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      Carola Jürchott

      Reiseskizzen aus Kroatien

      Dieses ebook wurde erstellt bei

       Verlagslogo

      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       Gesicht(er) einer Stadt

       „Suchen Sie den Mann in Gelb!“

       Gar nicht so klein und doch ein Geheimtipp

       Winnetou-Feeling en miniature

       Matrjoschka-Prinzip à la croate

       Kremšnite, Kathedrale und kommerzfreies Konzert

       Treppensteigen in Dubrovnik

       Die Menschen von Jezera – eine Urlaubsreminiszenz

       Impressum neobooks

      Gesicht(er) einer Stadt

      Häufig hört man, dass diese oder jene Stadt einem Besucher erst nach einer Weile ihr wahres Gesicht zeigt. Zadar ist in dieser Hinsicht freigiebig. Es zeigt einem, kaum hat man eines der Tore in der Stadtmauer passiert, nicht nur eines, sondern viele Gesichter, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes und in höchst unterschiedlicher Form.

      So gelangten wir, als wir eigentlich noch auf der Suche nach dem Stadtzentrum waren, in den Park um die Kirche Maria vom Heil oder auch der Heiligen Mutter der Genesung am Platz der drei Brunnen. Was in diesem Park sofort auffiel, war eine wahre Fülle an Büsten. Zunächst dachte ich: die üblichen Politikerdenkmäler, bis ich feststellte, dass es sich bei den so Geehrten bei Weitem nicht nur um Staatsmänner handelte. Ich fand dort beispielsweise ein Porträt des Bildhauers und Baumeisters Juraj Dalmatinac, der mir auf dieser Reise noch öfter begegnen sollte. Es freute mich ebenfalls sehr, als ich auf einer der Stelen die Aufschrift „Sprachwissenschaftler“ entdeckte. Doch damit noch nicht genug: Auch ein Buchkritiker und ein Lexikograf harrten hier der Besucher. In Deutschland zumindest kenne ich keinen Ort, an dem unserer Zunft im weitesten Sinne so viel Ehre zuteil wird. Interessant ist dieser Park auch noch aus einem anderen Grunde: Bei diesen Büsten geht es nicht nur um die jüngere Vergangenheit; es sind Persönlichkeiten vom 15. bis zum 20. Jahrhundert vertreten, und jedes der Gesichter ist es wert, genauer angesehen zu werden, weil sich die jeweilige Lebenszeit darin widerspiegelt.

      Noch wesentlich älter sind, abgesehen von den verschiedensten Engeln aller Art, die einem an Fassaden, auf Dächern und anderswo in der Stadt auf Schritt und Tritt begegnen, die Gesichter, die einen am Archäologischen Museum erwarten. Direkt am alten Forum werden nämlich Ausgrabungsstücke aus römischer Zeit unter freiem Himmel präsentiert, sodass man sich nicht einmal ins Museum hineinbegeben muss, um sie anzuschauen. Und zu entdecken gibt es dabei wirklich eine Menge: Diese Gesichter gehören eher Fantasiegestalten, bisweilen sind sie im Laufe der Jahrtausende schon zu verwittert, um noch Details erkennen zu können. Umso mehr lohnt es sich aber, sie eingehender zu betrachten. An jedem der Gesichter findet man etwas Ungewöhnliches, und vielleicht kommt einem dazu auch die eine oder andere Geschichte in den Sinn.

      Zum genaueren Hinsehen lud auch das nächste Gesicht ein, das uns in Zadar begegnete, und das in buchstäblichem und höchst handfestem Sinne. Wir hatten das römische Forum gerade verlassen, als in einer der Hauptstraßen des Stadtzentrums eine Passantin vor uns plötzlich regelrecht aufquietschte. Zuerst dachte ich, sie wäre vielleicht ausgerutscht, was auf dem über Jahrhunderte glatt getretenen Pflaster nicht verwunderlich wäre, doch weit gefehlt: Aus einem offensichtlich am Straßenrand abgestellten Bilderrahmen, dessen Inneres ein Porträt zu sein schien, kam auf einmal eine Hand herausgeschossen, um die Vorbeischlendernden anzustupsen und auf sich aufmerksam zu machen. Dieses Gesicht war kein Bild, es war ein Straßenkünstler! Gut geweißt und von der Kleidung her auf Renaissance getrimmt, posierte er nun unmissverständlich für alle Hobbyfotografen und freute sich über jede Münze, die in seiner Büchse landete.

