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so alt wie du!”

      Er öffnete das Paket und stellte die Flaschen einzeln in die Morgensonne. Sie schimmerten wie Bernstein. „Sieht wunderbar aus”, sagte ich.

      Jetzt können wir getrost an unser Tagewerk gehen und dem alten Cadillac[13] die Eingeweide ölen – ”

* * *

      Wir arbeiteten, bis es dämmerig wurde. Dann wuschen wir uns und zogen uns um. Lenz sah begehrlich zu der Flaschenreihe hinüber.

      „Wollen wir einer den Hals brechen?”[14]

      „Das muss Robby entscheiden”, sagte Köster. „Es ist nicht fein, Gottfried, dem Beschenkten so plump mit dem Zaunpfahl zu winken[15].”

      „Noch weniger fein ist es, die Schenker verdursten zu lassen”, erwiderte Lenz und machte eine Flasche auf.

      Der Geruch verbreitete sich sofort durch die ganze Werkstatt.

      „Heiliger Moses”, sagte Gottfried.

      Wir schnupperten alle. „Phantastisch, Otto. Man muss schon in die hohe Poesie gehen, um da würdige Vergleiche zu finden.”

      „Zu schade für die dunkle Bude hier!” entschied Lenz. „Wisst ihr was? Wir fahren raus, essen irgendwo zu Abend und nehmen die Flasche mit. In Gottes freier Natur wollen wir sie aussaufen!”

      „Glänzend.”

      Wir schoben den Cadillac beiseite, an dem wir nachmittags gearbeitet hatten. Hinter ihm stand ein sonderbares Ding auf Rädern. Es war der Rennwagen Otto Kösters, der Stolz der Werkstatt.

      Köster hatte den Wagen, eine hochbordige, alte Kiste, seinerzeit auf einer Auktion für ein Butterbrot gekauft.[16] Fachleute, die ihn damals sahen, bezeichneten ihn ohne Zögern als interessantes Stück für ein Verkehrsmuseum. Der Konfektionär Bollwies, Besitzer einer Damenmäntelfabrik und Rennamateur, riet Otto eine Nähmaschine daraus zu machen. Aber Köster kümmerte sich nicht darum. Er zerlegte den Wagen wie eine Taschenuhr und arbeitete Monate hindurch bis in die Nächte daran herum. Eines Abends erschien er dann mit ihm vor der Bar, in der wir gewöhnlich saßen. Bollwies fiel vor Lachen fast um, als er ihn wieder erblickte, so komisch sah er immer noch aus. Um einen Witz zu machen, bot er Otto eine Wette an. Er wollte zweihundert Mark gegen zwanzig setzen, wenn Köster ein Rennen gegen seinen neuen Sportwagen annähme; – Strecke zehn Kilometer, ein Kilometer Vorgabe[17] für Ottos Wagen. Köster nahm die Wette an. Alles lachte und versprach sich einen Riesenspaß. Aber Otto tat noch mehr; er lehnte die Vorgabe ab und erhöhte die Wette mit unbewegter Miene auf tausend Mark gegen tausend Mark. Bollwies fragte ihn entgeistert, ob er ihn in eine Irrenanstalt bringen solle. Köster ließ als Antwort nur seinen Motor an. Beide brachen daraufhin sofort auf, um die Sache auszutragen. Bollwies kam nach einer halben Stunde so verstört zurück, als hätte er die Seeschlange gesehen. Schweigend schrieb er den Scheck aus und einen zweiten dazu. Er wollte die Maschine jetzt auf der Stelle kaufen. Aber Köster lachte ihn aus. Er hätte sie für kein Geld der Erde mehr hergegeben. Doch so tadellos der Wagen nun innen auch war, – von außen sah er immer noch wüst aus. Wir hätten das alles besser machen können; – aber wir hatten einen Grund, es nicht zu tun.

      Der Wagen hieß Karl. Karl, das Chausseegespenst.

      Karl schnob die Chaussee entlang.

      „Otto” sagte ich, „da kommt ein Opfer.”

      Hinter uns hupte ungeduldig ein schwerer Buick[18]. Er holte rasch auf. Bald lagen die Kühler nebeneinander. Der Mann am Steuer sah lässig herüber. Sein Blick streifte von oben herab den ruppigen Karl. Dann wendete er sich ab und hatte uns schon vergessen.

      Ein paar Sekunden später musste er feststellen, dass Karl sich immer noch auf gleicher Höhe mit ihm befand. Er rückte sich etwas zurecht, blickte uns amüsiert an und gab Gas. Aber Karl wankte nicht. Wie ein Terrier[19] neben einer Dogge[20] hielt er sich weiter klein und flink neben der strahlenden Lokomotive aus Nickel und Lack.

      Ein paar Minuten später blinzelte Köster uns zu. Karl verlor unmerklich an Tempo, und der Buick rückte langsam vor. Seine breiten, blinkenden Kotflügel drückten sich an uns vorbei. Allmählich gewann er ungefähr zwanzig Meter, – da erschien auch schon, wie wir es erwartet hatten, das Gesicht des Besitzers im Fenster und grinste offenen Triumph. Er glaubte, gewonnen zu haben.

