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ässälam!« antwortete ich ebenso höflich und in demselben persischen Dialekte.

      Halef hatte schon den Mund geöffnet, um zu sprechen; ich war ihm aber zuvorgekommen, denn seine vorschnelle Art und Weise war einem solchen Manne gegenüber nicht gut angebracht. Über die Züge des letzteren ging bei meiner Antwort ein freundliches Lächeln, und er fragte:

      »Du verstehst und sprichst persisch?«

      »Ja«, nickte ich.

      »Bist du Perser?«

      »Nein, aber ich war wiederholt und längere Zeit in diesem Lande, habe es liebgewonnen und besitze treue Freunde dort.«

      »Muhäbbät-i-tu käm nä schäwäd – deine Freundschaft möge nicht abnehmen! Ich bin Khutub Agha, der Basch Nazyr (Oberwächter, Oberaufseher) des Heiligtums von Meschhed Ali. Allah segne und beschütze diese Stätte!«

      Auch wenn er mich nun nicht so fragend angesehen hätte, wie er es jetzt tat, hätte die Höflichkeit es mir geboten, ihm meinen Namen auch zu nennen. Ich tat dies also:

      »Ich heiße Hadschi Akil Schatir Effendi und bin aus dem fernen Lande des Moghreb gekommen, um die Reiche des Ostens zu sehen und ihre Bewohner kennen zu lernen.«

      Das war aber meinem kleinen Halef viel, viel zu bescheiden ausgedrückt. Ich hatte das letzte Wort noch nicht ganz ausgesprochen, so fiel er schnell und außerordentlich eifrig ein:

      »Das ist aber nur der Anfang seines Namens; den glorreichen Fortgang und das herrliche Ende desselben pflegt er leider aus falscher Demut zu verschweigen. Er heißt mit seinem vollständigen Namen, der aber trotzdem noch viel, viel länger gemacht werden könnte, Hadschi Akil Schatir el Megarrib Ben Hadschi Alim Schadschi er Rani Ibn Hadschi Dajim Maschhur el Azami Ben Hadschi Taki Abu Fadl el Mukarram Effendi. Seine Geburtsstätte ist das große Wadi Draha, aus welchem nur berühmte Männer kommen, und in seinem Kopfe sind die Seiten, Zeilen und Paragraphen sämtlicher Wissenschaften aufgestapelt. Allah erhalte ihm diese Vorzüge seines Geistes!«

      Khutub Agha wartete geduldig und lächelnd, bis dieser lange Riemen abgewickelt worden war, und erkundigte sich dann:

      »Und du? Wer bist du, und wer sind die andern?«

      »Ich bin Hadschi Halef Omar Ben Hadschi Abul Abbas Ibn Hadschi Dawuhd al Gossarah, der oberste Scheik der Haddedihn vom großen Stamme der Schammar. Diese Männer sind einige meiner Krieger, welche mit uns nach Mekka pilgern, wo wir die heiligen Stätten sehen und verehren wollen.«

      Das bei der Nennung meines Namens etwas ironisch gewordene Lächeln des Persers verlor jetzt diesen Ausdruck.

      »Ich habe von den Haddedihn gehört«, sagte er. »Sie sind sehr brave und ruhige Leute, welche die Ehrlichkeit und den Frieden lieben. Sie besitzen einen Freund aus dem Abendlande, weicher Kara Ben Nemsi Effendi heißt und ihr Lehrer in allen nützlichen Künsten des Krieges und des Friedens gewesen ist.«

      »Das ist richtig; das ist wahr! Woher weißt du das? Von wem hast du es erfahren?«

      »Von einem Manne, der mir mitgeteilt hat, daß auch du ihn kennst, wenn du wirklich Hadschi Halef bist.«

      »Ich bin es. Wie heißt dieser Mann?«

      »Mirza Dschafar, mein bester Freund.«

      Mirza Dschafar! Der bei meiner letzten Reise mit Halef durch Persien eine für uns so bedeutende Rolle gespielt hatte! Der Perser nannte ihn Mirza Dschafar, nicht Dschafar Mirza, gab ihm also nicht den prinzlichen, sondern den gewöhnlichen Titel. Diese vorsichtige Art, diesen Namen zu nennen, gab mir den Beweis, daß er von Dschafar mehr wußte, als er hier sagen konnte. ich war überrascht. Khutub Agha bezeichnete Dschafar als seinen besten Freund, aber die eigentümlichen Verhältnisse des letzteren geboten uns doch, vorsichtig zu sein. Das beste war, gar nicht weiter auf diese Bekanntschaft einzugehen; leider aber war es dem sanguinischen Hadschi Halef gradezu unmöglich, in solchen Fällen, wie der gegenwärtige einer war, die von mir gewünschte Zurückhaltung zu üben. Ich wollte die Fortsetzung des Gespräches selbst übernehmen und ihm winken, zu schweigen; er sah mich aber in seinem Eifer gar nicht an und rief unmittelbar nach der Nennung des Namens, so daß ich gar keine Zeit fand, das Wort zu ergreifen, in froherstauntem Tone aus:

      »Mirza Dschafar! Unser persischer Freund! Den kennst du auch? Ja, du nennst ihn ebenso Freund, wie wir ihn nennen?