      Nach mehreren Jahrzehnten des Reisens durch Europa und des Wohnens in einer durchaus ernst zu nehmenden Touristenmetropole meint man eigentlich, man hätte jede Form der Straßenkunst schon mal gesehen, und spätestens seit J. Seward Johnsons Skulpturen glaubten wir zu wissen, dass manchmal auch

      Bronzefiguren wie echte Menschen aussehen können. Da ist es doch ein schönes Gefühl, wenn man immer noch überrascht werden kann. So war es für mich der perfekte Abschluss meiner Suche nach dem Gesicht bzw. den Gesichtern Zadars, als wir an der Uferstraße entlanggingen und mir der beste aller Ehemänner bei der lebensgroßen Figur des kroatischen Naturforschers Spiridon Brusina erklärte: „Für den habe ich jetzt aber kein Kleingeld mehr!“

       August 2016

      „Suchen Sie den Mann in Gelb!“

      Können eigentlich Automaten wegen Überfüllung geschlossen sein? Auf den ersten Blick hätte ich bis vor Kurzem wohl noch gesagt, nein, doch in Kroatien wurde ich eines Besseren belehrt, und das kam so: Wie in vielen Städten, begann auch unser Besuch in Zadar mit der Suche nach einem Parkplatz. Allein das ist schon ein Erlebnis, denn zwischen alter Stadtmauer und Schiffskai bieten sich bereits die ersten herrlichen Ausblicke. Das änderte jedoch nichts an der Tatsache, dass wir bei Weitem nicht die Einzigen waren, die an diesem nicht ganz wolkenlosen Sonntag auf die Idee gekommen waren, dem Liegen am Strand einen Stadtbummel vorzuziehen, was sich dann auch in der Anzahl der noch freien Parkplätze niederschlug.

      Das sollte jedoch nicht das Schwierigste daran sein, das Auto für einen gewissen Zeitraum irgendwo legal unterzubringen. Als wir einen Parkplatz direkt am Fuße der Stadtmauer gefunden hatten, stellte sich die Frage nach den Parkgebühren. Eine große Tafel teilte uns zunächst mit, dass das Parken an dieser Stelle von Montag bis Freitag zahlungspflichtig sei. Ein wesentlich längerer Zusatz besagte dann allerdings, dass in den Monaten Juli und August auch an Sonn- und Feiertagen Gebühren zu entrichten seien. Interessant war in diesem Zusammenhang, dass die Autos, die ohne Gebührenmarken auf dem Parkplatz standen, in der Regel kroatische Nummernschilder hatten, während die ausländischen Fahrer – ob nun in Kenntnis dessen, was da auf dem großen Schild stand, oder einfach vorsichtshalber – brav bezahlt hatten.

      Genau das wollten wir auch tun. Es gestaltete sich aber schwieriger als gedacht. Münzen hatten wir nicht, und die Geldscheine wollten zunächst partout nicht in den dafür vorgesehenen Schlitz des Parkscheinautomaten passen. Doch was stand da auf dem Automaten? „Parkscheine können Sie auch am nächstgelegenen Zeitungskiosk kaufen!“ Hurra, einen Zeitungskiosk hatte ich beim Vorbeifahren doch gerade gesehen! Also nichts wie hin! Aber: Fehlanzeige! Obwohl man in Kroatien auch sonntags ganz entspannt einkaufen kann, weil die Geschäfte geöffnet sind, war das Einzige, was am nächstgelegenen Zeitungskiosk zu sehen war, eine große rote heruntergelassene Jalousie. Letztendlich haben wir es dann doch noch geschafft, den Parkautomaten für die nächsten drei Stunden mit Geldscheinen zu füttern, sodass unserem Stadtbummel nichts mehr im Weg stand.

      Wir schlenderten also durch die alten Gassen – die (Park-)Uhr immer fest im Blick – und stellten kurz vor Ablauf der drei Stunden fest, dass wir noch nicht in der Basilika des Heiligen Donatus gewesen waren, die als eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten von Zadar gilt. Das konnten

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