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nicht zum Melken zu Hause gekommen, und wegen der mich meine Frau schon lange gequält. Ist das geschehen, nehm ich den Rückweg an Ihrem Haus vorbei, und finde dann schon eine Entschuldigung vorzusprechen, zu sehen wie sich Olnitzki beträgt und was der andere Bursche bei ihm will. Der vermuthet überhaupt wohl kaum wie genau ich ihn kenne, und daß ich von seinen Streichen in Illinois, Indiana und Missouri weiß, und wird sich desto rücksichtsloser gehen lassen. Brauchen Sie dann meine Hülfe, so sagen sie es frei heraus, und Jack Owen ist der Mann sein Wort zu halten.«

      »Guter Gott, ich habe die Schwester schon lange gebeten den Schritt zu thun, und mit mir nach Deutschland zurückzukehren,« sagte Fräulein von Seebald, die Hände in Gram und Sorge faltend – »aber sie weißt mich auf ihre Pflicht, die sie zwänge bei dem Gatten auszuhalten.«

      »Das sieht ihr ähnlich,« sagte Jack, »und soviel mehr Ehre gebührt ihr dafür; ich wäre auch der letzte der ihr zum Gegentheil rathen würde, so lange sie eben aushalten kann; erst wenn die Zeit eintritt, und Gott gebe daß es nie geschieht, dann sollen Sie nicht sagen, daß Sie Niemand in der fremden Welt gefunden hätten der sich Ihrer annehme, und Sie gegen Willkür, gegen die das Gesetz Sie nicht schirmen konnte, schützte,« und ohne weiter eine Antwort abzuwarten warf der Jäger seine Büchse über die Schulter, rief durch ein eigenthümliches leises Zischen seinen Hund, und schritt rasch in den Wald hinein; Amalie aber eilte mit schwerem ängstlich klopfenden Herzen zum Haus zurück, von dem ihr schon, als sie noch nicht einmal die Fenz erreicht, wildes Lachen und lautes Jauchzen entgegenschallte. Sie zögerte auch in der That einen Augenblick die Schwelle zu betreten, aber es war auch nur ein Moment, und ihr Herz mit der rechten Hand fast krampfhaft haltend, daß sein Klopfen nicht die Angst verrathe die in ihm zuckte, durcheilte sie die kurze Strecke, die sie noch von der Thüre trennte.

      »Hallo Schwägerin!« rief ihr Olnitzki hier, der sie zuerst bemerkte und mit all seinen Kleidern und den beschmutzten Stiefeln halb liegend halb sitzend auf ihrem Bett lehnte, in englischer Sprache entgegen, »nun ist die Familie voll, und wir können kochen und braten – Allons Ihr Weiber, die Töpfe zum Feuer und hier nun aufgetischt; wir haben Hunger wie die Bären, und Durst – heh Soldegg? – Durst wie die Fische. Nun? – was giebts?« – unterbrach er sich aber plötzlich, als er das starre Staunen bemerkte, das Amalie noch auf der Schwelle fesselte, und ihren Blick stier und erschreckt auf seinem Gast haften ließ – »kennen sich die Herrschaften etwa schon? – Mr. Soldegg, Madam, Mr. Soldegg, meine schöne Schwägerin, Amalie von Seebald, die uns das Vergnügen gemacht hat uns hier in unserer ländlichen Einsamkeit zu besuchen.« Er brachte die letzten Worte nur mit schwerer Zunge heraus, richtete sich aber doch gleich selber erstaunt in die Höh, als Amalie, kaum ihren Augen trauend rief »Herr Henkel!« und Soldegg, mit einer lächelnden Verbeugung gegen die Dame, und ihr die Hand entgegenstreckend freundlich sagte:

      »Ah Fräulein von Seebald; das ist allerdings ein unerwartetes Vergnügen, auf das ich nicht gerechnet hatte; beim Himmel, die Passagiere der Haidschnucke sind von einem neckischen Geist, wie es scheint, in den wenigen Monaten schon über die ganzen Vereinigten Staaten hinausgestreut, denn überall trifft man sie an, und hat die Freude alte Bekanntschaften zu erneuern!«

      »Aber wie um Gotteswillen kommen Sie hierher, und wo ist Ihre Frau?« rief Fräulein von Seebald, die nach der Schilderung des Jägers, einen furchtbaren Verdacht in sich aufsteigen fühlte – »man nennt Sie Soldegg hier? – «

      »Das sind viele Fragen auf einmal« lachte ihr früherer Mitpassagier, »aber ich kann Sie Ihnen leicht beantworten; meine Frau amüsirt sich in New-Orleans, während mich Geschäfte nach dem Norden riefen, und Soldegg ist der Name meiner Mutter – ich habe die Geschichte wahrhaftig schon sehr oft erzählen müssen – nach der ich gezwungen bin mich hier in Amerika, einer Erbschaft wegen, zu nennen.«

      »Eure Frau in New-Orleans, Soldegg?« rief aber Olnitzki jetzt vom Bett aus, – »zum Teufel Mann, ich glaubte die wohnte in Missouri, wo ich Euch vor zwei Jahren ja besuchte.«

