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ihm also vor, daß sie einen Wettlauf anstellen wollten, wonach der Verlierer das Feld räumen sollte. Der Böse willigte ein und…«

      »Halt!« rief der Methodist jetzt, indem er sich in seinem Eifer von dem Stamm erhob, auf dem er gesessen, »nicht geziemt es mir, am heiligen Sabbat solchen Erzählungen zu lauschen. Armer, verblendeter Heide – das ist dein unseliger Aberglaube, der dich an diesem Gewebe der Lüge hängen läßt – scheuche ihn von dir! Jesus Christus…«

      Der Indianer sprach, während der Methodist diese Warnung schnell ausstieß, kein Wort, er unterbrach ihn mit keiner Silbe, aber er heftete einen so wilden Zorn und Ingrimm sprühenden Blick auf den Prediger, daß dieser erschrocken in seiner Rede einhielt und scheu nach dem nicht weit entfernten Hause zurücksah. Assowaum bezwang jedoch den in seiner Brust tobenden Sturm, und nur finster den fremden Apostel betrachtend, sprach er, als dieser plötzlich schwieg, mit fester, wenn auch leiser Stimme:

      »Ich habe Euren Worten gelauscht. Ihr habt mir von dem Häuptling erzählt, der Stöcke in Schlangen verwandelte und Wasser aus dem Felsen preßte; von dem Fisch, der den Menschen tagelang in seinem Bauch aufbewahrte und dann wieder ans Land spie; von dem Propheten, der auf einem feurigen Wagen in den Himmel fuhr, und von dem, der geopfert wurde und starb und doch wieder lebendig auf die Erde kam. Assowaum hat alles geglaubt. Ich erzähle Euch jetzt, wie der Große Geist in diesem Teil der Welt seine Kinder erschaffen habe, und Ihr nennt mich einen Lügner. Geht!« sagte er, seinen Arm dabei gegen den etwas beschämten Prediger ausstreckend, »das Auge des blassen Mannes sieht nur auf die Seite, auf der sein eigener Wigwam steht – alles andere ist schwarz.«

      Ohne eine weitere Antwort abzuwarten, schritt Assowaum, das Nachbringen des Gepäcks seiner Squaw überlassend, dem Hause zu.

      Hier hatte Harper indessen seine Geschichte unter dem Gelächter und den Beileidsbezeigungen der übrigen vollendet, die sich, als Mittag heranrückte, größtenteils wieder nach ihren verschiedenenen Wohnorten zerstreuten, um dort ihre Mahlzeiten nicht zu versäumen. Nur Harper und Brown waren von der alten Mrs. Roberts als so »gar seltene Gäste« eingeladen worden, an dem einfachen Mahl teilzunehmen.

      Ehe der Tisch gedeckt wurde, winkte Roberts noch einmal dem jungen Brown zu, mit ihm zu der Einfenzung zu kommen, wo er seine guten Pferde hielt, denn auf sie konzentrierte sich sein ganzer Stolz und Ehrgeiz. Niemand im Staat durfte bessere Pferde haben als er, und wer mit dem alten Roberts tauschte, konnte sicher sein, daß er den kürzeren zog, denn keiner hatte ein sicheres Auge für die Fehler oder Tugenden des edlen Tieres als gerade dieser.

      Ehe wir übrigens mit dem alten Mann näher bekannt werden, möchte es vielleicht nötig sein, eine kleine Schwäche zu erwähnen, die er sich in seinen Reden angewöhnt hatte. Er kam nämlich stets aus dem Hundertsten ins Tausendste, das heißt: Er vermochte nie den Satz, von dem er ausgegangen, festzuhalten. Die, welche näher mit ihm bekannt waren, wußten das schon und unterbrachen ihn immer zur rechten Zeit, wo er sich dann augenblicklich zu seinem ersten Satz zurückfand. Ließ man ihn aber ungestört reden, so verlor er die Bahn und kam endlich, ohne sich auch nur mit einem Worte noch an das erinnern zu können, was er hatte sagen wollen, zu einem plötzlichen Halt.

      In dem sogenannten »Lot« angelangt, machte er nun den jungen Mann auf die einzelnen Tiere besonders aufmerksam, pries ihm, wie billig er dieses, wie teuer er das gekauft, was für Wetten jenes gewonnen, in wieviel Minuten ein anderes die Bahn durchlaufen. Er befand sich auch hier so recht in seinem Element, noch dazu, da ihm Brown nicht undeutlich zu verstehen gab, er gedenke in diesen Tagen selbst ein Pferd von ihm zu kaufen, und zwar ein starkes, kräftiges, das für den texanischen Freiheitskampf tauglich sei.

