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Turandot, Prinzessin von China. Friedrich von Schiller
Читать онлайн.Название Turandot, Prinzessin von China
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Friedrich von Schiller
Жанр Драматургия
Издательство Public Domain
Im öffentlichen Divan, vor dem Kaiser
Und seinen Räthen allen, wollte sie
Drei Räthsel ihm vorlegen. Löste sie
Der Freier auf, so mög' er ihre Hand
Und mit derselben Kron' und Reich empfangen.
Löst er sie nicht, so soll der Kaiser sich
Durch einen heil'gen Schwur auf seine Götter
Verpflichten, den Unglücklichen enthaupten
Zu lassen. – Sprich, ist's nicht so? Nun vollende
Dein Märchen, wenn du's kannst vor langer Weile.
Barak. Mein Märchen? Wollte Gott! Der Kaiser zwar
Empört' sich erst dagegen; doch die Schlange
Verstand es, bald mit Schmeichelbitten, bald
Mit list'ger Redekunst das furchtbare
Gesetz dem schwachen Alten zu entlocken.
Was ist's denn auch? sprach sie mit arger List;
Kein Prinz der Erde wird so thöricht sein,
In solchem blut'gen Spiel sein Haupt zu wagen!
Der Freier Schwarm zieht sich geschreckt zurück,
Ich werd' in Frieden leben. Wagt es dennoch
Ein Rasender, so ist's auf seine eigne
Gefahr, und meinen Vater trifft kein Tadel,
Wenn er ein heiliges Gesetz vollzieht! —
Beschworen ward das unnatürliche
Gesetz und kund gemacht in allen Landen.
(Da Kalaf den Kopf schüttelt.)
– Ich wünschte, daß ich Märchen nur erzählte
Und sagen dürfte. Alles war ein Traum!
Kalaf. Weil du's erzählst, so glaub' ich das Gesetz.
Doch sicher war kein Prinz wahnsinnig gnug,
Sein Haupt daran zu setzen.
Barak (zeigt nach dem Stadtthor). Sehet, Prinz!
Die Köpfe alle, die dort auf den Thoren
Zu sehen sind, gehörten Prinzen an,
Die toll genug das Abenteuer wagten
Und kläglich ihren Untergang drin fanden,
Weil sie die Räthsel dieser Sphinx zu lösen
Nicht fähig waren.
Kalaf. Grausenvoller Anblick!
Und lebt ein solcher Thor, der seinen Kopf
Wagt, um ein Ungeheuer zu besitzen!
Barak. Nein! Sagt das nicht. Wer nur ihr Konterfei
Erblickt, das man sich zeigt in allen Ländern,
Fühlt sich bewegt von solcher Zaubermacht,
Daß er sich blind dem Tod entgegen stürzt,
Das göttergleiche Urbild zu besitzen.
Kalaf. Irgend ein Geck.
Barak. Nein, wahrlich! Auch der Klügste.
Heut ist der Zulauf hier, weil man den Prinzen
Von Samarcanda, den verständigsten,
Den je die Welt gesehn, enthaupten wird.
Der Khan beseufzt die fürchterliche Pflicht;
Doch ungerührt frohlockt die stolze Schöne.
(Man hört in der Ferne den Schall von gedämpften Trommeln.)
Hört! Hört Ihr! Dieser dumpfe Trommelklang
Verkündet, daß der Todesstreich geschieht;
Ihn nicht zu sehen, wich ich aus der Stadt.
Kalaf. Barak, du sagst mir unerhörte Dinge.
Was? Konnte die Natur ein weibliches
Geschöpf wie diese Turandot erzeugen,
So ganz an Liebe leer und Menschlichkeit?
Barak. Mein Weib hat eine Tochter, die im Harem
Als Sklavin dient und uns Unglaubliches
Von ihrer schönen Königin berichtet.
Ein Tiger ist sie, diese Turandot,
Doch gegen Männer nur, die um sie werben.
Sonst ist sie gütig gegen alle Welt;
Stolz ist das einz'ge Laster, das sie schändet.
Kalaf. Zur Hölle, in den tiefsten Schlund hinab
Mit diesen Ungeheuern der Natur,
Die kalt und herzlos nur sich selber lieben!
Wär' ich ihr Vater, Flammen sollten sie
Verzehren.
Barak. Hier kommt Ismael, der Freund
Des Prinzen, der sein Leben jetzt verloren.
Er kommt voll Thränen – Ismael!
Zweiter Auftritt.
Ismael zu den Vorigen.
Ismael (reicht dem Barak die Hand, heftig weinend). Er hat
Gelebt – Der Streich des Todes ist gefallen.
Ach! Warum fiel er nicht auf dieses Haupt!
Barak. Barmherz'ger Himmel! – Doch warum ließt Ihr
Geschehn, daß er im Divan der Gefahr
Sich bloßgestellt?
Ismael. Mein Unglück braucht noch Vorwurf.
Gewarnt hab' ich, beschworen und gefleht,
Wie es mein Herz, wie's meine Pflicht mich lehrte.
Umsonst! Des Freundes Stimme wurde nicht
Gehört; die Macht der Götter riß ihn fort.
Barak. Beruhigt Euch!
Ismael. Beruhigen? Niemals, niemals!
Ich hab' ihn sterben sehen. Sein Gefährte
War ich in seinem letzten Augenblick,
Und seine Abschiedsworte gruben sich
Wie spitz'ge Dolche mir ins tiefste Herz.
"Weine nicht!" sprach er. "Gern und freudig sterb' ich,
"Da ich die Liebste nicht besitzen kann.
"Mag es mein theurer Vater mir vergeben,
"Daß ich ohn' Abschied von ihm ging. Ach, nie
"Hätt' er die Todesreise mir gestattet!
"Zeig' ihm dies Bildniß!
(Er zieht ein kleines Portrait an einem Band aus dem Busen.)
"Wenn er diese Schönheit
"Erblickt, wird er den Sohn entschuldigen."
Und an die Lippen drückt' er jetzt, lautschluchzend,
Mit heft'gen Küssen dies verhaßte Bild,
Als könnt' er, sterbend selbst, nicht davon scheiden;
Drauf kniet' er nieder, und – mit einem Streich —
Noch zittert mir das Mark in den Gebeinen —
Sah ich Blut spritzen, sah den Rumpf hinfallen
Und hoch in Henkers Hand das theure Haupt;
Entsetzt und trostlos riß ich mich von dannen.
(Wirft das Bild in heftigem Unwillen auf den Boden.)
Verhaßtes, ewig fluchenswerthes Bild!
Liege du hier, zertreten in dem Staub!
Könnt' ich sie selbst, die Tigerherzige,
Mit