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       KAPITEL VIERUNDDREIßIG

      PROLOG

      Als junges Mädchen war Malory Thomas mit einem Jungen zu dieser Brücke gekommen. Es war Halloween und sie war vierzehn gewesen. Sie hatten auf das Wasser geblickt, das fünfundfünfzig Meter unter ihnen lag und hatten nach den Geistern geschaut, die von dieser Brücke in den Tod gesprungen waren. Es war eine Geistergeschichte, die durch die Schule gegangen war, eine Geschichte, die Malory schon ihr ganzes Leben lang gehört hatte. Sie hatte sich in dieser Nacht von dem Jungen küssen lassen, aber hatte seine Hand weggeschoben, als diese unter ihr T-Shirt glitt.

      Jetzt dreizehn Jahre später dachte sie an diese kleine unschuldige Geste, als sie von derselben Brücke hing. Sie hieß die Miller Moon Brücke und war bekannt für 2 Dinge; ein toller und abgelegener Knutschtreff für Teenager und die Nummer eins Selbstmordstelle im ganzen Landkreis – vielleicht im ganzen Staat Virginia, soweit sie wusste.

      In dem Moment waren Malory Thomas die Selbstmorde allerdings egal. Alles, woran sie denken konnte war, sich am Rand der Brücke festzuhalten. Sie hing mit beiden Händen an der Seite, ihre Finger hatten sich in die schroffe Holzkante gekrallt. Ihre rechte Hand konnte nicht so gut greifen, wegen der riesigen Schraube die durch das Holz ging, und wegen der Strebe entlang der Seite an denen Eisenbalken darunter befestigt waren.

      Sie versuchte ihre rechte Hand zu bewegen, um einen besseren Halt zu bekommen, aber ihre Hand war zu schweißig. Sogar sie nur einen Zentimeter zu bewegen, ließ bei ihr Angst aufkommen, dass sie den Halt ganz verlieren und nach unten in das Wasser fallen würde. Und da war nicht viel Wasser. Alles was unten auf sie wartete waren gezackte Felsen und unzählige Münzen, welche dumme Kinder von der Brücke geworfen hatten, um sinnlose Wünsche zu erfüllen.

      Sie sah über das Geländer am Rand der Brücke, sah alte verrostete Schienen, die in der Dunkelheit um Mitternacht sehr alt aussahen. Sie sah die Umrisse des Mannes, der sie hier hingebracht hatte – weit entfernt von diesem tapferen Teenager vor dreizehn Jahren. Nein … dieser Mann war hasserfüllt und finster. Sie kannte ihn nicht gut, aber wusste genug, um sicher zu wissen, das etwas mit ihm nicht stimmte. Er war krank, nicht ganz richtig im Kopf, nicht gut.

      “Lass los”, sagte er. Seine Stimme war beängstigend, irgendwas zwischen Batman und Dämon.

      „Bitte“, bat Malory. „Bitte … Hilfe.“

      Es war ihr sogar egal, dass sie nackt war, ihr nacktes Hinterteil baumelte vom Rand der Miller Moon Bridge. Er hatte sie ausgezogen und sie hatte Angst gehabt, dass er sie vergewaltigen würde. Aber das hatte er nicht. Er hatte sie nur angestarrt, war mit seiner Hand an ein paar Stellen langgefahren und hatte sie dann zum Rand der Brücke gezwungen. Sie dachte sehnsüchtig an ihre Klamotten, die auf den Holzbrettern hinter ihm verteilt lagen und sie hatte die kranke Art von Gewissheit, dass sie sie niemals mehr tragen würde.

      Mit der Sicherheit verkrampfte sich ihre rechte Hand, die versuchte, sich an die Form der Schraube darunter zu gewöhnen. Sie schrie auf und fühlte ihr ganzes Gewicht sich auf ihre linke Hand verlagern – ihre schwächere Hand.

      Der Mann bückte sich, kniete sich hin und schaute sie an. Es war, als wenn er wüsste, was kommen würde. Sogar ehe sie wusste, dass das Ende kam, wusste er es.

      Sie konnte kaum seine Augen in der Dunkelheit sehen, aber sie konnte genug sehen, um zu sehen, dass er glücklich war. Aufgeregt, vielleicht.

      „Es ist okay“, sagte er in der merkwürdigen Stimme.

      Und als wenn die Muskeln in ihren Fingern ihm gehorchten, gab ihre rechte Hand auf. Malory spürte, wie ihr Unterarm nach unten fiel, während ihre linke Hand versuchte, ihre dreiundsechzig Kilo hochzuhalten.

      Und einfach so hielt sie sich nicht mehr länger an der Brücke fest. Sie fiel. Ihr Magen drehte sich und ihre Augen schienen in ihrer Augenhöhle zu zittern, während sie versuchte herauszufinden, wie schnell die Brücke sich von ihr entfernte.

