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es. Nur eins beunruhigt mich! Wie gelangt die Nachricht an Bord der beiden Engländer?«

      »Dafür laßt mich sorgen. In Neßmersiel sind Handelsleute genug, die täglich hinüberfahren – einem unter ihnen gebe ich die Bestellung schriftlich mit«

      »Und du kennst auch an Ort und Stelle Räumlichkeiten, die den Kaffee aufnehmen können?«

      »Mehr als genug. Ich selbst habe Scheunen und Ställe, mehrere andere vertraute Leute auch. Wir fahren mit acht Lastwagen.«

      »Das wird genügen, Jakob. Es ist doch immer gut, wenn man mit vernünftigen Kameraden eine Angelegenheit erst überlegt!«

      »Bringe uns noch eine von den grünen Flaschen, Mutter«, setzte er dann hinzu. »Wenn das Geschäft gelingt, haben wir Tausende verdient.«

      Die alte Frau seufzte. »Ja, wenn! Mir ist bei diesen Geschichten immer himmelangst, das kann ich euch sagen.«

      »Nun, Alte, dieses Mal wird ja das letzte sein. Bitte nur den lieben Gott, daß der Fuchs, der Peter Witt, von dem allen keine Kenntnis erlange. Der Verräter schnüffelt seit Heye Wessels prachtvoller Kriegslist fortwährend zwischen den Schaluppen herum, er will sich noch solch ein buntes Spielzeug verdienen, dafür würde er ganz Deutschland an seine geliebten Franzosen ausliefern, glaube ich.«

      Jakob Brahms lächelte. »Erwischt man den Patron, so bekommt er eins auf den Kopf«, war seine kaltblütige Erklärung. »Man schlägt ihn nieder wie einen tollen Hund.«

      Der Lauscher hörte jedes Wort, er ballte heimlich die Faust, dann aber überflog ein höhnisches Lächeln sein Gesicht. Geräuschlos, wie er gekommen war, glitt er auch wieder hinaus und über den Hof auf die Straße.

      »Bete nur, Frau Douwe«, knirschte er, »bete fleißig. Wir werden ja sehen, wer den Sieg behält, du oder ich.«

      Die beiden Männer drinnen im Zimmer beredeten unterdessen alle Einzelheiten ihres Planes; auch Onnen kam hinzu und bat so lange, bis ihm erlaubt wurde, den beabsichtigten Zug mitzumachen. »Gottlob, daß es der letzte ist«, rief er. »Ich will lieber Kaffee und Zucker entbehren als meinen Vater mit den Gesetzen im Streit wissen.«

      »Du bist ein Grünschnabel«, rief halb ärgerlich der Kapitän. »Franzosengesetze verlache ich, sie sind für deutsche Männer nichts als Plunder, ich pfeife darauf!«

      Frau Douwe suchte ihn zu beschwichtigen. »Du sagst ja selbst, daß es nun zu Ende ist, Vater! – Ach, ich will ganz frei aufatmen, sobald nur diese unheimlichen Streifzüge aufhören.«

      Jakob Brahms verabschiedete sich und die kleine Familie blieb allein, um bald darauf die nächtliche Ruhe zu suchen. Aber der Kapitän konnte lange nicht einschlafen, und als er endlich die Augen schloß, da quälten ihn schwere Träume – mitten in der Nacht fuhr er plötzlich auf.

      »Mutter, Mutter, hörst du denn nichts?«

      Frau Douwe erwachte. »Was gibt es, Klaus?« rief sie sehr erschrocken.

      »Da, da, der Himmel und die Erde sind rot – über ganz Norderney schlägt eine riesige Blutwelle!«

      »Klaus, mein bester Klaus, so wache doch auf!«

      Sie rüttelte ihn am Arme, sie streichelte sein eiskaltes Gesicht.

      »Was hast du denn, Klaus? So sprich doch ein vernünftiges Wort!«

      Endlich erwachte er. Die kleine Öllampe brannte auf dem Tisch, vom Fenster herab hingen saubere weiße Vorhänge; das ganze trauliche Zimmer machte den angenehmsten, gemütlichsten Eindruck Klaus Visser schauderte.

      »Ich sah eine große Blutwelle, Mutter! Hab ich dich sehr erschreckt, du Arme? – Ach, es war schauerlich, die Woge ging hoch über unser Haus hinweg.«

      Frau Douwe weinte. »Ach, wenn du das als Warnung nehmen wolltest, mein guter Klaus, wenn du dich bitten ließest!«

      Er wandte verdrießlich den Kopf. »Ein Traum, weiter nichts! Mir träumte auch schon einmal von einem Riesenschellfisch, der nach mir schnappte – und ist später doch keinerlei Böses passiert. Ich wollte nur, es wäre erst Sonnabend.«

      Mehr wurde nicht gesprochen, aber Frau Douwe blieb verstimmt und auch am folgenden Morgen war sie sehr einsilbig.

