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nun lebe ewig wohl!

      Was fragen wir nach Gut und Geld,

      Wir wandern fröhlich in die Welt,

      Brasi–lien ist unsre Seligkeit!

      Halli, Hallo! Brasilien ist nicht weit von hier!

      Halli, Hallo! Brasilien ist nicht weit!«

      Es war ein ganz eigenes Gefühl das Behrens durchzuckte, als er die Worte hörte, die ihm wie aus der eigenen Seele heraustönten, und fast unwillkürlich rief er die ihm Nächsten an: »Heda, Kameraden, – wollt Ihr auch nach Brasilien?«

      »Auch nach Brasilien? na, versteht sich,« lachte einer der jungen Burschen zurück, indem der Schwarm Halt machte. »Gehst Du auch mit, Kamerad? Das ist Recht. Halli, Hallo! Brasilien ist nicht weit von hier!«

      »Na,« seufzte Behrens, »weit ist's doch wohl, aber was kann's helfen; die Reise nimmt ja auch einmal ein Ende.«

      »Da hast Du Recht, alter Junge!« jubelte Einer der Burschen, »und nachher leben wir, wie der liebe Gott in Frankreich. Mit welchem Schiff gehst Du?«

      »Ja, ich weiß noch nicht,« sagte Behrens, über die vertrauliche Anrede des jungen Volks weniger erstaunt, als über die bestimmte Voraussetzung seiner Reise, denn des Doctors abmahnende Worte hatten ihn doch wieder ganz schwankend gemacht.

      »Und von welchem Hafen aus?«

      »Doch wohl von Antwerpen, wie der Ort heißt.«

      »Hurrah, ein Reisegefährte!« jubelte die Schaar. »Komm her, daß wir Eins zusammen trinken. Nun hat die elende Schinderei daheim ein Ende, und wir kommen ins Paradies.«

      »Ins Paradies?« Das stimmte freilich nicht mit dem, was Behrens von dem Doctor gehört, aber er konnte auch nicht der fröhlichen Einladung folgen, denn geschenkt mochte er nichts nehmen, und Geld zum Vertrinken hatte er noch nie im Leben gehabt.

      »Ich kann nicht,« sagte er deshalb freundlich, »ich muß erst noch meinen Contract in Richtigkeit bringen, daß ich mit komme; aber wohin geht Ihr?«

      »In den Löwen; so komme nachher hin, daß wir den Abend beieinander sind! Hurrah, Brasilien soll leben!«

      Und mit dem Halli, Hallo! des neu beginnenden Liedes setzte sich die Schaar wieder in Bewegung und marschirte die Straße hinab, dem ihrem neuen Reisegefährten bezeichneten Wirthshaus zu.

      Behrens blieb mit seinem Begleiter, als ihn die Schaar verlassen hatte, noch eine ganze Weile wie betäubt auf der Straße stehen, denn wie ein Traum, wie ein Gruß aus der fernen, fabelhaften Welt, die er bis jetzt nur in seinen Träumen gesehen, kam ihm das Ganze vor. Ein Paradies! – und er selbst war im Begriff, dorthin aufzubrechen, – aber wer hatte nun Recht? Das junge, jubelnde Volk, vor dem das Leben noch offen lag und ihm nur seine bunten Bilder zeigte, oder der alte mürrische Herr, der voll Mißtrauen hinausblickte? Behrens wußte es nicht, und nur unwillkürlich legte er seine Hand wieder in Andres Arm und schritt mit ihm die Straße hinunter, dem Hause des Auswanderungsagenten zu.

      Drittes Capitel.

      Herrn Kollboeker's Comptoir

      Sie brauchten nicht so lange mehr zu gehen, als sie das Haus, oder vielmehr das »Comptoir« des Agenten vor sich sahen, denn er selber wohnte draußen in einer kleinen Spelunke der Vorstadt, und hatte sich nur im »Geschäftstheil« der Residenz ein Local gemiethet, um inmitten des Verkehrs zu sein und sich keine »Gelegenheit« entgehen zu lassen.

