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zurück, setzte sich dann nieder, wo er vorhin gesessen hatte, und sagte kein Wort. Auch ich suchte meinen Platz wieder auf und that so, als ob außer uns niemand anwesend sei. Es dauerte nicht lange, so entfernten sich die Beduinen, doch nicht, ohne uns vorher noch drohende Blicke zugeworfen zu haben.

      »Sihdi, der hatte Angst vor dir!« lachte Halef. »Ich sah ihm die Feigheit gleich am Anfange an.«

      »Das ist kein günstiges Zeugnis für dich! Reizt man einen Feigling zum Zorne?«

      »Er hat doch mich gereizt und nicht ich ihn!«

      »Läßt man sich von einem Feigling reizen?«

      »Wie du nur wieder einmal bist, Sihdi! Du selbst hast mich doch durch deinen Wink aufgefordert, ihm zu antworten!«

      »Habe ich dich aufgefordert, es in der Weise zu thun, in welcher es geschehen ist?«

      »Konnte ich anders? Was hatte er nach unserm Vermögen zu fragen? Ein ehrlicher Mann thut das nicht, und von einem unehrlichen Menschen muß es beleidigen, denn er hält mich für dumm genug, es ihm zu sagen. Ich habe zwar gesagt, daß ich ihn für einen Feigling halte, aber ich füge hinzu, daß er dazu ein Schurke ist; es giebt auch feige Schurken. Was denkst denn du von diesen Leuten?«

      »Ich halte sie für Ghasai-Beduinen, die bei dem geplanten Überfall der Karawane beteiligt sein sollen. Ich wollte, sie wären nicht hierhergekommen.«

      »Wenn ich dich nicht kennte, so würde ich sagen: Das klingt beinahe wie Angst! Mögen sie sein, wer und was sie sind, mir ist es gleich. Und wenn sie das sind, was du denkst, so haben sie auf die Karawane acht zu geben und also keine Zeit dafür übrig, sich mit uns zu beschäftigen. Wir sind vor ihnen sicher. Doch – — – horch!«

      Wir hörten das Geräusch scharrender und schlagender Hufe und begaben uns schnell nach dem Hofe. Die Beduinen, bei denen sich auch der Wirt befand, hatten unsere Pferde losgebunden und bemühten sich, aufzusteigen; die Hengste sträubten sich dagegen. Als Halef das sah, griff er nach seiner Peitsche; ich nahm ihn beim Arme und sagte:

      »Nicht schlagen! Es ist frech von ihnen, ja; aber sie sollen ihren Willen haben und ihre Strafe dadurch finden, daß sie abgeworfen werden.«

      Er bezwang seinen Grimm und antwortete mit. einem nicht etwa freundlichen Lachen:

      »Ganz recht, Sihdi, ganz recht! Aber sie sollen so herunter, daß sie es nicht bald und leicht vergessen werden. Überlaß das mir! Ich bringe das besser fertig, denn ich habe es mit den Rappen eingeübt.«

      Er machte ein sehr harmloses, ja beinahe wohlwollendes Gesicht, ging auf die Leute zu und fragte:

      »Ihr wollt die Pferde wohl einmal probieren?«

      »Ja, das wollen sie,« nickte der Wirt. »Aber die Tiere haben den Scheïtan[24] im Leibe und wollen niemand in den Sattel lassen.«

      »Ja, sie sind gewöhnt, nur gute Reiter zu tragen und scheinen diesen Solaib nichts zuzutrauen.«

      Da dies etwas höhnisch klang, fiel einer der Beduinen schnell ein:

      »Das mögen sie nur abwarten! Das Aufsteigen zu verwehren, ist weiter nichts; aber wenn wir erst einmal oben sitzen, dann sollen sie erfahren, ob wir Reiter sind oder nicht! Wir fordern dich auf, sie nur erst zu beruhigen!«

      »Diese liebe kann ich euch erweisen; aber ich sage euch vorher, daß sie euch abwerfen werden.«

      »Schwatze nicht, sondern probiere es!«

      »Wenn ihr wollt, ja; aber gebt mir nicht die Schuld, wenn ihr die Hälse brecht!«

      »Unsere Hälse gehören uns, aber nicht dir; wir werden sie selbst zu hüten wissen!«

      »Gut! Macht also, daß ihr hinaufkommt! Und haltet euch fest, sonst seid ihr schneller wieder unten als hinauf!«

      Daß diese Leute sich ohne Erlaubnis an unsere Pferde gemacht hatten, braucht nicht aufzufallen. Der Beduine ist ein geborener Reiter und gerät sehr leicht in Ekstase, wenn er ein selten gutes oder wohl gar reinblütiges Pferd sieht. Sein Verlangen, es einmal zu probieren, ist ein ganz selbstverständliches. Daher die Begeisterung und der Wunsch dieser drei Männer, welch letzteren sie wegen des vorangegangenen Streites gar nicht erst hatten aussprechen wollen.

