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Mann wusste, dass er sie haben könnte, wenn er wollte. Sie könnte sein nächstes Opfer sein. Alles was er tun musste, um ihre Aufmerksamkeit zu bekommen, war langsam am Bordstein entlang auf sie zuzufahren.

      Aber nein, das würde er nicht tun. Das tat er nie. Er näherte sich keinen Nutten auf der Straße. Es lag an ihnen zu ihm zu kommen. Es war das gleiche mit den Huren, die er durch eine Agentur oder ein Bordell traf. Er brachte sie dazu sich irgendwo alleine mit ihm zu treffen, ohne direkt danach zu fragen. Es schien immer ihre Idee zu sein.

      Mit etwas Glück würde das lebhafte Mädchen sein teures Auto bemerken und in seine Richtung kommen. Sein Auto war wundervolle Beute. Genauso wie die Tatsache, dass er gut angezogen war.

      Aber wie auch immer die Nacht endete, er musste vorsichtiger sein, als beim letzten Mal. Er war nachlässig gewesen, hatte die Leiche über die Kante gerollt und erwartet, dass sie sank.

      Und was für einen Aufruhr sie verursacht hatte! Die Schwester eines FBI Agenten! Und sie hatten die schweren Geschütze aus Quantico eingeflogen. Das gefiel ihm nicht. Er hatte es nicht auf Bekanntheit oder Ruhm abgesehen. Alles was er wollte, war seinen Gelüsten nachzugeben.

      Und hatte er nicht jedes Recht dazu? Welcher gesunde, erwachsene Mann hatte nicht dieses Verlangen?

      Jetzt würden sie Taucher in den See schicken und dort nach Leichen suchen. Er wusste, was sie dort finden würden, selbst nach etwas mehr als drei Jahren. Das gefiel ihm gar nicht.

      Es war nicht aus Sorge um sich selbst. Seltsamerweise hatte er ein schlechtes Gewissen dem See gegenüber. Der Gedanke an Taucher, die jede Spalte und Nische durchsuchten, erschien ihm obszön und aufdringlich, ein unentschuldbarer Übergriff. Schließlich hatte der See ja nichts falsch gemacht. Warum sollte er belästigt werden?

      Wie auch immer, er machte sich keine Sorgen. Sie würden die beiden Opfer nie zu ihm zurückverfolgen können. Das würde einfach nicht passieren. Aber er war fertig mit dem See. Er hatte sich noch nicht entschieden, wo er das nächste Opfer beseitigen würde, aber er war sich sicher, dass er zu einer Entscheidung kommen würde, bevor die Nacht vorbei war.

      Jetzt schaute das lebhafte Mädchen auf seinen Wagen. Sie fing an mit schwingenden Hüften auf ihn zuzukommen.

      Er rollte das Beifahrerfenster herunter und sie steckte ihren Kopf herein. Sie war eine dunkelhäutige Latina, mit dickem Eyeliner, buntem Lidschatten und geschwungenen Augenbrauen, die tätowiert zu sein schienen. Ihre Ohrringe waren große, goldfarbene Kreuze.

      “Netter Wagen”, sagte sie.

      Er lächelte.

      “Was macht ein nettes Mädchen wie du noch so spät hier draußen?” fragte er. “Ist es nicht schon längst Schlafenszeit?”

      “Vielleicht möchtest du mich ins Bett bringen”, sagte sie lächelnd.

      Ihre Zähne kamen ihm erstaunlich sauber und gerade vor. Tatsächlich sah sie insgesamt sehr gesund aus. Das war sehr selten hier auf der Straße, wo die meisten Frauen sich in variierenden Etappen einer Meth-Abhängigkeit befanden.

      “Ich mag deinen Stil”, sagte er. “Sehr chola.”

      Ihr Lächeln wurde breiter. Er konnte sehen, dass sie es als Kompliment auffasste ein Latina Gangbanger genannt zu werden.

      “Wie heißt du?” fragte er.

      “Soccoro.”

      Ah, “socorro”, dachte er. Spanisch für “helfen”.

      “Ich wette du bist großartig im socorro”, sagte er anzüglich.

      Ihre dunkelbraunen Augen starrten genauso anzüglich zurück. “Du siehst aus, als könntest du gerade ein wenig socorro gebrauchen.”

      “Vielleicht könnte ich das”, sagte er.

      Aber bevor er einen Preis verhandeln konnte, hielt ein Wagen auf dem Platz neben ihm. Er hörte einen Mann aus dem Fahrersitz rufen.

      “¡Socorro!” rief er. “¡Vente!”

      Das Mädchen richtete sich auf, wobei sie wenig überzeugend einen genervten Gesichtsausdruck zeigte.

