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zu.

      Sie schlugen aufs Wasser auf, und tauchten ein. Um sich schlagend kamen sie wieder an die Oberfläche. Als sie auftauchten, holte Thor keuchend Luft wobei er sich immer noch an Mycoples festklammerte. Sie trieben im Wasser, und als sich Thor umblickte, sah er etwas, das er nie vergessen würde. Nicht weit von ihnen trieb Ralibar mit weit aufgerissenen Augen im Wasser. Er war tot.

      Mycoples hatte ihn im gleichen Augenblick entdeckt, und als sie ihn erblickte, geschah etwas, was er noch nie gesehen hatte: Sie stieß voller Trauer einen Schrei aus, hob ihre Flügel und spreizte sie, so weit sie konnte. Ihr ganzer Körper erzitterte als sie in markerschütterndes Heulen ausbrach. Thor sah, wie sich ihre Augen veränderten – sie schillerten in verschiedenen Farben, bis sie schließlich weiß und gelb glühten.

      Mycoples richtete sich auf und blickte den Drachen, die auf sie zukamen, entgegen. Thor erkannte, dass irgendetwas in ihr zerbrochen war. Sie war nicht mehr dieselbe. Ihre Trauer war zu Wut geworden, und hatte ihr eine Kraft gegeben, die alles überstieg, was Thor bisher gesehen hatte. Sie war wie besessen.

      Sie schoss mit blutenden Wunden in den Himmel hinauf, und auch Thor spürte eine neue Welle der Energie in sich, einen unbändigen Drang, Rache zu nehmen. Ralibar war ein treuer Freund gewesen, der sein Leben für sie alle gegeben hatte, und Thor war wild entschlossen, es seinen Feinden zurückzuzahlen.

      Als sie auf sie zuschossen, sprang Thor von Mycoples Rücken, landete auf der Nase des nächsten Drachen, und drückte ihm das Maul zu. Thor rief all seine übrige Kraft zur Hilfe, schleuderte den Drachen herum, und warf ihn mit aller Gewalt. Der Drache rammte in zwei weitere und riss sie mit sich in die Tiefe. Mycoples fuhr herum und fing Thor auf, bevor sie sich auf die übrigen Drachen stürzte. Sie beantwortete ihre Schreie, biss fester, flog schneller und wütete wilder als sie. Je mehr sie sie verletzten, desto weniger schien sie es zu bemerken. Sie war ein Wirbelwind der Zerstörung, und als sie und Thor erschöpft durchatmeten, bemerkte er, dass keine Drachen mehr übrig waren. Alle trieben tot oder schwer verletzt auf dem Meer.

      Thor und Mycoples flogen alleine durch die Luft und nahmen Bestand der gefallenen Drachen unter sich auf. Beide atmeten schwer, und waren blutüberströmt. Thor wusste, dass Mycoples am Ende ihrer Kräfte angelangt war – er konnte sehen, wie das Blut bei jedem Atemzug aus ihrem Maul tropfte. Sie keuchte vor Schmerzen.

      „Nein, liebe Freundin“, sagte Thor, der seine Tränen kaum zurückhalten konnte. „Du darfst nicht sterben.“

      Meine Zeit ist gekommen, hörte er sie. Zumindest kann ich mit Würde sterben.

      „Nein!“, beharrte Thor. ”Du darfst nicht sterben!“

      Mycoples spie Blut, und das Schlagen ihrer Flügel wurde schwacher, als sie Richtung Meer hinabtauchte.

      Ich habe noch Kraft für einen letzten Kampf, dachte sie. Und ich will, dass mein letzter Augenblick ruhmvoll ist.

      Thor folgte ihrem Blick, und sah Romulus Flotte, die sich bis zum Horizont erstreckte.

      Thor nickte ernst. Er wusste was Mycoples wollte. Sie wollte dem Tod in der Schlacht begegnen. Thor war ebenfalls schwer verwundet und hatte das Gefühl, dass auch er es nicht schaffen würde. Er war bereit, gemeinsam mit ihr in den Tod zu gehen. Doch er fragte sich, ob die Prophezeiungen seiner Mutter wahr waren. Sie hatte ihm gesagt, dass er sein Schicksal ändern konnte. Hatte er es geändert? Würde er jetzt sterben?

      „Lass uns gehen, liebe Freundin“, sagte Thorgrin.

      Mycoples stieß einen Schrei aus und gemeinsam flogen sie auf Romulus Flotte zu. Thor spürte den Wind und die Wolken in seinem Gesicht, und stieß seinerseits einen Schlachtschrei aus. Gemeinsam tauchten sie tief hinab, und Mycoples ließ auf ein Schiff nach dem anderen Feuer regnen.

      Bald breitete sich eine Wand aus Feuer über das Meer aus, und setzte ein Schiff nach dem anderen in Brand. Zehntausende von Schiffen lagen vor ihnen, doch Mycoples hielt nicht einen Augenblick inne. Sie öffnete ihr Maul und spie ununterbrochen Feuer. Die Flammen breiteten sich aus, wie eine Wand und Thor hörte die Schreie der Männer unter sich.

