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war als vorher. «Packen Sie die Sachen in Ihre Handtasche», sagte er.

      Sie tat es gehorsam. Ravic nahm die Rechnung und sah sie durch.

      Es klopfte. Ravic konnte sich nicht enthalten zu lächeln. Der Junge brachte die Koffer herein. Der Wirt folgte ihm.

      «Sind das alle?» fragte Ravic die Frau.

      «Ja.»

      «Natürlich sind das alle», grunzte der Wirt. «Was dachten Sie denn?»

      «Wer sind Sie überhaupt? Was mischen Sie sich hier ein?» «Ich bin der Bruder», sagte Ravic.

      Die Frau nahm drei Hundert-Frank-Scheine aus der Tasche und gab sie dem Wirt, der sie nahm. «Um sechs Uhr muß das Zimmer geräumt sein. Sonst rechnet es für einen andern Tag.» sagte er und verließ das Zimmer.

      «Jetzt kommt noch die Polizei, und dann kann er abgeholt werden», sagte Ravic und sah die Frau an.

      Sie saß still in der Ecke zwischen den Koffern «Wenn man tot ist, ist man sehr wichtig … wenn man lebt, kümmert sich niemand.»

      Er sah die Frau noch einmal an. «Wollen Sie nicht hinuntergehen? Es muß unten so etwas wie ein Schreibraum sein.»

      Sie schüttelte den Kopf.

      «Ich kann mit Ihnen gehen. Ein Freund von mir kommt her, um die Sache mit der Polizei zu erledigen. Doktor Veber. Wir können unten auf ihn warten.»

      «Nein. Ich möchte hierbleiben.»

      «Sie können nichts tun. Warum wollen Sie hierbleiben?»

      «Ich weiß nicht. Er … wird nicht mehr lange dasein. Und ich bin oft  … er war nicht glücklich mit mir. Ich war oft fort. Jetzt will ich hierbleiben.» Sie sagte das ruhig, ohne Sentimentalität.

      «Er weiß nichts mehr davon», sagte Ravic.

      «Das ist es nicht…»

      «Gut. Dann werden Sie hier etwas trinken. Sie brauchen das.»

      Ravic wartete nicht auf Antwort. Er klingelte. Der Kellner erschien überraschend schnell. «Bringen Sie zwei große Kognaks.»

      «Hierher?» – «Ja. Wohin sonst?»

      «Sehr wohl, mein Herr.» Der Kellner brachte zwei Gläser und eine Flasche Courvoisier. Der Kellner stellte das Tablett auf den Tisch und verschwand so schnell er konnte. Ravic nahm die Flasche und goß die Gläser voll. «Trinken Sie das. Es wird Ihnen guttun.» Sie trank das Glas aus.

      «Ist in den Koffern, die Ihnen nicht gehören, noch etwas Wichtiges?»

      «Nein.»

      «Etwas, das Sie behalten möchten. Das nützlich für Sie ist? Wollen Sie nicht nachsehen?»

      «Nein. Es ist nichts drin. Ich weiß es.» «Auch nicht in dem kleinen Koffer?»

      «Vielleicht. Ich weiß nicht, was er darin hatte.» Ravic nahm den Koffer, stellte ihn auf einen Tisch am Fenster und öffnete ihn. Ein paar Flaschen; etwas Wäsche; ein paar Notizbücher; ein Kasten mit Wasserfarben; einige Pinsel, ein Buch, zwei Geldscheine. Er hielt sie gegen das Licht.

      «Hier sind hundert Dollar», sagte er. «Nehmen Sie das. Davon können Sie eine Zeitlang leben. Den Koffer werden wir zu den Ihren stellen. Er kann ebensogut Ihnen gehört haben.» «Danke», sagte die Frau. «

      Ravic schenkte die Gläser voll. «Trinken Sie das noch.»

      Sie trank das Glas langsam aus. «Besser?» fragte er. Sie sah ihn an. «Nicht besser und nicht schlechter. Gar nichts.»

      «Ich kann nichts denken», sagte sie, «solange er da ist.»

      Die Ambulanzgehilfen sind gekommen. Sie deckten ein Tuch über den Leichnam. Ravic stand neben der Frau für den Fall, daß sie ohnmächtig werden würde. Ravic nahm die kleine hölzerne Madonna vom Nachttisch. «Ich glaubte, das gehört Ihnen», sagte er. «Wollen Sie es nicht behalten?» «Nein.» Er öffnete den kleinen Koff er und legte sie hinein. «Kommen Sie», sagte Ravic zu der Frau. «Wir können unten warten.» Die Frau schüttelte den Kopf. «Gut», sagte er zu den Gehilfen. «Tun Sie, was nötig ist.»

