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also flüchtig, und ohne daß man selbst davon Notiz nimmt, sondern so wie Knaben erröten, welche fühlen, daß sie in ihrer Befangenheit lächerlich werden, und die infolge davon mehr und mehr Scham empfinden, röter und röter werden, und fast in Thränen ausbrechen.

      So seltsam war es, dieses verständige, männliche Antlitz in solch einem knabenhaften Zustande zu sehen, daß selbst Oblonskiy abstand, es länger noch anzublicken.

      „Aber wo wollen wir uns sehen? Ich muß dich ja so dringend sprechen,“ fuhr Lewin fort.

      Oblonskiy schien nachzudenken.

      „Machen wir es so: Wir fahren zu Gurin frühstücken und dort können wir uns unterhalten; bis drei Uhr stehe ich zu deiner Verfügung.“

      „Nein,“ antwortete Lewin sinnend, „ich muß noch weiter fahren.“

      „Gut; dann speisen wir Mittag zusammen.“

      „Speisen? Ich will ja gar nichts Besonderes von dir, nur zwei Worte mit dir sprechen, dich etwas fragen; dann können wir uns meinethalben unterhalten.“

      „Nun, so sag mir diese zwei Worte und nach dem Mittagessen können wir weiter reden.“

      „Die zwei Worte sind diese,“ sagte Lewin, „jedoch – sie haben nichts Besonderes.“ —

      Sein Gesicht nahm plötzlich einen zornigen Ausdruck an, welcher von dem Bestreben, seine innere Gepreßtheit zu unterdrücken herrührte.

      „Was machen die Schtscherbazkiy? Steht es noch immer bei ihnen wie früher?“ frug er.

      Stefan Arkadjewitsch, welcher längst wußte, daß Lewin in seine Schwägerin Kity verliebt war, lächelte fast unmerklich, seine Augen blitzten aber heiter auf.

      „Du sagtest mir zwar zwei Worte, ich aber bin nicht imstande, dir mit ebenso viel Worten nur zu antworten, denn – entschuldige auf einen Augenblick“ —

      Ein Sekretär trat mit Akten ein und näherte sich Oblonskiy mit freundlicher Ehrerbietung und einem gewissen, allen Sekretären gemeinsamen bescheidenen Selbstbewußtsein, welches hier hervorging aus dem Gefühl der Überlegenheit über seinen Vorgesetzten in der Kenntnis der Amtsgeschäfte. Der Sekretär begann mit fragendem Ausdruck eine Angelegenheit auseinanderzusetzen.

      Stefan Arkadjewitsch legte ohne den Sekretär zu Ende zu hören, freundlich seine Hand auf den Arm desselben.

      „Nein, nein, Ihr müßt schon so thun, wie ich gesagt habe,“ antwortete er ihm, seine Weisung durch ein Lächeln abschwächend und kurz auseinandersetzend, wie er die Sache auffasse. Er nahm die Akten weg und sagte: „So also macht Ihr es gefälligst wohl, Zacharias Nikitin!“

      Verwirrt entfernte sich der Sekretär.

      Lewin hatte sich während der Zeit der Beratung mit demselben vollständig wieder von seiner Verlegenheit befreit; er stand jetzt, beide Arme auf einen Stuhl gestützt und auf seinem Gesicht zeigte sich eine ironische Aufmerksamkeit.

      „Ich verstehe nicht, verstehe nicht,“ sprach er.

      „Was verstehst du nicht?“ frug Oblonskiy, mit sonnigem Lächeln eine Zigarette hervorholend. Er erwartete von Lewin wieder eine seltsame Deduktion.

      „Ich verstehe nicht, was Ihr da thut,“ sagte Lewin, die Achseln zuckend. „Wie kannst du das vollen Ernstes thun?“

      „Wovon sprichst du denn?“

      „Nun, davon, daß – Ihr nichts thut!“

      „So denkst du wohl, aber wir sind von Geschäften überhäuft.“

      „Von papiernen. Mag sein, du hast eine besondere Anlage dazu,“ bemerkte Lewin.

      „Denkst du, daß ich etwa Mangel daran litte?“

      „Ist nicht ganz unmöglich,“ antwortete Lewin. Aber nichtsdestoweniger liebe ich deine Erhabenheit hier und bin stolz, daß ich einen so großen Mann zum Freunde habe. Du hast mir aber doch noch nicht auf meine Frage geantwortet,“ fügte er hinzu, mit verzweifelter Anstrengung Oblonskiy gerade in das Auge schauend.

