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      © Günther Mohr

       Steuerung mit Modellen

      Die Transaktionsanalyse wurde in einer großen internationalen methodenvergleichenden Studie von Klienten als außerordentlich nützlich eingeschätzt (Novey 2002). Praktisch finden transaktionsanalytische und systemische Modelle auf drei Ebenen der beraterischen Arbeit Eingang:

      • Ebene des Tuns in Coaching, Beratung und Organisationsentwicklung: Normalerweise wird in der Beratung nicht »Transaktionsanalyse gesprochen«. Aber der Berater versucht eine O.k.-o.k.-Beziehung zu leben, wertet nicht ab, berücksichtigt die Grundbedürfnisse des Gesprächspartners und gewährleistet Schutz, Erlaubnis und Energie in seiner Arbeit mit dem Klienten. Transaktionsanalyse wird also gelebt. Dies geschieht im Gespräch und Tun des Beraters und wird in der Regel nicht gesondert mit Begriffen der Transaktionsanalyse etikettiert. Hinzu kommt allerdings, dass transaktionsanalytische Modelle hervorragende Illustrationen bei Interventionen sind. Der Erfinder der Transaktionsanalyse, Eric Berne, hat die Bedeutung der Interventionstechnik »Illustration« hervorgehoben (Berne 1966, 237; Mohr 2008). Zudem war Berne auch ein Meister der Begriffsfindung. Unter Marketinggesichtspunkten sind »Ich-Zustand«, »Psychologische Spiele«, »Rackets« und »Ich-bin-ok-du-bist-ok« hervorragend geeignet. Transaktionsanalyse-Modelle werden in diesem Sinne manchmal als Veranschaulichung genutzt. Diese Ebene ist für jeden Gesprächspartner wahrnehmbar. Die sichtbaren Modelle sind dabei so zu wählen, dass sie für den Beratenen auch in seinem Anwendungsfeld weiter nutzbar sind. Beispielsweise wird der Coach einem Gegenüber zur Veranschaulichung einer Konfliktssituation das Drama-Dreieck nutzen.

      • Ebene der Beobachtung des Tuns: Der transaktionsanalytische Praktiker schaut auf sein Tun. Diese Aufmerksamkeit ist durch seine Modelle über die menschliche Psyche und das Zusammenwirken von Menschen geprägt. Er diagnostiziert beispielsweise eine Abwertung (Schiffet al. 1975) oder steuert sich mithilfe seiner sozialen Diagnose (Berne 1979, 197), um daraus Interventionsideen abzuleiten. Diese Ebene ist für den Beratenen in der Regel nicht sichtbar. Ausnahmen davon sind Interventionen, in denen der Berater den Beratenen quasi zum Co-Berater einlädt und ihn beispielsweise fragt, wie er eine gerade in der Beratung vorgekommene Sequenz in TA beschreiben würde. Dies ist allerdings nur bei Personen möglich, die schon in transaktionsanalytischen Konzepten erfahren sind.

      • Ebene der Beobachtung der Beobachtung: Der Berater überprüft seine Beobachtungsgewohnheiten. Der Berater ist selbst das »Instrument«, das wirksam ist. Deshalb sind die Selbststeuerungsprogramme dieses »Instrumentes« ständig zu reflektieren. Dies bedeutet für den Transaktionsanalytiker, seine Arbeit stetig durch Supervision bezüglich der Qualität und der Effektivität begutachten zu lassen. Auch diese Ebene ist für den Beratenen nicht sichtbar. Er darf allerdings um sie wissen, damit er den transaktionsanalytischen Berater als Modell für gelebtes Lernen sehen kann.

      Es ist wie mit den drei übereinander fliegenden Schwänen. Der erste fliegt. Der zweite fliegt und beobachtet dabei den ersten, wie dieser fliegt. Der dritte fliegt und beobachtet dabei den zweiten beim Beobachten des ersten. Bernd Schmid, der maßgeblich die systemische Transaktionsanalyse beeinflusst hat, hat diesen Zusammenhang im Logo seines Instituts für systemische Beratung, Wiesloch, dargestellt.