      Die Thür war auch kenntlich genug durch eine Anzahl von Schildern bezeichnet, die den verschiedensten Lebenszwecken zu dienen schienen. Den Mittelpunkt derselben bildete freilich ein großes, über der Thür angebrachtes und in Öl ausgeführtes Gemälde, das ein großes, dreimastiges Schiff unter vollen Segeln aber bei dem Winde zeigte. Plätschernde Wellen erhoben sich darum her, aber still und unbewegt verfolgte das Fahrzeug seine Bahn und eine Anzahl von Personen in rothen Hemden, die über Bord hinaus auf das Meer sahen, sollten andeuten, daß es reichlich mit Passagieren besetzt sei, die eine ruhige Fahrt nach einem fernen Welttheil hatten.

      Das Schiff selber führte eine Bremer Flagge, – die roth und weißen Streifen und Quadrate, – darüber aber im blauen Himmel stand deutlich mit goldenen Buchstaben:

Schiffsgelegenheit nach allen Welttheilen,

      und wie um das zu illustriren, waren links und rechts von der Thür noch große Tafeln aufgehangen, auf welchen die verschiedensten Reisen nach Nordamerika, Australien und Brasilien specificirt wurden.

      Außerdem schien aber Herr Kollboeker, wie der Auswanderungsagent hieß, noch außerordentlich vielseitig in anderen Geschäftszweigen. Er hatte die Agentur für Sächsische Renten-, Berliner und Gotha'sche Lebensversicherung, ebenso eine Niederlage von Daubitz's Kräuterliqueur und aromatischer Gichtwatte, und Behrens wurde ganz irr an den vielen Schildern, die überall die Wand und sogar die aufgeschlagenen Fensterladen bedeckten. Aber es konnte nichts helfen, hinein mußte er doch, denn die Zeit verging, und nachdem er und Andres – während die Beiden indessen von drinnen durch ein paar junge kichernde Leute beobachtet waren – eine Weile die verschiedenen Placate durchbuchstabirt hatten, sagte Behrens, seines Begleiters Arm ergreifend: »So komm, Andres, hier werden wir doch nicht draus klug und drinnen müssen wir ja erfahren woran wir sind. Da oben ist ja auch das Schiff gemalt, mit dem wir fahren sollen, – guck einmal wie groß es ist; das sieht ordentlich gefährlich aus – und so weit übers Wasser muß man damit.«

      Behrens schüttelte freilich mit dem Kopf, als er das Haus betrat; es war ihm noch so vieles bei der ganzen Sache, von der er sich gar keine richtige Idee machen konnte, unerklärlich, und er fühlte ordentlich das Bedürfniß, endlich einmal Jemanden darüber zu hören, der Alles ganz genau wußte.

      Gleich rechts im Hausflur war eine Thür, an welcher auf einem ovalen schwarzen Schild das Wort stand: »Comptoir«, aber weiter befand sich kein Name oder sonstiges Abzeichen daneben, und die Beiden zögerten noch, ob sie hier anklopfen sollten, als die Thür aufging und ein blutjunger Mensch mit auf der Mitte gescheitelten fuchsrothen Haaren heraussah.

      »Wollen Sie zu der Auswanderungs-Agentur?«

      »Ja wohl«, nickte Behrens.

      »Na, da kommen sie nur hier herein, – hier ist's.«

      Beide betraten das Zimmer. Es war ein nicht sehr großes und etwas düsteres Gemach. In der Mitte stand ein hohes, doppeltes Schreibpult aus polirtem Erlenholz, an dem an jeder Seite zwei Menschen arbeiten konnten, und an den Wänden waren eine Menge Gefache angebracht, in welchen die verschiedenartigsten Dinge lagen: kleine Broschüren, Papiere, etiquettirte Flaschen, Packete und Gott weiß was sonst noch. An den Wänden aber hingen, wo nur noch irgend ein Platz frei geblieben, Fahrpläne von Eisenbahnen und Dampfschiffen, eine große Karte mit den beiden Erdhälften und andere von Australien, Südamerika, Brasilien, Nordamerika, Rußland und Ungarn, denn Herrn Kollboeker's Thätigkeit war eine sehr ausgebreitete, und er schaffte Menschen fort, wohin sie eben wollten, oder – wohin er sie gerade bereden konnte. Hatte er doch intime Verbindungen in allen Theilen der Welt, wenn er auch alle Theile der Welt nur dem Namen nach kannte.

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