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DSGVO - BDSG - TTDSG. Группа авторов
Читать онлайн.Название DSGVO - BDSG - TTDSG
Год выпуска 0
isbn 9783800594207
Автор произведения Группа авторов
Серия Kommunikation & Recht
Издательство Bookwire
Damit wird nun ausdrücklich klargestellt, was sich unter dem BDSG a.F. bereits aus der klarstellenden Rechtsprechung zu § 4 BDSG a.F. ergab. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte mehrfach festgestellt: „Soweit auf diese Weise [mittels Gesprächsaufzeichnung durch eine Telefonanlage zu Ausbildungszwecken auf der Grundlage einer Einigungsstellenentscheidung] personenbezogene Daten der Arbeitnehmer ... verarbeitet und genutzt werden, ist das zulässig“. Eine Betriebsvereinbarung darf datenschutzrechtliche Regelungen über die Erhebung und Verwendung von Arbeitnehmerdaten enthalten, wenn sich die Erlaubnisvorschrift im Rahmen der Regelungsautonomie der Betriebsparteien bewegt und diese die den Betriebsparteien etwa aus § 75 Abs. 2 BetrVG gezogenen Regelungsschranken nicht überschreitet. Dann ist sie „ein datenschutzrechtlich sinnvolles Regelungsinstrument“, das auch die Rechtssicherheit für die Beschäftigten wesentlich zu erhöhen vermag.
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Bei der Gestaltung einer Kollektivvereinbarung haben die Tarifpartei der Arbeitnehmer und der Betriebsrat, der nach § 75 Abs. 2 BetrVG die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer zu schützen und zu fördern hat, bei der Abwägung der Interessen des Arbeitgebers mit denen der Arbeitnehmer besonders die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer zu würdigen. Es ist also von den Vertragsparteien der Betriebsvereinbarung stets der Schutzauftrag des § 75 Abs. 2 BetrVG zu berücksichtigen; auch in dieser Hinsicht ist das vom „Gesetzgeber“ zu beachtende Verhältnismäßigkeitsprinzip streng zu wahren, sonst wäre eine vom Arbeitgeber aus der Betriebsvereinbarung abgeleitete Erlaubnis schon deswegen unwirksam.149
d) Erforderlichkeit
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Die Verarbeitung muss zur Erfüllung der rechtlichen Verpflichtung des Verantwortlichen auch erforderlich sein (ErwG 39). Das Erforderlichkeitsgebot impliziert, dass die Verarbeitung streng auf diejenigen Daten zu beschränken ist, die zur Erfüllung der Verpflichtung und zu dem sich aus der Verpflichtung ergebenden Zweck benötigt werden. Weitere Daten, die für den Verantwortlichen nützlich sein könnten und für einen anderen Zweck mit erhoben werden sollen, dürfen nicht nach Buchstabe c verarbeitet werden. Der Verarbeitungszweck muss sich aus der Verpflichtung präzise ergeben.150 Wenn die Verpflichtung auch dadurch erfüllt werden kann, dass anonyme Daten verarbeitet werden, ist eine Anonymisierung der Daten vorzunehmen.
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Die rechtliche Verpflichtung kann vom Verantwortlichen auch „herbeigeführt“ werden. Gemeint ist damit, dass ihn eine Verpflichtung auch erst dann treffen kann, wenn er beispielsweise Entscheidungen trifft, bestimmte Maßnahmen oder Handlungen vorzunehmen, an die der Gesetzgeber dann Informationspflichten knüpft, die sich auch auf die Verarbeitung personenbezogener Daten beziehen. Beschließt ein Unternehmen betriebliche Maßnahmen, die die Bestellung einer Fachkraft für Arbeitssicherheit nach § 5 des Gesetzes über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit (ASiG) erforderlich machen, dann kann die zuständige Behörde vom Arbeitgeber gem. § 13 ASiG verlangen, die zur Durchführung des Gesetzes erforderlichen Auskünfte zu erteilen und sich den Nachweis der Fachkunde der Fachkräfte für Arbeitssicherheit nach § 7 ASiG personenbezogen vorlegen lassen. Der Arbeitgeber ist selbstredend nicht verpflichtet, die unternehmerische Entscheidung für betriebliche Maßnahmen zu unterlassen, nur weil die Rechtspflichten zur Verarbeitung personenbezogener Daten zur Folge hätte, die ohne diese Maßnahme nicht eintreten würde.