      Für einen Moment fühlte sich der Wind um sie herum fast angenehm an. Sie versuchte sich darauf zu konzentrieren, während sie nach irgendeiner Art Gebet suchte, dass sie in ihren letzten Momenten murmeln konnte.

      Sie schaffte nur wenige Wörter – Unser Vater, wer … - und dann fühlte Malory Thomas wie ihr Leben in einem scharfen und krachenden Schlag aus ihrem Körper wich, als sie auf die Steine unten krachte.

      KAPITEL EINS

      Mackenzie White war irgendwie in eine Routine verfallen. Das gefiel ihr nicht unbedingt so gut, weil sie nicht die Art von Frau war, der Routine gefiel. Wenn die Dinge länger immer gleich blieben, fühlte sie den Drang sie ein wenig aufzumischen.

      Nur ein paar Tage, nachdem sie endlich das lange und miserable Kapitel des Mordes an ihrem Vater hinter sich gebracht hatte, war sie zurück in ihre Wohnung gekommen und hatte realisiert, dass sie und Ellington jetzt zusammenlebten. Sie hatte kein Problem damit; sie hatte sich darauf gefreut, tatsächlich. Aber es gab Nächte in den ersten paar Wochen, wo sie nicht schlafen konnte, weil sie erkannte, dass ihre Zukunft jetzt sicher schien. Zum ersten Mal seit langer Zeit hatte sie keinen echten Grund irgendetwas zu jagen.

      Da war der Fall ihres Vaters, der an ihr gehangen hatte, seitdem sie zum ersten Mal ein Abzeichen und eine Waffe in Nebraska getragen hatte. Das war jetzt aufgeklärt. Es hatte auch die Unsicherheit gegeben, wo ihre Beziehung mit Ellington hinging. Jetzt lebten sie zusammen und waren schon fast krankhaft glücklich. Sie hatte Erfolg auf Arbeit, verdiente sich Respekt bei jedem innerhalb des FBI‘s. Sogar McGrath schien endlich warm mit ihr geworden zu sein.

      Die Dinge fühlten sich fest an. Und Mackenzie konnte nicht anders, als sich zu fragen: War das einfach die Ruhe vor dem Sturm? Wenn ihre Zeit als Detektivin in Nebraska und als Agentin beim FBI sie etwas gelehrt hatte, dann das das Leben einem jede Art von Komfort oder Sicherheit ohne große Warnung nehmen konnte.

      Dennoch war die Routine nicht allzu schlimm. Nachdem Ellington sich von den Wunden aus dem Fall der den Mörder ihres Vaters zur Strecke gebracht hatte, erholt hatte, war er dazu verdonnert worden zu Hause zu bleiben und sich auszuruhen. Sie kümmerte sich so gut es ging, um ihn und entdeckte, dass sie recht fürsorglich sein konnte, wenn sie es musste. Nachdem Ellington sich ganz erholt hatte, waren ihre Tage recht gewöhnlich. Sie waren sogar schön, trotz der schrecklichen Verhäuslichung die sie fühlte.

      Sie würde zur Arbeit gehen und am Schießstand anhalten, ehe sie nach Hause fuhr. Wenn sie nach Hause kam, würden ein von zwei Dingen passieren: Entweder hatte Ellington bereits Abendessen vorbereitet und sie würden zusammen essen wie ein altes verheiratetes Ehepaar oder sie gingen direkt ins Schlafzimmer, wie ein neuverheiratetes Paar.

      All das ging ihr durch den Kopf während sie und Ellington im Bett lagen. Sie lag auf ihrer Seite im Bett und las halbherzig ein Buch. Ellington lag auf seiner Seite im Bett und versuchte eine E-Mail über einen Fall zu schreiben, an dem er gearbeitet hatte. Sieben Wochen waren vergangen, seit sie den Nebraska Fall abgeschlossen hatten. Ellington war gerade erst wieder zurück zur Arbeit gegangen und die Routine des Lebens war für sie zu einer nüchternen Realität geworden.

      “Ich will dich etwas fragen”, sagte Mackenzie. „Und ich will, dass du ehrlich bist.“

      „Okay“, sagte er. Er beendete den Satz, an dem er gerade tippte und schenkte ihr seine volle Aufmerksamkeit.

      „Warst du auch schon mal in dieser Art von Routine?“, fragte sie.

      „Welche Routine?“

      Sie zuckte die Achseln und legte ihr Buch weg. „Häuslich sein. Gebunden sein. Zur Arbeit zu gehen, nach Hause kommen, Abendessen, ein wenig Fernsehen, manchmal Sex haben und ins Bett gehen.“

      „Wenn das Routine ist, dann hört sich das ziemlich gut an. Vielleicht lässt du das manchmal vor dem Sexpart weg. Warum fragst du? Stört dich die Routine?“

      “Sie

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