      Aber der Mann tat noch ein übriges. Er winkte uns zu doch nachzukommen. „Otto!” sagte Lenz mahnend.

      Aber er brauchte nichts zu sagen. Karl machte im selben Moment schon einen Sprung. Und plötzlich verschwand die winkende Hand im Fenster – denn Karl folgte der Aufforderung; er kam. Unschuldig fragend schauten wir hinauf zu dem Mann am Steuer; wir wollten gerne wissen, weshalb er uns gewinkt hatte. Doch der sah krampfhaft nach der anderen Seite und Karl zog jetzt erst mit vollem Gas davon…

      „Gut gemacht, Otto”, sagte Lenz zu Köster. „Dem Mann wird sein Abendbrot nicht schmecken.”

      Diese Jagden waren der Grund, weshalb wir Karls Karosserie nicht änderten.

      Lenz behauptete, Karl wirke erzieherisch. Er lehre die Leute Ehrfurcht vor dem Schöpferischen, das immer in einer unscheinbaren Hülle stecke.

      Wir hielten vor einem kleinen Gasthaus und kletterten aus dem Wagen.

      Lenz stürzte dem Geruch nach ins Haus. Verklärt kam er zurück. „Ihr müsstet die Bratkartoffeln sehen! Rasch, sonst ist das Beste runter!”

      In diesem Augenblick summte noch ein Wagen heran. Wie angenagelt blieben wir stehen. Es war der Buick. Er hielt mit scharfem Ruck neben Karl. „Hoppla!” sagte Lenz. Wir hatten schon öfter Schlägereien wegen ähnlicher Sachen gehabt.

      Der Mann stieg aus. Missvergnügt schielte er nach Karl, streifte dann ein Paar dicke, gelbe Handschuhe ab und kam heran.

      „Is denn das für ‘n Modell[21], Ihr Wagen da?” fragte er Köster, der ihm am nächsten stand, mit einem Gesicht wie eine Essiggurke.

      Wir sahen ihn alle drei eine Weile schweigend an. Sicherlich hielt er uns für Monteure im Sonntagsanzug auf einer Schwarzfahrt[22]. „Haben Sie etwas gesagt?” fragte Otto dann schließlich zweifelnd, um ihn zu belehren, dass er höflicher sein könnte.

      Der Mann wurde rot. „Ich habe nach dem Wagen da gefragt”, erklärte er brummig im selben Tone wie vorher.

      Lenz richtete sich auf. Seine große Nase zuckte. Er hielt außerordentlich auf Höflichkeit bei anderen. Aber bevor er den Mund auftun konnte, öffnete sich plötzlich, wie durch eine Geisterhand, die zweite Tür des Buick; – ein schmaler Fuß glitt heraus, ein schmales Knie folgte, – dann stieg ein Mädchen aus und schritt langsam auf uns zu. Überrascht blickten wir uns an. Wir hatten vorher nicht gesehen, dass noch jemand im Wagen war. Lenz veränderte sofort seine Haltung. Er lächelte über sein ganzes sommersprossiges Gesicht. Wir lächelten auf einmal alle, weiß der Kuckuck,[23] warum.

      Der Dicke schaute uns verblüfft an. „Binding”, sagte er schließlich, mit einer halben Verbeugung, als könne er sich an seinem Namen festhalten.

      Das Mädchen war jetzt ganz herangekommen. Wir wurden noch freundlicher. „Zeig doch mal den Wagen, Otto”, sagte Lenz mit einem raschen Blick zu Köster hin.

      „Warum nicht”, erwiderte Otto und gab den Blick belustigt zurück.

      „Ich würde ihn wirklich gern mal sehen”, sagte Binding bereits versöhnlicher.

      Beide gingen zum Parkplatz hinüber und Köster klappte Karls Motorhaube hoch.

      Das Mädchen ging nicht mit. Es blieb schlank und schweigend neben Lenz und mir in der Dämmerung stehen. Ich erwartete,

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<p>13</p>

Cadillac m – кадиллак (марка автомобиля)

<p>14</p>

Wollen wir einer den Hals brechen? – Откупорим одну (бутылку)?

<p>15</p>

j-m mit dem Zaunpfahl winken – прозрачно, недвусмысленно, прямо намекать на что-то (Zaunpfahl m – жердь, кол, шест)

<p>16</p>

für ein Butterbrot kaufen – купить очень дешево, почти даром

<p>17</p>

Vorgabe f – фора

<p>18</p>

Buick m – бьюик (марка автомобиля)

<p>19</p>

Terrier m – терьер (порода собак)

<p>20</p>

Dogge f – дог (порода собак)

<p>21</p>

Is denn das für’n Modell = Was ist denn das für ein Modell Schwarzfahrt f – езда зайцем; езда без права на вождение машины; здесь: поездка на чужой машине

<p>22</p>

weiß der Kuckuck – черт (его) знает

<p>23</p>

Autonarr m (авторск.) – автомобильный фанатик