      „Nun, gut, gut; warte noch ein wenig und du wirst schon noch hören. Es ist recht gut, wenn man nicht weniger als dreitausend Desjatinen Landes im Karazinsker Kreise besitzt und solche Muskeln hat wie du, solch eine Frische wie ein zwölfjähriges Mädchen – aber du kommst schon auch noch auf unseren Standpunkt. Was aber jenes andere anbetrifft, wonach du frugst, so ist von einer Veränderung nichts zu berichten; schade indessen ist es, daß du so lange nicht hier gewesen bist.“

      „Ist etwas vorgefallen?“ frug Lewin erschreckt.

      „Nein, nichts,“ antwortete Oblonskiy. „Wir werden schon noch weiter sprechen, warum aber bist du denn eigentlich nach Moskau gefahren?“

      „O, davon werden wir gleichfalls nachher sprechen,“ versetzte Lewin, wiederum bis an die Ohren errötend.

      „Schön. Ich begreife,“ äußerte Stefan Arkadjewitsch.

      „Weißt du übrigens, ich würde dich zu mir einladen, allein meine Frau ist jetzt nicht recht gesund. Willst du indessen die Schtscherbazkiys heute sehen, so sind sie aller Wahrscheinlichkeit nach jetzt im Zoologischen Garten, von vier bis fünf Uhr. Kity läuft Schlittschuh. Fahre hin, und ich werde auch nachkommen; wir können alsdann irgendwo vereint dinieren.“

      „Ausgezeichnet, auf Wiedersehen also.“

      „Sieh aber zu, denn so wie ich dich kenne, kannst du alles plötzlich vergessen haben, oder wieder auf das Dorf gefahren sein!“ rief Stefan Arkadjewitsch lachend aus.

      „O nein; gewiß nicht.“

      Er eilte davon, und besann sich erst an der Thür des Kabinetts, daß er die Kollegen Oblonskiys gar nicht zum Abschied begrüßt hatte.

      „Er scheint ein sehr energischer Herr zu sein,“ sagte Grinjewitsch, nachdem Lewin gegangen war.

      „Ja, Verehrtester,“ antwortete Stefan Arkadjewitsch, den Kopf schüttelnd – „der ist doch ein Glückspilz! Dreitausend Desjatinen Landbesitz im Karazinsker Kreise, und diese Gesundheit! Könnte es unser einem nicht ebenso gut ergehen.“

      „Beklagt Ihr Euch etwa noch, Stefan Arkadjewitsch?“

      „Ach ja, es ist recht traurig, recht schlimm,“ antwortete Stefan Arkadjewitsch mit einem schweren Seufzer.

      6

      Als Oblonskiy Lewin gefragt hatte, aus welchem Grunde derselbe eigentlich angekommen sei, war Lewin rot geworden; er war in Zorn geraten über sich, daß er rot geworden, und nicht in der Lage gewesen war, eine Antwort auf diese Frage zu geben, welche lauten sollte: „Ich bin gekommen, um deiner Schwägerin einen Antrag zu machen,“ da er ja doch nur zu diesem Zwecke gekommen war.

      Die Familien der Lewin und Schtscherbazkiy waren von altem Moskauer Adel und standen stets miteinander in nahen und freundschaftlichen Beziehungen. Dieses Freundschaftsband wurde noch mehr befestigt zur Zeit der Universitätsstudien Lewins. Er bereitete sich zu gleicher Zeit wie der junge Fürst Schtscherbazkiy, der Bruder Dollys und Kitys, zum Studium vor, und bezog zugleich mit diesem die Hochschule.

      In jener Zeit war Lewin oft im Hause der Schtscherbazkiy gewesen, er hatte sich in die Familie derselben verliebt. So seltsam dies wohl erscheinen mag, aber Konstantin Lewin war thatsächlich in das Haus, in die Familie verliebt, und zwar besonders in die weibliche Hälfte der Familie Schtscherbazkiy.

      Lewin selbst hatte seine Mutter nie gekannt, seine einzige Schwester war älter als er, so daß er im Hause der Schtscherbazkiy zum erstenmal jenen Kreis des alten, feingebildeten und ritterlichen familiären Adelslebens kennen lernte, dessen er durch den Tod der Eltern verlustig gegangen war.

      Alle Glieder dieser Familie, insbesondere die weiblichen, erschienen ihm wie von einem geheimnisvollen, poetischen Schleier verhüllt und er erkannte in ihnen nicht nur keinerlei Mängel, sondern vermutete vielmehr unter jenem poetischen Schleier, der sie deckte, die erhabensten Gefühle und alle nur erdenkbaren Vollkommenheiten.

      Wozu die drei Damen abwechselnd den Tag hindurch französisch und englisch sprachen, weshalb sie zu bestimmter

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