      Schau hin, und sieh den Chandschar (Dolch), welcher dort im Gürtel meines Effendi steckt! Diese Waffe ist ein Geschenk von Mirza Dschafar, welches für ihn und uns einen großen Wert besitzt!«

      O wehe! Welch eine Unvorsichtigkeit! Mit diesen Worten verriet Halef, ohne es zu wissen, daß ich gar nicht der Mann war, für den wir mich soeben ausgegeben hatten. Hanneh hustete warnend von ihrem Tachtirwahn herab; er sah zu ihr hinauf, ohne sie zu verstehen. Khutub Agha ließ sein Auge langsam über mich gleiten. Kein Zug seines Gesichtes sagte mir, ob er hinter unser Geheimnis gekommen sei oder nicht; aber er sprach von jetzt an nicht mehr zu Halef, sondern ausschließlich nur zu mir:

      »Erlaube, daß ich dich nach dem Wege frage, den ihr bis hierher geritten seid! Den Grund, welcher mich diese Bitte aussprechen läßt, werde ich dir nachher gleich mitteilen.«

      »Wir kommen aus der oberen Dschesireh«, antwortete ich, »und sind südwärts von Hit über den Euphrat gegangen.«

      »Habt ihr den Nedschef-See berührt?«

      »Nein.«

      »Also auch nicht den Karawanenweg, welcher von Hilleh und Meschhed Ali nach Mekka führt?«

      »Nein. Der hat stets weit links von unserem Pfade gelegen.«

      »Wie schade!«

      »Warum schade?«

      »Wäret ihr diesen Weg geritten, so könntet ihr mir wahrscheinlich Auskunft über eine kleine Karawane geben, nach weicher wir suchen.«

      »Suchen? Ihr sucht? Sonderbar!«

      »Sonderbar? Warum nennst du unser Suchen so?«

      »Weil du nach ihr suchst und mir doch sagst, wo sie zu finden ist, nämlich auf dem Wege von Meschhed Ali nach Mekka.«

      »So will ich dir mitteilen, daß diese Karawane allen Grund hat, sich vor uns zu verstecken.«

      »Wenn sie sich vor euch verbergen muß, hat sie auch alle Ursache, sich von andern, die sie an euch verraten könnten, nicht sehen zu lassen.«

      Er nickte leise vor sich hin, ließ ein befriedigtes Lächeln um seine Lippen spielen, als ob bei ihm ein heimlicher Gedanke Bestätigung gefunden habe, und fuhr dann weiter fort:

      »Ich sehe jetzt, daß du wirklich ein außerordentlich kluger Effendi aus dem Moghreb bist, denn du hast in einigen Augenblicken und in ganz wenigen Worten mehr durchdacht und mehr gesagt, als ein anderer Mann nach tagelangem Nachdenken erforschen würde und in einer stundenlangen Rede ausdrücken könnte. ich errate darum deine Gedanken und weiß also, daß du dich wunderst, uns hier an dieser Stelle zu sehen.

      »Du irrst. Ein anderer würde sich wundern, daß ihr hier seid, während du doch selbst sagst, daß die von euch Gesuchten den weit von hier liegenden Karawanenweg eingeschlagen haben. Ich aber schließe aus eurem Hiersein darauf, daß diese Leute von dem Karawanenwege abgewichen sind. Ihr werdet, denke ich, die Spuren dieses Abweichens gefunden haben.«

      »Effendi, du bist noch scharfsinniger, als ich dachte! Ja, du hast recht. Wir haben entdeckt, daß sie von dem Meschhed-Ali-Wege nach Westen abgewichen sind.«

      »Wußten sie sich verfolgt?«

      »Nein. Aber sie mußten sich allerdings sagen, daß man ihnen sofort nachjagen werde, falls ihre Tat zur Entdeckung käme.«

      »Darf ich fragen, was für eine Tat es ist?«

      »Dir sage ich es. Man hat das Heiligtum von Meschhed Ali bestohlen. Kannst du das glauben?«

      »Warum nicht? Ich kenne Menschen, welche noch viel Schlimmeres getan haben.«

      »Etwas Schlimmeres gibt es nicht! Wer das Heiligtum bestiehlt, der bestiehlt Allah!«

      »Ein Faulenzer,

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