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mag es nun nicht wissen. Packe dich von dannen!«

      »Aber ich bitte dich – — —«

      »Packe dich!«

      »Soll ich dir noch einen Piaster geben?«

      »Ich nehme nicht einen mehr!«

      »Sihdi!«

      »Sondern zwei!«

      »O, Sihdi, deine Stirn leuchtet vor Güte. Hier hast du die zwei Piaster.«

      »Schön! Wer ist krank?«

      »Das Weib meines Herrn.«

      »Das Weib deines Herrn?« frug Halef verwundert. »Welche Frau?«

      »Er hat nur diese eine.«

      »Und soll Mamur gewesen sein?«

      »Er ist so reich, daß er hundert Frauen haben könnte, aber er liebt nur diese.«

      »Was fehlt ihr?«

      »Niemand weiß es; aber ihr Leib ist krank, und ihre Seele ist noch kränker.«

      »Allah kerihm, Gott ist gnädig, aber ich nicht. Ich stehe da, mit der Nilpeitsche in der Hand, und möchte sie dir auf den Rücken geben. Bei dem Barte des Propheten, dein Mund spricht eine solche Weisheit, als wäre dir bei der Kahnfahrt der Verstand in das Wasser gefallen! Weißt du nicht, daß ein Weib gar keine Seele hat und deshalb auch nicht in den Himmel darf? Wie also kann die Seele eines Weibes krank sein oder gar noch mehr krank als ihr Leib?«

      »Ich weiß es nicht, aber so wurde mir gesagt, Sihdi. Laß mich hinein zu dem Effendi!«

      »Ich darf es nicht tun.«

      »Warum nicht?«

      »Mein Herr kennt den Kuran und verachtet die Frauen. Die schönste Perle der Weiber ist ihm wie der Skorpion im Sande, und seine Hand hat noch nie das Gewand einer Frau berührt. Er darf kein irdisches Weib lieben, sonst würde die Fee nie wiederkommen.«

      Ich mußte das Talent Halef Aghas von Minute zu Minute mehr anerkennen, fühlte aber trotzdem große Lust, ihn seine eigene Nilpeitsche schmecken zu lassen. Jetzt ertönte die Antwort:

      »Du mußt wissen, Sihdi, daß er ihr Gewand nicht berühren und ihre Gestalt nicht sehen wird. Er darf nur durch das Gitter mit ihr sprechen.«

      »Ich bewundere die Klugheit deiner Worte und die Weisheit deiner Rede, o Mann. Merkst du denn nicht, daß er grad durch das Gitter nicht mit ihr sprechen darf?«

      »Warum?«

      »Weil die Gesundheit, welche der Effendi spenden soll, gar nicht zu dem Weibe käme, sondern am Gitter hängen bleiben würde. Geh fort!«

      »Ich darf nicht gehen, denn ich werde hundert Schläge auf die Sohlen bekommen, wenn ich den weisen Effendi nicht bringe.«

      »Danke deinem gütigen Herrn, du Sklave eines Aegypters, daß er deine Füße mit Gnade erleuchtet. Ich will dich nicht um dein Glück betrügen. Sallam aaleïkum, Allah sei bei dir und lasse dir die Hundert gut bekommen!«

      »So laß dir noch eins sagen, tapferer Agha. Der Herr unseres Hauses hat mehr Beutel in seiner Schatzkammer, als du jemals zählen kannst. Er hat mir befohlen, daß du auch mitkommen sollst, und du wirst ein Bakschisch erhalten, ein Geschenk, wie es selbst der Khedive von Aegypten nicht reicher geben würde.«

      Jetzt endlich wurde der Mann klug und faßte meinen Halef etwas kräftiger bei dem Punkte, an welchem man jeden Orientalen zu packen hat, wenn man ihn günstig stimmen soll. Der kleine Haushofmeister änderte auch sofort seinen Ton und antwortete mit hörbar freundlicherer Stimme:

      »Allah segne deinen Mund, mein Freund! Aber ein Piaster in meiner Hand ist mir lieber als zehn Beutel in einer anderen. Die deinige aber ist so mager, wie der Schakal in der Schlinge oder wie die Wüste jenseits des Mokattam.«

      »Laß den Rat deines Herzens nicht zögern, mein Bruder!«

      »Dein Bruder? Mensch bedenke, daß du ein Sklave bist, während ich als freier Mann meinen Effendi begleite und beschütze! Der Rat meines Herzens bleibt zurück. Wie kann das Feld Früchte bringen, wenn so wenige Tropfen Tau vom Himmel fallen!«