      Mycoples Flammen wurden schwacher, und bald stieß sie nur noch Rauchwolken aus. Thor wusste, dass seine Freundin an der Schwelle des Todes stand. Sie sank immer tiefer, zu schwach, weiter Feuer zu speien. Doch sie konnte immer noch ihren Körper als Waffe benutzen. Sie stürzte auf die Schiffe zu, wie ein Meteor, der vom Himmel fiel.

      Thor wappnete sich und hielt sich mit aller Kraft fest, als sie auf die Schiffe zuraste. Der Klan von splitterndem Holz erfüllte die Luft, als sie auf ein Schiff nach dem anderen einschlug und die Flotte zerstörte. Thor klammerte sich fest, während ihm aus allen Richtungen die Holzsplitter um die Ohren flogen.

      Schließlich konnte Mycoples nicht mehr. Sie trieb mitten unter der Flotte auf dem Wasser – sie hatte eine Unzahl zerstört, doch sie waren immer noch von tausenden von Schiffen umgeben. Thor lag auf ihrem Rücken und atmete schwach.

      Die verbliebenen Schiffe wandten sich gegen sie. Bald war der Himmel schwarz gefärbt und Thor hörte das Zischen von Pfeilen, die im hohen Bogen durch die Luft flogen. Ohne Deckung spürte er schreckliche Schmerzen, als er von Pfeilen durchbohrt wurde. Auch Mycoples wurde getroffen, und sie begannen unterzugehen, zwei große Helden, die die Schlacht ihres Lebens geschlagen hatten. Sie hatten die Drachen und einen großen Teil der Flotte des Empire vernichtet. Sie hatten mehr Schaden angerichtet, als eine ganze Armee. Doch nun war nichts mehr übrig. Sie konnten sterben. Als Thor von einem Pfeil nach dem anderen getroffen wurde und langsam versank, wusste er, dass nichts mehr zu tun blieb, außer sich auf den Tod vorzubereiten.

      KAPITEL SIEBEN

      Alistair blickte nach unten und sah sich selbst auf der Brücke stehen. Als sie weiter in die Tiefe blickte, sah sie die Wellen, die sich an den Felsen brachen und hörte das Rauschen des Meeres. Ein starker Windstoß brachte sie aus dem Gleichgewicht, und als sie aufblickte, wie sie ihr Leben lang in so vielen Träumen getan hatte, sah sie das Schloss, das auf den Klippen lag und sie mit seinem goldenen Tor einlud. Davor stand eine einsame Gestalt, die ihr die Arme entgegenstreckte, also ob sie sie umarmen wollte – doch Alistair konnte ihr Gesicht nicht erkennen.

      „Meine Tochter“, sagte die Frau.

      Sie versuchte auf sie zuzugehen, doch ihre Beine waren wie angewurzelt. Als sie nach unten blickte, sah sie, dass sie an die Brücke gefesselt war. So sehr sie es auch versuchte, sie konnte sich nicht bewegen.

      Sie streckte ihre Hände nach ihrer Mutter aus und schrie verzweifelt: „Mutter, rette mich!“

      Plötzlich hatte Alistair das Gefühl, als würde die Welt an ihr vorbeirauschen, fühlte, wie sie fiel und bemerkte, wie die Brücke unter ihr nachgab. Sie stürzte in die Tiefe, die Fesseln immer noch an den Füssen.

      Als sie in das eiskalte Meer eintauchte, wurde ihr ganzer Körper taub. Sie spürte, wie sie immer tiefer versank und sah, wie das Licht, das durch das Wasser in die Tiefe drang, immer schwächer wurde.

      Alistair öffnete die Augen und fand sich in einer kleinen steinernen Zelle wieder, an einem Ort, der ihr fremd erschien. Vor ihr saß eine einsame Gestalt, die sie vage erkannte: Es war Erecs Vater, der sie böse ansah.

      „Du hast meinen Sohn getötet“, sagte er. „Warum hast du das getan?“

      „Aber ich habe ihn nicht getötet!“, protestierte sie schwach.

      Er blickte böse auf sie herab.

      „Dafür wirst du zum Tode verurteilt werden!“, fügte er hinzu.

      „Ich habe Erec nicht umgebracht!“, protestierte sie erneut, und versuchte zu ihm zu gelangen, doch wieder fand sie sich gefesselt, unfähig, sich zu bewegen.

      Hinter Erecs Vater erschienen plötzlich zwölf Wachen in schwarzer Rüstung mit feinen Visieren, und der Klang ihrer klirrenden Sporen erfüllte den Raum. Sie kamen auf sie zu, ergriffen sie, und rissen sie von der Wand weg. Doch ihre Füße steckten immer noch in den Fesseln, und sie dehnten ihren Körper

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