, welche Banderillas genannt werden, versehen.

      Der schwarze Stier schüttelte den Kopf, um die Schärpen loszuwerden, und als ihm dies nicht sofort gelang, brüllte er vor Wut. Es war vorauszusehen, daß sein nächster Angriff ein sehr gefährlicher sein werde. Darum hielten sich die Banderilleros zur Hilfe bereit. Da ertönte hinter ihnen einen helle Stimme:

      »Weg mit euch! Laßt mich heran!«

      Es war Crusada, der Espada aus Madrid. Sie zögerten, ihm zu gehorchen, denn das Wagnis, welches er unternahm, war ein großes; aber auf ein zweites gebieterisches Wort von ihm wichen sie zurück. Er war, um den Stier zu reizen, ganz in roten Sammet gekleidet, natürlich nach spanischem Schnitte. In der linken Hand hielt er die Muleta, ein Stück glänzendes Seidenzeug, welches an einem Stabe hing, und in der rechten den blanken, blitzenden Degen. So stand er auf zehn Schritt Entfernung dem Stier gegenüber, eine große Kühnheit, da das Tier noch nicht ermattet war. Er schien gleich am Anfange seine hiesigen Kollegen durch diesen Bravourstreich schlagen zu wollen. Jetzt bekam der Ochse das Gesicht frei und sein erster Blick fiel auf den Feind, welcher herausfordernd die Muleta schwang. Er senkte den Kopf und stürmte auf ihn zu, um ihn aufzuspießen. Der Espada blieb stehen, bis die Hörnerspitzen ihm bis auf zwei Zoll nahe waren; dann schwang er sich leicht zur Seite und stieß dem vorüberschießenden Stier mit erstaunenswerter Sicherheit und Eleganz den Degen in die Brust. Das Tier lief nur eine kurze Strecke weit und brach dann tot zusammen. Der Espada zog ihm den Degen aus der Brust und schwang ihn unter den brausenden Beifallsrufen der entzückten Menge über seinem Haupte. Er hatte ein Meisterstück gezeigt.

      Nun kamen die Matadores, um die Tierleiche und das noch immer stöhnende Pferd hinauszuschleifen. Dann gab der Präsident das Zeichen, den zweiten Stier einzulassen. Es sei nur gesagt, daß er einen Banderillero und einen Espada verwundete und dann von dem Spanier erlegt wurde. Der nächste Stier riß zwei Pferde über den Haufen und verwundete Antonio Perillo leicht. Der bisherige Sieger tötete auch ihn. Er hatte seine hiesigen Konkurrenten geschlagen und wurde mit Jubel, von den Damen aber mit Blumen und Taschentüchern überschüttet. Perillo war am Beine verwundet und mußte sich zurückziehen. Sein Ärger schien ungeheuer zu sein.

      Jetzt folgte die Hauptnummer des zwar kurzen aber sehr interessanten Programmes, nämlich der Kampf des Jaguars mit dem Büffel. Der Sieger sollte es dann zum Schlusse mit den Toreadores aufzunehmen haben.

      Zunächst wurde die hintere Thüre geöffnet, aus welcher der Jaguar hervorschoß. Er kam nicht weit, da er an ein langes Lasso gefesselt war, dessen anderes Ende an einem eisernen Haken hing. Er bemühte sich vergeblich, loszukommen, und legte sich dann unzufrieden nieder. So lag er, scheinbar unbekümmert um das große Publikum. Die weit geöffneten Nüstern zitterten. Er hatte einige Tage gehungert und roch das Blut, welches hier geflossen war. Er war ein ungewöhnlich starkes, doch nicht zu altes Tier.

      Nun wurde auch vom geöffnet. Man erwartete, daß der Büffel hereinstürmen werde; aber das that er nicht, sondern er kam langsam hergeschritten, als ob er sich bewußt sei, daß man ihn anstaunen werde. Er war ein wirklicher Riese seiner Gattung, fast drei Meter lang und sehr gut genährt, so daß er leicht gegen dreißig Zentner wiegen konnte. Nach einigen Schritten stehen bleibend, schüttelte er sich das lange Stirnhaar aus den Augen und sah den Jaguar. Man war aufs äußerste gespannt, was nun geschehen werde. Der Jaguar war aufgesprungen und begann zu heulen. Hätte er auch angreifen wollen, der Lasso hielt ihn fest. Der Büffel neigte den Kopf zur Seite und musterte ihn mit dem einen Auge. Er schien zu überlegen, ob es sich der Mühe lohne, mit diesem Gegner anzubinden. Sein Entschluß war gefaßt; er wendete sich ab und trollte von dannen, einen Rundgang um den Cirkus unternehmend. Natürlich mußte er auf der andern Seite dem Jaguar nahekommen. Dieser ließ ihn weit genug heran und duckte sich zum Sprunge nieder. Da senkte der Büffel den Kopf, zeigte die Hörner und den mächtigen Nacken und ließ ein warnendes Brummen hören. Das war genug gesagt; der Jaguar zog sich zurück und der Bison trottete an ihm vorüber, doch vorsichtigerweise so, daß er ihm im Vorbeigehen die Vorderseite zukehrte. Der Jaguar blieb wider alles Erwarten eingeschüchtert liegen; ohne Zweifel fürchtete er sich.

      Während dieser Art von Waffenstillstand zwischen den beiden Tieren erklärte der Privatgelehrte seinem jungen Nachbar:

      »Der nordamerikanische Bison bildet im Vereine mit dem europäischen Auerochsen, auch Wisent genannt, eine Unterabteilung des Geschlechtes der Ochsen, lateinisch Bos geheißen. Diese Untergattung zeichnet sich aus durch einen sehr gewölbten Schädel, breite Stirn, kurze, runde, aufwärts gekrümmte und vorn auf die Stirn gestellte Hörner, zottige Mähne um Hals und Brust, einen Höcker und den verhältnismäßig sehr stark entwickelten Vorderkörper. Der Bison hat einen dickeren Kopf, eine stärkere Mähne und kürzere Beine als der Auerochs. Er ist eigentlich ein geselliges Tier, was der Lateiner mit dem Worte congregabilis bezeichnet und – – –«

      Seine weiteren Worte blieben unhörbar; sie wurden durch das Geschrei und die stürmischen Rufe des Publikums verschlungen, welches sich bei dem friedlichen Verhalten der beiden Kampftiere zu langweilen begann und nun verlangte, daß der Jaguar gegen den Büffel aufgereizt werde.

      »Tirad los buscapies, tirad los buscapies – werft die Schwärmer, werft die Schwärmer!« brüllte einer der Zuschauer, und die andern riefen es ihm nach.

      Der Präsident gab mit der Hand das Zeichen, daß man diesem Wunsche willfahren möge. Da wendete sich derjenige Kamerad des Weißbärtigen, welcher ihm zur Rechten saß, mit der Frage an ihn:

      »Meinst du, daß er sich reizen lassen wird, Carlos? Ich glaube, daß er den Büffel mehr fürchtet, als das Feuerwerk.«

      »Und ich glaube, daß es leicht ein Unglück geben kann,« antwortete der Gefragte. »Siehst du nicht, daß er den Lasso, an welchem er hängt,

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