      Ravic sah ihnen nach, bis sie unten waren. Dann ging er zurück. Die Frau stand am Fenster und sah hinaus. Auf der Straße das Auto. Die Gehilfen schoben die Bahre hinein wie ein Bäcker Brot in einen Ofen. Die Frau drehte sich um.

      «Sie hätten vorher weggehen sollen», sagte Ravic. «Wozu mußte sie das letzte noch sehen?»

      «Ich konnte nicht. Ich konnte nicht von ihm gehen. Verstehen Sie das nicht?»

      «Ja. Kommen Sie. Trinken Sie noch ein Glas.»

      «Nein.»

      Veber hatte den Lichtschalter angedreht, als die Polizei und die Ambulanz kamen. Der Raum erschien jetzt größer, seit der Körper fort war.

      «Wollen Sie hier im Hotel bleiben? Doch sicher nicht?»

      «Nein.»

      «Haben Sie Bekannte hier?» «Nein. Niemand.»

      «Wissen Sie ein Hotel, in das Sie möchten?»

      «Nein.»

      «In der Nähe ist ein kleines Hotel, ähnlich wie dieses. Sauber und ehrlich. Wir könnten dort etwas für Sie finden. Hotel Milan.»

      «Kann ich nicht in das Hotel gehen, wo …? In Ihr Hotel?»

      «Ins International?»

      «Ja. Ich … es ist … ich kenne es nun schon etwas. Es ist besser als ein ganz unbekanntes.»

      «Das International ist kein gutes Hotel für Frauen», sagte Ravic. Das fehlte noch, dachte er. Im selben Hotel. Ich bin kein Krankenwärter. «Es ist immer überfüllt. Besser, Sie gehen zum Hotel Milan. Wenn es Ihnen nicht gefällt, können Sie es ja immer noch wechseln.»

      Die Frau sah ihn an. Er hatte das Gefühl, daß sie wußte, was er dachte, und er war beschämt.

      Aber es war besser, einen Augenblick beschämt zu sein und dafür später Ruhe zu haben. «Gut», sagte die Frau. «Sie haben recht.»

      Ravic ließ die Koffer hinunter in ein Taxi bringen. Das Hotel Milan war nur wenige Minuten entfernt. Er mietete ein Zimmer und ging mit der Frau hinauf. Es war ein Raum im zweiten Stock mit einer Tapete mit Rosengirlanden, einem Bett, einem Schrank und einem Tisch mit zwei Stühlen.

      «Ist das genug?» fragte er.

      «Ja. Sehr gut.».

      Die Koffer wurden heraufgebracht. «So, jetzt haben Sie alles hier.»

      «Ja. Danke. Danke vielmals.»

      Die Frau saß auf dem Bett. Ihr Gesicht war sehr blaß. «Sie sollten schlafen gehen. Glauben Sie, daß Sie es können?»

      «Ich werde es versuchen.»

      Ravic gab ihr ein paar Tabletten «Hier ist etwas zum Schlafen. Mit einem Glas Wasser. Wollen Sie es jetzt nehmen?»

      «Nein, später.»

      «Gut. Ich werde jetzt gehen. In den nächsten Tagen werde ich nach Ihnen fragen. Versuchen Sie, sobald wie möglich zu schlafen. Hier ist die Adresse des Beerdigungsinstituts, wenn Sie noch etwas zu tun haben. Gehen Sie nicht hin. Denken Sie an sich. Ich werde nach Ihnen fragen. Wie heißen Sie?» fragte er.

      «Madou. Joan Madou.»

      «Joan Madou. Gut. Ich werde das behalten. »

      4

      Die Fiebertabelle über dem Bett war neu und leer. Nur der Name stand darauf. Lucienne Martinet. Butte Chaumont, Rue Clavel.

      Das Mädchen lag grau in den Kissen. Es war am Abend vorher operiert worden. Ravic prüfte vorsichtig das Herz. «Besser», sagte er. « Wenn sie bis morgen durchhält, hat sie eine Chance.»

      «Gut», sagte Veber. «Gratuliere. Es sah nicht so aus. Hundertvierzig Puls und achtzig Blutdruck!»

      «Da ist nichts zu gratulieren. Sie ist früher gekommen als die andere. Die mit der Goldkette um

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