      Die Hengste waren aufgeregt; sie schlugen noch jetzt um sich, obgleich wir, ihre Herren, nun zugegen waren. Da hob Halef den Arm und rief das eine Wort »Schusch!«[25] Sie standen sofort unbeweglich still; zwei der Beduinen stiegen auf und fanden den gewünschten Gehorsam. Sie ritten die ganze Schule durch und ahmten schließlich die Bewegungen des Barud-Spieles mit den plötzlichen Zickzackbewegungen nach, was hier in dem engen Hofe nicht ungefährlich war. Ich bemerkte, daß die Augen der Pferde fortwährend auf Halef gerichtet waren; die klugen Tiere wußten, um was es sich handelte. Eben jagten beide Reiter von entgegengesetzten Seiten aufeinander los, da erscholl Halefs Ruf »Litaht, litaht!«

      Der Hadschi trennte beide Worte durch einen schrillen Pfiff. Das war das Zeichen. Die Pferde warfen sich mitten im Galoppe hoch in die Luft – ein katzenartiges Krümmen des Rückens, ein blitzschnelles Auffußen und wieder Hochspringen – — die Reiter flogen in weiten Bogen aus den Sätteln und mit lautem Pralle auf die scharfkantigen Ziegel nieder, welche zerstreut umherlagen. Es herrschte kurze Zeit tiefe Stille; die Pferde standen still, und die Abgeworfenen lagen still; auch der Wirt und der dritte Beduine bewegten sich zunächst nicht; dann aber eilten sie zu den am Boden Liegenden hin. Auf dem Gesichte Halefs lag der Ausdruck stolzer Freude.

      »Was sagst du dazu, Sihdi?« fragte er. »Wie sind die Hengste dressiert?«

      »Vorzüglich,» antwortete ich. »Aber ich glaube, die Reiter haben Schaden genommen!«

      »Das ist mir gleich. Was haben sie sich mit unsern Pferden zu schaffen zu machen! Ich habe sie gewarnt, und du bist Zeuge, daß sie für ihre Hälse selbst sorgen wollten. Schau hin; sie haben ihren Lohn!«

      Der eine wollte sich aufrichten; er konnte nicht, denn er hatte das Bein gebrochen; der andere lag besinnungslos; ob auch er verletzt war, ließ sich jetzt nicht entscheiden. Wir gingen, um unsere Sachen aus der Stube zu holen. Als wir wiederkamen, hatten die Kerls sich miteinander besprochen und einen Beschluß gefaßt, den der Wirt uns mitteilen zu sollen schien, denn er erkundigte sich in feindseligem Tone bei mir:

      »Sag, ihr scheint fortzuwollen?«

      »Ja,« nickte ich.

      »Das geht nicht. Ihr müßt bleiben!«

      »Warum?«

      »Du siehst, was hier geschehen ist. Dieser Mann hat das Bein gebrochen, und dieser da ist vielleicht gar tot!«

      »Was geht das uns an? Wir haben sie gewarnt.«

      »Aber ihr habt den Pferden ein Zeichen gegeben, sie abzuwerfen!«

      »Das geht dich nichts an! Du hast uns zunächst zu sagen, was wir dir für das Essen zu bezahlen haben.«

      »Das werdet ihr später erfahren. Ich laß euch nicht fort.«

      »Pah! Du wirst uns wohl nicht halten!«

      »Das werde ich ganz gewiß, und wenn ihr mir nicht gehorcht, so werde ich meine Klage bis zum Pascha treiben!«

      »Damit machst du uns nicht bange! Wenn du denkst, uns dadurch furchtsam zu machen, daß du euerm hiesigen Sandschaki den hohen Titel eines Pascha giebst, so irrst du dich. Wir stehen unter dem direkten Schutze des Padischah, und selbst wenn das nicht wäre, so würden wir uns selbst zu beschützen wissen. Willst du uns sagen oder nicht, was das Essen kostet?«

      »Nein!«

      »So bezahle ich, was mir beliebt. Es wird mehr sein, als du zu fordern hast. Hier hast du!«

      Ich nahm das Geld aus dem Beutel und reichte es ihm hin, da schlug er mir von unten an die Hand, daß die Geldstücke zur Erde flogen. Ich warnte ihn:

      »Höre, Mann, ich bin nicht gewohnt, daß man nach mir schlägt oder mich in ähnlicher Weise beleidigt. Versuchst du das noch einmal, so zeige ich dir, wie ich solche Frechheiten zu bestrafen pflege! Geh weg!«

      Er

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<p>24</p>

Teufel.

<p>25</p>

»Still!«