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      Jutta Michaud

      Kunst- und Kreativitätstherapie

      Auf dem Weg zur Erfüllung

      – Fictionage – Band 2

      Edition Sudijumi

      Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das des öffentlichen Vortrags sowie der Übertragung durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder andere Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung der Autorin Jutta Michaud reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

      Impressum

      Copyright: © 2014 Edition Sudijumi Berlin, Susanne Diehm, Jutta Michaud

      Druck und Verlag: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de

      Umschlagsgestaltung und Satz: CoBi, Berlin – Germany

      Layout, Korrektur: Iris van Beek

      Fotos: Diehm, Spura, Hochschober

      Printed in Germany

      Edition Sudijumi Berlin

      ISBN: 978-3-8442-9713-3

      Vorwort

      „Kunst- und Kreativitätstherapie. Auf dem Weg zur Erfüllung“ ist der zweite Band der Fictionagen-Reihe von Susanne Diehm (Sudi) und Jutta Michaud (Jumi).

      Das kreative und vielseitig ausgebildete Autorinnenteam möchte mit den Erzählungen rund um therapeutische Ausbildungen nicht nur unterhalten, sondern ihren Lesern Einblicke in Ausbildungsgänge ermöglichen, die mithilfe kreativer Therapien die Genesung der Seele in den Mittelpunkt stellen.

      Darüber hinaus wird geschildert, wie die Auszubildenden im Therapieberuf persönlich profitieren und welche Perspektiven sie für ihr jeweiliges Arbeitsfeld entwickeln können. Die handelnden Akteure sind fiktiv, Ähnlichkeiten mit tatsächlich existierenden Personen sind rein zufällig, auch wenn ihre Erfahrungen von vielen Absolventen der beschriebenen Ausbildungsgänge geteilt werden.

      Beide Autorinnen sind Master of Creative und Biographical Writing, Schreib-, Kunst- und Kreativitätstherapeutinnen und zertifizierte Lerntherapeutinnen. Sie haben lange Jahre in der Unternehmenskommunikation gearbeitet und widmen sich nun ganzheitlich der Stärkung von individueller und institutioneller Resilienz.

      Beide leben mit ihren Familien in Berlin und haben insgesamt fünf Kinder.

      Wenn Sie etwas über das Sudijumi-Prinzip erfahren möchten, schauen Sie bitte hier: sudijumi.wordpress.com

      Sehnsucht

      Guten Abend meine Schöne,

      wie war Dein Tag?

      Ausnahmsweise scheint heute auch in Berlin die Sonne. Zu gerne säße ich jetzt mit Dir in der Kulturbrauerei bei Brezeln und Bier! Stattdessen habe ich mir mein Notebook auf den Balkon geholt und stelle mir vor, wie Du am Strand entlang läufst, den Tag ohne mich Revue passieren lässt, während der Sand zwischen Deinen Zehen reibt und sanfte Wellen Deinen zierlichen Spann streicheln. Das würde ich jetzt gerne tun. Denkst Du wenigstens ein bisschen an mich? Es fällt mir noch immer schwer zu akzeptieren, dass Du gerade lieber diesen Job auf La Gomera machst, als mit mir zusammen in Berlin Pläne für die Zukunft zu schmieden. Keine Angst, ich halte mich an unsere Abmachung: Kein weiteres Wort dazu. Versuchen wir lieber einen Austausch über unsere Projekte, das hilft uns beruflich und lässt uns die Zeit der Trennung besser ertragen. Vielleicht können wir auf diesem Wege ein Zukunftsszenario entwickeln – ja, ja, ich bin schon still!

      Aber über meinen ersten Ausbildungstag zum Kunsttherapeuten darf ich Dir zum Glück berichten. Ich fange mal mit den Teilnehmern an, auf die war ich besonders gespannt, als ich das wunderschöne Backsteingebäude heute betrat. Hell und freundlich ist es, und die bunt aufgereihten Farbtiegel im Regal machen schon beim Anschauen gute Laune. Die Kurszusammensetzung ist sehr speziell: Außer mir gibt es nur noch einen Mann in diesem Kurs, dazu den Dozenten, einen gewissen Henrik. Wir sind eine altersgemischte Truppe, Sarah, unser Kursküken, könnte mit ihren 24 Lenzen meine Tochter sein. Kurt, der andere Mann, erinnert mich fatal an meinen Vater. Er ist eigentlich längst Rentner, 62, aber sehr aufgeschlossen und hat anscheinend sein ganzes Leben lang mit Menschen gearbeitet. Was genau er früher gemacht hat, habe ich noch nicht so richtig verstanden. Ich habe den Eindruck, der Mann ist noch für Überraschungen gut. Ich finde ihn spannend.

