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Minna von Barnhelm. Gotthold Ephraim Lessing
Читать онлайн.Название Minna von Barnhelm
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Gotthold Ephraim Lessing
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
Minna von Barnhelm
1. Akt
1. Szene
(Just sitzet in einem Winkel, schlummert und redet im Traume.)
Just
Schurke von einem Wirte! Du, uns?—Frisch, Bruder!—Schlag zu, Bruder!
(Er holt aus und erwacht durch die Bewegung.) Heda! schon wieder?
Ich mache kein Auge zu, so schlage ich mich mit ihm herum. Hätte er nur erst die Hälfte von allen den Schlägen!—Doch sieh, es ist Tag!
Ich muß nur bald meinen armen Herrn aufsuchen. Mit meinem Willen soll er keinen Fuß mehr in das vermaledeite Haus setzen. Wo wird er die Nacht zugebracht haben?
2. Szene
(Der Wirt. Just.)
Wirt Guten Morgen, Herr Just, guten Morgen! Ei, schon so früh auf? Oder soll ich sagen: noch so spät auf?
Just
Sage Er, was Er will.
Wirt
Ich sage nichts als "Guten Morgen"; und das verdient doch wohl, daß
Herr Just "Großen Dank" darauf sagt?
Just
Großen Dank!
Wirt
Man ist verdrießlich, wenn man seine gehörige Ruhe nicht haben kann.
Was gilt's, der Herr Major ist nicht nach Hause gekommen, und Er hat hier auf ihn gelauert?
Just
Was der Mann nicht alles erraten kann!
Wirt
Ich vermute, ich vermute.
Just (kehrt sich um und will gehen). Sein Diener!
Wirt (hält ihn). Nicht doch, Herr Just!
Just
Nun gut; nicht Sein Diener!
Wirt Ei, Herr Just! ich will doch nicht hoffen, Herr Just, Daß Er noch von gestern her böse ist? Wer wird seinen Zorn über Nacht behalten?
Just
Ich; und über alle folgende Nächte.
Wirt
Ist das christlich?
Just Ebenso christlich, als einen ehrlichen Mann, der nicht gleich bezahlen kann, aus dem Hause stoßen, auf die Straße werfen.
Wirt
Pfui, wer könnte so gottlos sein?
Just
Ein christlicher Gastwirt.—Meinen Herrn! so einen Mann! so einen Offizier!
Wirt Den hätte ich aus dem Hause gestoßen? auf die Straße geworfen? Dazu habe ich viel zu viel Achtung für einen Offizier und viel zu viel Mitleid mit einem abgedankten! Ich habe ihm aus Not ein ander Zimmer einräumen müssen.—Denke Er nicht mehr daran, Herr Just. (Er ruft in die Szene.) Holla!—Ich will's auf andere Weise wiedergutmachen. (Ein Junge kömmt.) Bring ein Gläschen; Herr Just will ein Gläschen haben; und was Gutes!
Just Mache Er sich keine Mühe, Herr Wirt. Der Tropfen soll zu Gift werden, den—Doch ich will nicht schwören; ich bin noch nüchtern!
Wirt (zu dem Jungen, der eine Flasche Likör und ein Glas bringt). Gib her; geh!—Nun, Herr Just, was ganz Vortreffliches; stark, lieblich, gesund. (Er füllt und reicht ihm zu.) Das kann einen überwachten Magen wieder in Ordnung bringen!
Just
Bald dürfte ich nicht!—Doch warum soll ich meiner Gesundheit seine Grobheit entgelten lassen?—(Er nimmt und trinkt.)
Wirt
Wohl bekomm's, Herr Just!
Just (indem er das Gläschen wieder zurückgibt). Nicht übel!—Aber, Herr Wirt, Er ist doch ein Grobian!
Wirt Nicht doch, nicht doch!—Geschwind noch eins; auf einem Beine ist nicht gut stehen.
Just (nachdem er getrunken). Das muß ich sagen: gut, sehr gut!—Selbst gemacht, Herr Wirt?—
Wirt
Behüte! veritabler Danziger! echter, doppelter Lachs!