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Auch wenn sich in dem vorstehenden Beispiel aus dem ASiG keine ausdrückliche Verpflichtung ergibt, dass eine elektronische Verarbeitung der Daten bei der Dokumentation der Fachkunde durch den Arbeitgeber und der Auskunft über die Fachkunde gegenüber der zuständigen Behörde erfolgen muss, so ist vor dem Hintergrund elektronischer Personalakten unzweifelhaft erkennbar, dass die Dokumentation mittels einer elektronischen Datenverarbeitung erfolgt. Daher muss die eine Rechtspflicht enthaltende Norm zwar hinreichend klar regeln, dass personenbezogene Daten zu verarbeiten sind, aber sie muss nicht dazu verpflichten, dies in elektronischer Form zu tun.151 Im Übrigen würde auch eine analoge Personalaktenführung mit der Aufzeichnung von Qualifikationen von Beschäftigten in den Anwendungsbereich des Datenschutzrechts, hier: § 26 BDSG, fallen, weil § 26 Abs. 7 BDSG auch auf Daten anzuwenden ist, die nicht in einem Dateisystem erfasst werden oder werden sollen.
4. Lebenswichtige Interessen (lit. d)
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Wenn es für den Schutz lebenswichtiger Interessen entweder der betroffenen Person oder einer anderen natürlichen Person erforderlich ist, dürfen aufgrund der Erlaubnis aus Buchstabe d personenbezogene Daten verarbeitet werden. In der Vorgängervorschrift des Art. 7 lit. d DSRl führte nur die Gefährdung des Betroffenen selbst, nicht die eines Dritten, zu einer Erlaubnis. Vernünftigerweise wurde mit der DSGVO eine Ausweitung des Interessenschutzes auch auf andere natürliche Personen, deren höchstpersönliche Rechtsgüter wie Leben und körperliche Unversehrtheit gefährdet sind, vorgenommen. Dabei gibt es dann allerdings keine Personenidentität zwischen gefährdeter Person und der betroffenen Person. Eine entsprechende Erlaubnisvorschrift für besondere Arten personenbezogener Daten, die ebenfalls die lebenswichtigen Interessen Dritter im Blick hat, findet sich in Art. 9 Abs. 2 lit. c DSGVO (siehe Art. 9 Rn. 22f.). „Lebenswichtige Interessen“ beziehen sich nicht nur auf das Risiko eines Todes, sondern auch auf andere Interessen am Schutz von höherwertigen Rechtsgütern wie der körperlichen Unversehrtheit oder auch der Menschenwürde als immaterielles Gut mit lebenswichtiger Funktion für die persönliche Freiheit.152
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In Art. 9 Abs. 2 lit. c DSGVO ist Voraussetzung für eine Berufung auf diesen Erlaubnistatbestand, dass die betroffene Person selbst nicht erreichbar oder (aus körperlichen oder rechtlichen Gründen) nicht in der Lage ist, über ihr informationelles Selbstbestimmungsrecht selbst zu verfügen und die Verarbeitung durch eine informierte Einwilligung zu erlauben. Die entsprechende Anforderung muss auch für den Erlaubnistatbestand des Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. c DSGVO gelten.153 Um die lebenswichtigen Maßnahmen ergreifen und eine zum Schutz der betroffenen Person notwendige Verarbeitung vornehmen zu können, darf die Verarbeitung sogar gegen den Willen der betroffenen Person erfolgen, wenn dieser etwa aufgrund eines Ereignisses so in seiner Willensbildung beeinflusst ist, dass er unter anderen Umständen mit hoher Wahrscheinlichkeit anders entscheiden und in die Datenverarbeitung einwilligen würde.154 Das erhellt, dass die Entscheidung über die Verarbeitung keinen Aufschub duldet, wenn ein besonderes Risiko aufgrund einer andauernden Bedrohungslage objektiv eine Verarbeitung erforderlich macht, um die lebenswichtigen Interessen einer Person zu schützen.
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Im ErwG 46 Satz 2 wird darauf hingewiesen, dass diese Vorschrift gegenüber anderen Vorschriften nachrangig ist und als „Auffangklausel“155 nur herangezogen werden soll, wenn die Verarbeitung „offensichtlich nicht auf eine andere Rechtsgrundlage gestützt werden kann“. Deshalb wird in der Praxis dieser Erlaubnistatbestand eine geringe Bedeutung haben, weil nichtöffentliche Stellen sich auf die Erlaubnis aus Buchstabe f (Abwägung) stützen könnten und öffentliche Stellen auf eine spezifische Vorschrift außerhalb der DSGVO oder auf eine Erlaubnis aus Buchstabe e berufen könnten.156
5. Öffentliches Interesse und Ausübung öffentlicher Gewalt (lit. e)
a) Erlaubnis in Verbindung mit einer Aufgabenzuweisung
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Die Vorschrift in Buchstabe e, die ihren Ursprung in Art. 7 lit. e DSRl hat, ist für sich allein kein die Datenverarbeitung hoheitlicher Stellen oder hoheitliche Aufgaben wahrnehmender Stellen des Privatrechts legitimierender Erlaubnistatbestand.157 Er stellt vielmehr klar, dass die im öffentlichen Interesse erfolgenden hoheitlichen Aufgaben nur dann eine Verarbeitung personenbezogener Daten rechtfertigen, wenn dem Verantwortlichen durch Rechtsvorschrift eine öffentliche