      Die kleine Familie saß eben beim Frühstück, als auf der Straße ein plötzliches Geräusch entstand. Die Leute liefen hin und her, bald kam der Lärm näher heran – es war das Gewirbel der französischen Trommeln.

      Wieder ein neues Gesetz, irgendeine Bosheit, um den armen Leuten noch das letzte zu nehmen.

      Die alte Folke Eils schüttelte den Kopf. »Was mögen sie denn jetzt verbrennen wollen, die Unmenschen? Ach, man führt doch ein trauriges Leben! Die Waren ins Feuer geworfen, das Bett weggenommen, den Handel verboten – was soll so eine arme alte Frau anfangen?«

      Und sie weinte bitterlich, wie immer, so oft die Trommel erklang.

      Der Kapitän ging in Onnens Begleitung zur Sammelstelle. Das mußte etwas sehr Wichtiges sein, was heute verkündet werden sollte; die gesamte Besatzung war aufmarschiert, das Offizierkorps in voller Uniform, der Präfekt Jeannesson in seiner Amtstracht, der Dolmetscher mit Papieren in der Hand. Sie bildeten vor dem alten Badehause einen weiten Halbkreis, dessen letzten Hintergrund die Mastspitzen der Kanonenboote ausmachten; es glänzte und flimmerte überall von Uniformen, Waffen und Schmuck.

      Neben dem Obersten Jouffrin stand ein Unteroffizier, der die französische Fahne an einer langen Stange in der Hand trug.

      »Potz Blitz!« flüsterte der Kapitän, »das wird ja wichtig.«

      Er ließ sich nicht träumen, welch eine Verfügung eben jetzt getroffen worden war.

      Neuer Trommelwirbel, dann ein ängstliches Schweigen rings umher. Die Leute horchten voll geheimer Furcht.

      Nun begann auf ein Zeichen des Obersten der Amtsschreiber seinen Vortrag.

      »Proklamation!

      Seine Majestät der Kaiser geruhen zu befehlen wie folgt: In anbetracht der immer wiederholten und beharrlich trotz aller erlassenen Gesetzesvorschriften fortgeführten Schmuggeleien wird hierdurch nachstehende Verordnung publiziert und männiglich zur Kenntnis gebracht. Wer von heute an bei einem Unternehmen, das mit der verbotenen Einführung englischer Waren direkt oder indirekt zusammenhängt, bei irgendeiner Art von Schmuggelei oder Steuerhinterziehung betroffen wird, der soll nach Gesetz und Recht öffentlich vor allem Volke die Todesstrafe erleiden und durch Pulver und Blei verdientermaßen gerichtet werden, er sei wer er wolle.«

      Wie der Blitz in das Pulverfaß, so fielen die wenigen Worte in aller Herzen. Ein Aufschrei, ein Laut des Entsetzens, halb unterdrückt, ging durch die Menge.

      Erschossen! Hingerichtet! War es denn möglich?

      Und um einiger Pfunde Tee, um eines Zuckerhutes willen!

      Der Präfekt Jeannesson sah musternd über die Gruppen der Eingeborenen hinweg. »Leute«, sagte er mit hallender, ermahnender Stimme, »Leute, ihr wißt nun, woran ihr seid. Hoffentlich wird kein Blut fließen, kein einziger unter euch mit so ernsten Dingen ein vermessenes Spiel treiben wollen. Wir leben im Kriege, das bedenkt und hütet euch vor Übertretungen.«

      Todesstille lag auf den Versammelten, ein eisiges Grauen hielt die Herzen in Banden. Hinter den Reihen der Franzosen erhob sich ein spähendes Antlitz, aschfahl und verzerrt, aber doch voll heimlichen Triumphes. Unnatürlich glänzten die weitgeöffneten Augen, unnatürlich atmete in schweren Zügen die Brust. Es war Peter Wirt, der alles mitangehört hatte und der für sich den Erfolg, das Gelingen herankommen sah.

      Kain – wie ihn Aheltje nannte.

      Der Kapitän wandte den Blick. Es war sein eigenes Haus, über das er heute im Traume die Blutwellen dahingehen sah – jetzt fiel‘s ihm wieder ein.

      Die Leute ringsumher flüsterten, die Männer standen in Gruppen beieinander. Schlimmer, als es nun war, konnte es nicht mehr werden.

      Wieder rasselten die Trommeln; das war der Befehl zum Auseinandergehen. Es gab für die Inselbewohner keinen freien Willen mehr, sie mußten gehorchen wie Kinder.

      »Onnen«,

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