      »Hier hast du noch drei Tropfen!«

      »Noch drei? So will ich sehen, ob ich den Effendi stören darf, wenn dein Herr wirklich ein solches Bakschisch gibt.«

      »Er gibt es.«

      »So warte!«

      Jetzt endlich also glaubte er, mich »stören zu dürfen«, der schlaue Fuchs! Uebrigens handelte er nach der allgemeinen Unsitte, so daß er einigermaßen zu entschuldigen war, zumal das wenige, was er für seine Dienste von mir forderte, kaum der Rede wert zu nennen war.

      Was mich aber bei der ganzen Angelegenheit mit Bewunderung erfüllte, war der Umstand, daß ich nicht zu einem männlichen sondern zu einem weiblichen Patienten verlangt wurde. Da aber, abgesehen von den wandernden Nomadenstämmen, der Muselmann die Bewohnerinnen seiner Frauengemächer niemals den Augen eines Fremden freigibt, so handelte es sich hier jedenfalls um ein nicht mehr junges Weib, das sich vielleicht durch die Eigenschaften des Charakters und Gemütes die Liebe Abrahim-Mamurs erhalten hatte.

      Halef Agha trat ein.

      »Schläfst du, Sihdi?«

      Der Schlingel! Hier nannte er mich Sihdi, und draußen ließ er sich selbst so nennen.

      »Nein. Was willst du?«

      »Draußen steht ein Mann, welcher mit dir sprechen will. Er hat ein Boot im Nile und sagte, ich müsse auch mitkommen.«

      Der schlaue Bursche machte diese Schlußbemerkung nur, um sich das versprochene Trinkgeld zu sichern. Ich wollte ihn nicht in Verlegenheit bringen und tat, als ob ich nichts gehört hätte.

      »Was will er?«

      »Es ist jemand krank.«

      »Ist es notwendig?«

      »Sehr, Effendi. Die Seele der Kranken steht schon im Begriff, die Erde zu verlassen. Darum mußt du eilen, wenn du sie festhalten willst.«

      Hm, er war kein übler Diplomat!

      »Laß den Mann eintreten!«

      Er ging hinaus und schob den Boten hinein. Dieser verbeugte sich bis zur Erde nieder, zog die Schuhe aus und wartete dann demütig, bis ich ihn anreden würde.

      »Tritt näher!«

      »Sallam aaleïkum! Allah sei mit dir, o Herr, und lasse dein Ohr offen sein für die demütige Bitte des geringsten deiner Knechte.«

      »Wer bist du?«

      »Ich bin ein Diener des großen Abrahim-Mamur, der aufwärts droben am Flusse wohnt.«

      »Was sollst du mir sagen?«

      »Es ist großes Herzeleid gekommen über das Haus meines Gebieters, denn Güzela, die Krone seines Herzens, schwindet hin in die Schatten des Todes. Kein Arzt, kein Fakhir und kein Zauberer vermochte den Schritt ihrer Krankheit aufzuhalten. Da hörte mein Herr – den Allah erfreuen möge – von dir und deinem Ruhme und daß der Tod vor deiner Stimme flieht. Er sandte mich zu dir und läßt dir sagen: Komm und nimm den Tau des Verderbens von meiner Blume, so soll mein Dank süß sein und hell wie der Glanz des Goldes.«

      Diese Beschreibung einer bejahrten Frau schien mir ein wenig überschwänglich zu sein.

      »Ich kenne den Ort nicht, an welchem dein Herr wohnt. Ist er weit von hier?«

      »Er wohnt am Strande und sendet dir ein Boot. In einer Stunde wirst du bei ihm sein.«

      »Wer wird mich zurückfahren?«

      »Ich.«

      »Ich komme. Warte draußen!«

      Er nahm seine Schuhe und zog sich zurück. Ich erhob mich, warf ein anderes Gewand über und griff nach meinem Kästchen mit Aconit, Sulphur, Pulsatilla und all‘ den Mitteln, welche in einer Apotheke von hundert Nummern zu haben sind. Bereits nach fünf Minuten saßen wir in dem von vier Ruderern bewegten Kahne, ich in Gedanken versunken, Halef Agha aber stolz wie ein Pascha

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