      “¿Porqué?” rief sie zurück.

      “Vente aquí, ¡puta!”

      Der Mann entdeckte eine Spur von Angst in den Augen des Mädchens. Das lag sicher nicht daran, dass der Mann im Auto sie eine Hure genannt hatte. Er nahm an, dass der Mann ihr Zuhälter war und kontrollierte, wie viel Geld sie bis jetzt gemacht hatte.

      “¡Pinche Pablo!” Sie murmelte die Beleidigung für jede Gelegenheit vor sich hin. Dann ging sie in Richtung des Autos.

      Der Mann blieb sitzen und fragte sich, ob sie zurückkommen würde und noch mit ihm mitfahren wollte. So oder so, es gefiel ihm nicht. Warten war nicht sein Stil.

      Sein Interesse an dem Mädchen schwand. Nein, er würde sich nicht die Mühe machen. Sie hatte keine Ahnung, wie viel Glück sie hatte.

      Außerdem, was machte er hier überhaupt in dieser heruntergekommenen Ecke? Sein nächstes Opfer sollte stilvoller sein.

      Chiffon, dachte er. Er hatte Chiffon schon fast vergessen. Aber vielleicht sollte ich sie mir lieber für eine besondere Gelegenheit aufsparen.

      Er konnte warten. Es musste nicht heute sein. Er fuhr davon, suhlte sich in seiner Selbstbeherrschung, trotz der enormen Gelüste, die er verspürte. Er hielt das für eine seiner besten Eigenschaften.

      Schließlich war er ein sehr zivilisierter Mann.

      Kapitel Zehn

      Die drei jungen Frauen im Befragungsraum sahen nicht so aus, wie Riley erwartet hatte. Sie hatte sie kurz durch den Einwegspiegel betrachtet. Sie waren geschmackvoll angezogen, fast wie gut bezahlte Sekretärinnen. Ihr war mitgeteilt worden, dass ihre Namen Mitzi, Koreen und Tantra waren. Natürlich war Riley sich sicher, damit nicht ihre richtigen Namen zu kennen.

      Riley bezweifelte außerdem, dass sie sich genauso ordentlich anzogen, wenn sie arbeiteten. Für 250 Dollar pro Stunde hatten sie sicherlich in aufwendige Garderoben investiert, um die Fantasien von jedem Kunden erfüllen zu können. Sie waren Kolleginnen von Nancy “Nanette” Holbrook bei Ishtar Escorts. Die Kleidung, die Nancy Holbrook zum Zeitpunkt ihres Todes getragen hatte, war deutlich weniger stilvoll gewesen. Aber, nahm Riley an, wenn sie nicht gerade bei der Arbeit waren, wollten die Frauen wahrscheinlich respektabel aussehen.

      Auch wenn Prostituierte schon vorher in Fällen eine Rolle gespielt hatten, die Riley untersuchte, war es doch das erste Mal, dass sie so nah und unvermittelt mit ihnen zusammenarbeiten würde. Diese Frauen waren selber potenzielle Opfer. Sie könnten sogar potenzielle Verdächtige sein, auch wenn so gut wie alle Morde dieser Art von Männern ausgeführt wurden. Riley war sich sicher, dass keine dieser Frauen die Art von Monster waren, die sie jagte.

      Es war später Sonntagnachmittag. Am Abend zuvor hatten Riley und Bill ihre separaten, gemütlichen Hotelzimmer bezogen, nicht weit vom FBI Gebäude entfernt. Riley hatte mit April telefoniert, die in einem Hotel in Washington, DC, angekommen war. April war fröhlich und aufgekratzt gewesen und hatte ihre Mutter gewarnt, dass sie nicht wirklich Zeit für Telefonanrufe hatte. “Ich texte dir Morgen”, hatte April gerufen und versucht das Stimmengewirr im Hintergrund zu übertönen.

      Riley hatte das Gefühl, das bereits zu viel des Tages verschwendet worden war. Es hatte fast den ganzen Tag gedauert die Prostituierten ausfindig zu machen und ins Büro zu bringen. Riley hatte Spezialagent Elgin Morley gesagt, dass sie mit den Frauen alleine reden wollte. Vielleicht wären sie offener, wenn keine Männer zugegen waren. Jetzt wollte sie die Frauen zunächst beobachten und ihnen ungesehen zuhören, bevor sie den Raum betrat. Durch die Lautsprecher konnte sie die Unterhaltung hören.

      Ihr Stil und ihre Persönlichkeiten waren markant. Die kleine, blonde, dralle Mitzi zeigte ein gewisses Kleinstadt-, Mädchen-von-nebenan-Image.

      “Also, hat Kid dich gefragt?”

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