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mit einem Gefühl erfüllte, das, er mochte sich dagegen sträuben so viel er wollte – der Furcht ungemein ähnlich sah.

      Die Leiche lag nämlich im Wald – eine Meile von jeder menschlichen Wohnung entfernt, und erst vor wenigen Tagen hatten die Jäger von Waterton gerade dort einen Panther gejagt und nicht erwischt. Der Panther mußte also noch nothwendiger Weise im Walde sein, denn es war nicht einmal auf ihn geschossen worden, so daß man sich vielleicht damit hätte beruhigen können, er sei verwundet und später irgendwo verendet.

      Außerdem schienen auch die Einreden der Bewohner von Waterton einen nicht unbedeutenden Eindruck auf ihn gemacht zu haben, daß sich nämlich in letzter Zeit wieder mehrere Indianer, und zwar von den Winnebagoes eben in der Gegend gezeigt hätten, die, wenn sie von dem Leichenraub eines ihres Stammes hören sollten, nie im Leben eine solche That vergessen, sondern sie an dem Thäter und seiner ganzen Nachbarschaft rächen würden, indem sie, wenn sie nicht dieser selbst habhaft würden, doch wenigstens ihre Maisfelder und Häuser in Brand steckten und ihnen vielleicht auch noch außerdem mit heimlicher Kugel im Walde auflauerten.

      Das Alles blieb zu bedenken, die Versuchung zeigte sich aber hier zu stark, Mac Botherme konnte nicht widerstehen, und beschloß nun, der äußeren Vorsicht und der Bequemlichkeit im Allgemeinen wegen seinen eben angenommenen Diener Patrik O'Flaherti zu Schutz und Hülfe mitzunehmen und die Sache wo möglich vollkommen geheim zu halten.

      O'Flaherti, ein wahres Muster eines Irländers der niederen Klassen, mit brennendrothem Haar und ordentlich Funken sprühender Nase – starkknochig und keck, mit unverwüstlichem Humor und nicht zu ermüdender Dienstfertigkeit, war denn auch, besonders noch durch die zugesicherte reichliche Belohnung gelockt, gern bereit, dem Doktor, wie er sich ausdrückte, »durch dick und dünn zu folgen,« heißt das, wenn sie es nur »mit wirklich todten« Personen zu thun hätten, und nicht etwa gar der Geist des »seligen Rothfells« neben dem Grabe säße und aus seinem Tomahawk schlechten Tabak rauche.

      Auch hatte Patrik – der sonst keinen Menschen fürchtete, eine nicht unbedeutende Scheu vor den Wilden selbst, da ihm schon in der Heimath die fürchterlichsten Schilderungen von diesen gemacht waren, die dort als Cannibalen und wahre Teufel verschrieen wurden. Das was er, in Illinois angekommen, hie und da über die letzten Einfälle und Gräuelscenen gehört, diente ebenfalls nicht dazu, ihm einen besseren Begriff von ihnen beizubringen, und so äußerte er denn auch diese Befürchtung ziemlich frei und offen gegen seinen neuen Herrn. Mac Botherme, obgleich er Ihm im Innern vollkommen recht gab, hütete sich jedoch wohl, ihm davon etwas merken zu lassen; im Gegentheil suchte er mit dem unbefangensten Lächeln von der Welt jede etwa aufsteigende Furcht in ihm zu beschwichtigen.

      Das gelang ihm denn auch vollkommen, und die Ausführung des Unternehmens wurde auf den nächsten Abend festgesetzt, da an diesem, als an einem Sonntag, nicht zu fürchten war, daß vielleicht irgend Jemand von Waterton auf der Jagd draußen sei, und zufällig in die Nähe des Indianischen Mound kommen könnte. Alle nöthigen Vorbereitungen wurden nun getroffen, und der Plan schien sich auch leicht und gefahrlos ausführen zu lassen.

      Der Doktor bewohnte nämlich ein eigenes kleines Haus mit zwei Abtheilungen, in deren einer er und der Diener schlief, während er die andere zu seinem Wohn- und Studierzimmer erhoben hatte. In das erstere nun sollte die Leiche geschafft und dort zubereitet werden, bis sich später einmal eine Gelegenheit fand, das hergerichtete Gerippe ohne Aufsehen an den Ort seiner Bestimmung zu befördern.

      Patrik mußte sich dabei Hacke und Schaufel zurecht legen, und der Doktor nahm die alte Muskete vom Haken, schnallte seinen breiten, bis dahin zu Schutz und Trutz über dem Bett hängenden Hirschfänger um, steckte ein Brecheisen und kleines Beil zu sich, um ohne weitere Mühe den Sarg öffnen zu können, und während er noch das Letzte – einen großen grauen Leinwandsack über seine Schultern hing, um darin den Leichnam desto leichter fortschaffen zu können, brachen an dem bezeichneten Abend die Beiden, als der Mond eben unterging (und das war etwa gerade um neun Uhr) vorsichtig auf, wobei sie, um jedes Aufsehen zu vermeiden und nicht etwa von einem noch zufällig auf der Straße Weilenden bemerkt zu werden, das kleine Haus umgingen, die nächste Fenz, die des Gastwirths Maisfeld einschloß, übersprangen, und dann durch dieses hin, und von den hohen breitblättrigen Maisstöcken vollkommen verdeckt, dem Walde zueilten.