Just
Sieht Er, Herr Wirt; wenn ich heucheln könnte, so würde ich für so was heucheln; aber ich kann nicht; es muß raus:—Er ist doch ein Grobian,
Herr Wirt!
Wirt In meinem Leben hat mir das noch niemand gesagt.—Noch eins, Herr Just; aller guten Dinge sind drei!
Just
Meinetwegen! (Er trinkt.) Gut Ding, wahrlich gut Ding!—Aber auch die Wahrheit ist gut Ding.—Herr Wirt, Er ist doch ein Grobian!
Wirt
Wenn ich es wäre, würde ich das wohl so mit anhören?
Just
O ja, denn selten hat ein Grobian Galle.
Wirt
Nicht noch eins, Herr Just? Eine vierfache Schnur hält desto besser.
Just Nein, zu viel ist zu viel! Und was hilft's Ihn, Herr Wirt? Bis auf den letzten Tropfen in der Flasche würde ich bei meiner Rede bleiben. Pfui, Herr Wirt, so guten Danziger zu haben und so schlechte Mores!– Einem Manne wie meinem Herrn, der Jahr und Tag bei Ihm gewohnt, von dem Er schon so manchen schönen Taler gezogen, der in seinem Leben keinen Heller schuldig geblieben ist; weil er ein paar Monate her nicht prompt bezahlt, weil er nicht mehr so viel aufgehen läßt—in der Abwesenheit das Zimmer auszuräumen!
Wirt Da ich aber das Zimmer notwendig brauchte? da ich voraussähe, daß der Herr Major es selbst gutwillig würde geräumt haben, wenn wir nur lange auf seine Zurückkunft hätten warten können? Sollte ich denn so eine fremde Herrschaft wieder von meiner Türe wegfahren lassen? Sollte ich einem andern Wirte so einen Verdienst mutwillig in den Rachen jagen? Und ich glaube nicht einmal, daß sie sonstwo unterkommen wäre. Die Wirtshäuser sind jetzt alle stark besetzt. Sollte eine so junge, schöne, liebenswürdige Dame auf der Straße bleiben? Dazu ist Sein Herr viel zu galant! Und was verliert er denn dabei? Habe ich ihm nicht ein anderes Zimmer dafür eingeräumt?
Just
Hinten an dem Taubenschlage; die Aussicht zwischen des Nachbars Feuermauern—
Wirt Die Aussicht war wohl sehr schön, ehe sie der verzweifelte Nachbar verbaute. Das Zimmer ist doch sonst galant und tapeziert—
Just
Gewesen!
Wirt
Nicht doch, die eine Wand ist es noch. Und Sein Stübchen darneben, Herr Just; was fehlt dem Stübchen? Es hat einen Kamin, der zwar im Winter ein wenig raucht—
Just Aber doch im Sommer recht hübsch läßt.—Herr, ich glaube gar, Er vexiert uns noch obendrein?—
Wirt
Nu, nu, Herr Just, Herr Just—
Just
Mache Er Herr Justen den Kopf nicht warm, oder—
Wirt
Ich macht' ihn warm? der Danziger tut's!—
Just Einen Offizier wie meinen Herrn! Oder meint Er, daß ein abgedankter Offizier nicht auch ein Offizier ist, der Ihm den Hals brechen kann? Warum waret ihr im Kriege so geschmeidig, ihr Herren Wirte? Warum war denn da jeder Offizier ein würdiger Mann und jeder Soldat ein ehrlicher, braver Kerl? Macht euch das bißchen Friede schon so übermütig?
Wirt
Was ereifert Er sich nun, Herr Just?—
Just
Ich will mich ereifern.—
3. Szene
(v. Tellheim. Der Wirt. Just.)
Tellheim (im Hereintreten). Just!
Just (in der Meinung, daß ihn der Wirt nenne). Just?—So bekannt sind wir?—
Tellheim
Just!
Just
Ich