      »Das könnt Ihr bei mir bekommen, Brown, das könnt Ihr bekommen!« rief der Alte freudig, in dem Augenblick ganz vergessend, daß er dadurch den jungen Mann aus der Nachbarschaft verlieren würde. »Dort der Fuchs ist ein Mordspferd – nicht totzumachen – abends so munter wie morgens und erst vier Jahre alt – aber – wie ist mir denn? Ihr wollt nach Texas? Zum Henker, das leiden wir nicht – ich verkaufe gern ein Pferd, doch soll mich…« Er sah sich unwillkürlich um, ob seine Frau nicht zufällig in der Nähe wäre und sein Fluchen hören könnte. »Nein, Brown, das ist nichts. Texas ist ein Land, wo es keinem Christenmenschen gut geht.«

      »Dieses ruhige Leben hier sagt mir aber nicht zu; ich muß mich ein wenig in der Welt umsehen«, sagte der junge Mann, »später komm’ ich wieder zurück.«

      »Von Texas, eh? Von dort kommt niemand mehr zurück – kein ordentlicher Kerl wenigstens —, alle Schufte und Spitzbuben gehen ja jetzt dorthin, und das Sprichwort ’Geh in die Hölle‹ ist ganz abgekommen, man wird noch boshafter und wünscht den Leuten eine Reise nach Texas. Der Boden dort ist auch nicht besser als der unsere; ich habe unten im Canebottom Land, das ich nicht für zehn Dollar den Acker verkaufen möchte, und die Mast – Sie sollen einmal im nächsten Winter meine Schweine sehen; ich habe mir auch von Atkins eine neue Art gekauft – die mit ungespalteten Hufen. Atkins ließ mir zwei ab, und ich hätte noch mehr genommen, sein Bruder aber, der Advokat in Poinsett County, der sich erst neulich dort niedergelassen hat, denn das wißt Ihr doch, daß jetzt eine Menge Menschen dort in den Sumpf gezogen sind?«

      »Bei Euch wird es jetzt auch recht still im Hause werden«, sagte Brown, der einen Augenblick in tiefen Gedanken vor sich hingestarrt hatte. »Euer Sohn ist nach Tennessee, und wenn – Marion heiratet…«

      »Ja, das ist wahr; wird mir sonderbar vorkommen. Nun, ich bin auch nicht schuld daran, habe genug dagegen geschimpft. Ich weiß nicht, ich kann den Prediger nicht leiden.«

      »Er scheint sonst ein ordentlicher, stiller Mann zu sein!«

      »Still? Ja – sehr still; aber – unter uns – er kommt mir gar nicht wie ein Mann vor. Neulich hat ihm Heathcott Sachen gesagt, nach denen ich ihm ein Messer durch den Leib gerannt hätte, Rowson erwiderte aber nichts. Der Heathcott ist zwar ein wilder Bursche, sein Vater war noch einer von den alten Virginiern, die damals…«

      »Wie Ihr mir sagtet, ist die Hochzeit in vier Wochen, nicht wahr?«

      »In vier Wochen – ja – ich hab’ ihm gesagt, daß er meine Tochter nicht eher bekommen kann, bis er das Land gekauft, auf dem er wohnt, und sich überhaupt so eingerichtet hat, daß er eine Frau anständig ernähren kann. Man braucht hier im Walde gerade nicht viel, aber ein kleines Kapital ist doch nötig: bar Geld ist überhaupt etwas sehr Seltenes…«

      »Wovon ernährt sich Rowson eigentlich? Für sein Predigen empfängt er doch kein bares Geld?«

      »Nein – bewahre, er hat aber noch ein kleines Vermögen in Tennessee, acht- oder neunhundert Dollar, wie er mir gesagt hat. Einen Teil von dem erwartet er in drei Wochen, und dann hab’ ich meine Einwilligung zugesagt – die Mutter ist ganz versessen auf die Verbindung. Ich hätte auch nichts dagegen, aber der Blick von dem Menschen gefällt mir nicht. Es ist sonderbar, was der erste Blick manchmal für einen Eindruck macht. In Tennessee, wo ich doch früher wohnte und wo mein Vater am Wolfriver achtzig Acker Land hatte – Sie kennen doch den Wolfriver? —, herrliches Land, und in Memphis, kaum eine halbe Meile davon, ist auch ein vorzüglicher Markt für alle Produkte. – Wie lange ist’s nun her, daß ich nicht in Memphis war? Lieber Gott, wie die Zeit vergeht, das war damals, als das erste Dampfboot vorbeikam – die ’New Orleans‹. Ja, ja, das muß 1811 gewesen sein – 1811. Nachher kam der Krieg wieder, und wir marschierten hinunter nach Louisiana, kamen aber zu spät; Old Hickery hatte die Britischen schon geklopft. Dann später, 1815, war der starke Frost, der uns damals die ganze Frucht verdarb – so ein Frost ist mir auch im Leben noch nicht wieder vorgekommen. Aber, Brown – an was denkt Ihr denn eigentlich? Ihr seht ja so starr vor Euch nieder, fehlt Euch etwas? – wovon sprach ich doch gleich?«

      »Mir? nein – nichts – ich habe etwas Kopfschmerz und glaube, ich habe heute morgen zuviel über Onkel Bens Abenteuer gelacht. Ja, wir sprachen von unserem Pferdehandel.«

      »Oh, das hat noch Zeit! – Aber hallo – wer kommt da? Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs Mann zu Pferde, und alle mit Büchsen und Messern? Nun, das ist eine gute Empfehlung bei meiner Frau. Heathcott und Mullins und Smith und Heinze, der Herr segne uns, das sind die Regulatoren, da brennt’s wieder irgendwo. Nun, wir werden ja gleich hören.«

      Der alte

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