      Es war dies allerdings ein ziemlich bedeutender Umweg, den sie machten; sie hatten ja aber die ganze Nacht vor sich, und setzten so, leise und geräuschlos, ihren dunkeln unheimlichen Weg fort. —

      Indessen saßen in der Schenke von Waterton die vier einzigen nicht religiösen Männer, die, außer dem Doktor und Patrik in dem kleinen Städtchen zu finden waren, fröhlich beisammen, und thaten dem erst frisch von Vincennes eingetroffenem Biere alle nur mögliche Ehre an. Diese vier waren aber erstlich James Glassy, der Wirth selbst, ein seit der frühsten Gründung von Waterton hier eingewanderter Pennsylvanier, und kurzweg von seinen Bekannten und Gästen Jim genannt, dann Josy, der Schmied, Weppel, der Schulmeister, und Shark, der Krämer.

      Eines nur, wie sie so friedlich und heiter bei einander saßen, wirkte höchst störend auf ihre Unterhaltung ein, und zwar ein Umstand, der vielleicht zugleich wieder die Dauer ihrer Eintracht verbürgte – sie waren alle viere Demokraten, hatten für Polk gestimmt, und im Ganzen eine so genau übereinstimmende Meinung in Allem was Politik betraf, daß Weppel der Schulmeister mehrere Male in aller Verzweiflung erklärte, er werde nächstens gegen seine Überzeugung des Whigticket stimmen, blos um einmal in einer so verwünscht langweiligen Gesellschaft widersprechen zu können.

      Die Politik war deshalb auch fast ganz aus ihrer Unterhaltung verbannt, und Jim hatte eben einen Bericht gegeben, wie viel Bienenbäume er im letzten Monat gefunden, während sich Josy seines Glücks auf der Jagd rühmte, mit dem er in voriger Woche zwei Hirsche und drei Truthühner geschossen und Shark behauptete dabei, er würde auch einen Hirsch und noch dazu einen recht feisten Bock erlegt haben, wäre ihm nicht gerade, als er die Büchse heben wollte, so eine verwünschte Rothhaut in die Quere gekommen, die ein paar Sekunden früher geknallt, und dadurch ein ungemein delikates Stück Wildpret für sich gewonnen hätte.

      »Wir sollten es überhaupt gar nicht mehr dulden,« fuhr jetzt Weppel auf, »daß diese schleichenden Hallunken, diese Indianer, hier immer um die Ansiedlung herum kriechen – in Arkansas leiden sie's auch nicht – ich hielt im vorigen Jahr am Mulberry Schule, und da fingen sie einmal einen ganzen Trupp von ihnen auf – es waren ihrer vierzehn oder fünfzehn – nahmen ihnen die Jagdbeute ab und jagten sie aus dem County.«

      »Ja,« sagte Shark geheimnißvoll – »das hat aber auch hier eine andere Bewandtniß – wißt Ihr denn nicht, was man sich in Vincennes über Waterton erzählt?«

      »In Vincennes?« frug ungläubig Josy – »was wissen sie denn in Vincennes von uns, wovon wir hier an Ort und Stelle noch nicht einmal etwas gehört haben sollten – Unsinn – wäre doch verdammt neugierig das zu erfahren!«

      »Was sie in Vincennes wissen, will ich Euch sagen,« fuhr Shark fort, trank sein Blechmaas aus, das ihm von der aufmerksamen Wirthin augenblicklich wieder gefüllt wurde, rückte sich seinen Stuhl ein bischen näher zum Tisch, putzte das Licht, stemmte beide Ellbogen auf, stützte gegen die zurückgestreckten Daumen das spitze Kinn, und sagte dann nach allen diesen Vorbereitungen mit leise flüsternder Stimme:

      »Sie glauben, es wäre hier nicht ganz richtig.« —

      »Nicht ganz richtig?« frugen die drei übrigen wie aus einem Munde.

      »Nein« – sagte der Krämer – »nicht ganz richtig – oder eigentlich gar nicht richtig, denn die Indianer schnüffelten blos deshalb hier noch in der Nähe herum, weil sie auf der Stelle, wo Waterton jetzt stünde, einen Schatz vergraben hätten, den sie heben müßten, ehe sie sämmtlich das Land verlassen dürften.«

      »Einen Schatz?« rief die junge Wirthin, erstaunt näher tretend.

      »Ja, einen Schatz von Gold, Silber und allerlei kostbaren Steinen und Schmucksachen« – fuhr der Krämer eben so geheimnißvoll wieder fort.

      »Aber wo sollten sie denn das Alles hergekriegt haben,« sagte der Wirth ungläubig – »das was die Indianer für kostbar halten, ist für uns Weiße keinen Pfifferling werth – das sind gewöhnlich immer nur Muschelstückchen, die an den Wampum

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