      Neben Sarah, die nach dem Abi als Au Pair unterwegs war und ein soziales Praktikum in Bolivien hinter sich hat, gibt es noch Gudrun, Kunstlehrerin im Vorruhestand (Ende 50), Astrid, ein ehemalige Sozialtherapeutin mit diversen Zusatzausbildungen (40+), Gerit und Marie (beide Anfang 30), Kolleginnen und Ergotherapeutinnen in einer Tagesstätte für behinderte Kinder. Paulette, eine ehemalige Ballerina mit Knieproblemen und französischen Wurzeln, Camilla, die früher ihr Geld am Schalter der Berliner Bank verdiente, dann aber in Richtung Heilpraktikerin umgeschwenkt ist und eine kleine Praxis betreibt. Mit Altersangaben haben sich beide zurückgehalten, Camilla ist eindeutig ein älteres Semester, Paulette Ende dreißig. Camilla hat Glück, ihr Mann ist Allgemeinmediziner, daher macht es ihr nichts, dass ihre Praxis für ein paar Tage geschlossen bleibt. Finanzielle Not umtreibt sie sicher nicht, so wie sie aussieht. Ich vermute, in der Ausbildung lebt sie den verlorenen Traum vom Kunststudium aus. Dann gibt es noch Sabrina, eine Autorin, die Kreatives Schreiben unterrichtet, sie ist 53. In der Vorstellungsrunde wurde ich doch tatsächlich gefragt, warum ich die Ausbildung zum Kunst- und nicht zum Sporttherapeuten mache!? Von angehenden Kunsttherapeuten hatte ich mehr Offenheit erwartet. Keine Vorstellung davon, dass ich als Sport- und Fitnesstrainer prädestiniert bin, auch die Psyche fit zu machen! Ich habe ihnen erklärt, dass ich an die Verbindung von Sport und Kreativität glaube, sicher bin, dass Sport gerade innerlich „verspannte“ Menschen für kreative Prozesse öffnen kann. Obwohl ich ihnen von meinen ganz persönlichen Erfahrungen dazu berichtet habe, bin ich nicht sicher, ob sie mein Body & Soul-Konzept verstanden haben. Scheinbar wird in Zukunft noch viel Aufklärungsarbeit auf mich zukommen. Damit habe ich nicht gerechnet. Zumindest sollten sie begriffen haben, wie viel psychologische Begleitung ein Personal Trainer per se schon betreibt! Meine reizende Ballerina nickte wissend, ich glaube, die hat einen Draht zu diesen Dingen. Klar, tanzen ist ja auch ganz nah an den Prozessen, die wir mit Malen und Schreiben begleiten wollen.

      Egal, ich bin jedenfalls gespannt, wie diese 14 Tage verlaufen werden. Heute sind wir mit dem verheißungsvollen Konzept „Metamorphosen“ in den Tag gestartet.

      Henrik teilte zuerst Ton aus und bat uns, eine Kugel zu formen. Dann sollten wir uns in einen Kreis stellen und unsere Kugeln kreisen lassen.

      Mit geschlossenen Augen sollten wir erkennen, wann unsere Kugel wieder bei uns war. Ich hätte es nicht für möglich gehalten, aber es hat geklappt! Offensichtlich hatten alle ein Gefühl für ihre Kugel entwickelt. Erstaunlich, oder? Henrik wollte uns damit verdeutlichen, wie stark wir uns unbewusst mit unserem Produkt identifizieren. Diese Erfahrung sei wichtig, meinte er, um den Werkstücken unserer Klienten mit dem nötigen Respekt zu begegnen. Das wird wohl kaum ein Problem für mich werden, denn den Respekt vor den Werkstücken anderer habe ich. Der geborene Töpfer bin ich nämlich sicherlich nicht! Das hat sich schon bei den ersten Versuchen herausgestellt. Stell Dir vor, insgesamt haben wir heute schon drei Stücke modelliert, plus jeweils ein Bild dazu gemalt. Bei all diesen Übungen geht es darum, zuerst Gefühle auszudrücken, dann eine Veränderung des Gefühls herbeizuführen – durch das eigene Tun und die Gedanken, die einem beim Tun bewegen. So wie ich das verstanden habe, ist das wohl die Grundidee der Gestalttherapie: Erlernen, eine Veränderung zu leben, sich dabei aber selbst treu bleiben. Ich muss das mal nachlesen, zum Glück gibt es ein Skript und eine umfangreiche Literaturliste.

      Es hat mich sehr beruhigt, dass Henrik gleich am Anfang gesagt hatte, es ginge bei diesen Aufgaben nicht darum, perfekte Skulpturen zu gestalten. Das hätte mir Angst gemacht, unter Druck kann ich so etwas erst recht nicht. Als er erklärte, wir sollten etwas schaffen, das sich für uns angenehm anfühlt und das wir uns zuhause auf den Nachttisch stellen oder mit ins Bett nehmen würden, waren alle Bedenken weg. Manchmal sind es ganz

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