      »Die erste Frau?« sagte Soldegg oder Henkel, ernster werdend, »lieber Gott, Olnitzki, wißt Ihr denn nicht daß die schon seit fast zwei Jahren in ihrem Grabe ruht? Ich habe jetzt in Deutschland zum zweiten Mal geheirathet.«

      »Ihr war't in Deutschland, Mensch?« rief Olnitzki rasch wieder emporfahrend, »und davon habt Ihr mir kein einziges Wort gesagt!«

      »Wir hatten wichtigere Sachen zusammen abzumachen, heh?« lachte der Mann wieder, mit einem Seitenblick auf den Polen, »aber mein gnädiges Fräulein,« setzte er mit eigenem Humor und einem komischen Achselzucken hinzu – »ich würde Ihnen mit Freuden einen Stuhl bringen, wenn – «

      »Stühle da wären« – lachte Olnitzki hell auf – »Hahahaha unsere Wirthschaft ist noch nicht eingerichtet – wir leben noch in den Flitterwochen, aber in unserer nächsten Wohnung soll das besser werden. – Dort wollen wir uns standesgemäß etabliren. Hurrah Soldegg – reicht mir einmal die Flasche da vom Tisch – Texas soll leben!«

      »Ist ein vortrefflicher Staat,« sagte der junge Mann, seinem Wunsch willfahrend, »gutes Land und herrliche Jagd.«

      »Ach trink nicht mehr, Olnitzki,« bat da mit leiser schüchterner Stimme die Frau, die zitternd in Angst und Jammer während dem Gespräch an ihrem Bett gestanden, und sich halb darauf gestützt hatte, »Du weißt ja es bekommt Dir nicht, und morgen – «

      »Gieb Frieden, Unke«, brummte der halb Trunkene, nach langem Zuge tief aufseufzend die Flasche von den Lippen nehmend – »ärgerts Dich schon, mich einmal wieder fidel zu sehn, nach langer Zeit? marsch mit Euch – fort – richtet das Essen her; zum Teufel wie oft soll ich's Euch sagen?« rief er, die Flasche dabei ärgerlich neben sich auf das Bett stoßend, und einen wilden zornigen Blick der Frau hinüberschleudernd – »wird's bald, daß ich das Feuer da im Kamin auflodern und den Kessel darüber hängen, die Kanne daran stehen sehe? – glaubt Ihr wenn Leute acht Stunden lang, wie wir, in gestrecktem Galopp auf den Pferden hängen, nicht nachher ihr Mittagsbrod verlangen, wie sich's gehört?«

      »Ja, und ich fürchte, Ihr habt mir das Pferd zu Schanden geritten, Olnitzki«, sagte Soldegg – wie wir ihn doch jetzt nennen müssen – »es ist zu zart für solch schweren Körper und den scharfen Ritt.«

      »Noch ist's mein,« brummte der Pole, mit finster zusammengezogenen Brauen zwischen den Zähnen durch, einen eben nicht freundlichen Blick nach dem Redenden schießend, »das war abgemacht.«

      »Allerdings,« sagte Soldegg einlenkend; »Ihr seid in Euerem vollen Rechte, und die Bemerkung galt dem nicht; aber wir müssen den Damen doch ein wenig an die Hand gehen, Holz zu holen und das Essen zu besorgen; wir sind einmal im Wald und führen Jägers Leben.«

      »Ah bah!« rief der Pole, sich wieder zurück auf das Kissen werfend, »in Texas wird's die erste Zeit noch schlimmer gehn, und ein Bischen Vorbereitung dazu kann gar Nichts schaden.«

      »In Texas?« sagte die Frau, der das Wort schon vorher schwer auf das Herz gefallen war, erschreckt – »in Texas, Olnitzki? – was um Gottes Willen meinst Du damit?«

      »Wirst's schon erfahren Täubchen,« lachte der Pole – »und hilf Deiner Schwester jetzt Holz hereinschaffen von draußen, daß Soldegg das nicht allein zu thun braucht – er möchte sich die zarten Hände schmutzig, oder was noch schlimmer wäre rauh machen, nicht wahr Soldegg? beim Kartenspielen braucht man feine Fingerspitzen?«

      »Was wollen Sie damit sagen, Olnitzki?« frug der Fremde der den Rückklotz im Kamin mit einem dort liegenden Schüreisen vorgehoben hatte, während Amalie den kleinen Korb aufgriff und das Haus verließ, indem er sich hoch und finster aufrichtete, »ich hoffe nicht daß Sie mir falsches Spiel vorwerfen.«

      »Falsches Spiel – hahaha,« rief der Pole, verächtlich die geleerte Flasche von sich werfend, »die ganze Welt ist ein falsches Spiel, – wir sind die Karten, die stechen und gestochen werden, auf die man setzt und gewinnt und – verliert. Heute ist der Trumpf und morgen der – heute hat der Bube Glück, morgen die Dame, hahahahahaha – eine wilde, tolle, verrückte Welt!«

      »Die nur die vortreffliche Eigenschaft hat,« lachte Soldegg, »daß sie rund ist; eine Kugel auf der die Glücksgöttin steht und dreht, und sind wir heute unten, wissen wir daß wir doch einmal wieder hinaufkommen

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