       Formen der Übung

      Was den interaktiven Aspekt anbelangt, so gibt es sehr unterschiedliche Formen der Übung. Gerade für Coaching oder Organisationsentwicklung empfiehlt es sich, die Übungsformen so zu wählen, dass eine gewisse Modellierung des erzielten Kompetenzfeldes erreicht wird. So ist im Coaching eine dyadische (Zweiergruppen-) Form häufig zu nutzen, auch wenn man Selbstreflexion anstrebt, da so die Erfahrung des Fragenden und des zu einem Thema Befragten immer mit trainiert werden kann. Für Organisationsentwicklung bieten sich eher auch Mehrpersonenkonstellationen mit bestimmten Rollenverteilungen (z.B. Consultant, Auftraggeber, Klientensystem) an. Insgesamt ergibt sich für die praktische Übungsgestaltung ein weites Spektrum, aus dem einige Beispiele genannt werden:

      • Einzelarbeit: Reflektionsübungen zur eigenen Person oder Rolle.

      • Partnerübungen: Dyaden, z.B. strukturierte Übungen mit Coach- und Coachee-Rolle.

      • Marktplatz mit wechselnden Dyaden: Bearbeitung einer Reihe von Themen nacheinander mit jeweils unterschiedlichem Partner.

      • Triaden: Dreierkonstellationen beispielsweise mit Übendem, Klienten und Beobachter.

      • Kleingruppen: Teilgruppen der Gesamtgruppe, z.B. auch kollegiale Beratung.

      • Plenum: Themenbearbeitung in einer Gesamtgruppe, z.B. Blitzlicht, Runde, Plenum mit Beobachtungsaufgaben.

      • Fish-Bowl: Ein stellvertretendes Besprechen eines Themas durch eine Teilgruppe in der Mitte der anderen Teilnehmer.

      • Reflecting Team: Die Reflektion eines Thema, die Entwicklung von Hypothesen durch eine Teilgruppe.

      • Rollensimulation: Das stellvertretende Hineinfinden und Agieren bestimmter Rollenfiguren.

      • Rollenaufstellungen: Das Positionieren in bestimmte Rollen oder die Verkörperung von Themen eines Systems in einer räumlichen Anordnung sowie der Vollzug eigendynamischer Bewegungsimpulse der Rollen.

      • Lernpartnerschaften: Gegenseitige Begleitung des Lernens über die Präsenzmaßnahme hinaus.

      • Lernprojekte: Vereinbarte Lern- und Anwendungsbeispiele.

      Das Workbook überlässt es der Kreativität des Nutzers, die Übungen für diese unterschiedlichen Genres den jeweiligen Bedürfnissen anzupassen.

       Teil I COACHING UND PERSONENQUALIFIZIERUNG

       Integrierte Professionalität als Ziel

      Die Zielsetzung für Personenqualifizierung, beispielsweise im Coaching und auch für Führungskräft eentwicklung ist eine integrierte Professionalität. Das Handeln aus der integrierten Professionalität heraus verlangt Aufmerksamkeit und professionelles Handeln auf mehreren Ebenen:

      • Menschenbild und Organisationsverständnis

      • Persönlichkeit und Unterschiedlichkeit

      • Beziehung und Kommunikation

      • Entwicklung und Veränderung

      • Kontext- und Systembezug

      • typische Professionsmethoden

      Diese sechs Dimensionen eröffnen die Möglichkeit, einzelne Perspektiven des beruflichen Handelns zu verbessern. Im Folgenden werden zentrale Konzepte der Transaktionsanalyse unter systemischer Perspektive betrachtet.

       1. Menschenbild

       Aspekte des Menschenbildes

      Ein tragfähiges Menschenbild ist die ethische und praktische Basis jedes professionellen Verfahrens. In der systemischen Transaktionsanalyse wird dies explizit diskutiert und es verlangt vom Transaktionsanalytiker nicht nur Wissen, sondern verinnerlichtes Wissen, das man in Erleben und Verhalten umsetzen kann. Das Menschenbild muss die Realität der Welt abbilden und es muss Fortschritte ermöglichen. Ich sehe für die moderne Transaktionsanalyse drei Aspekte als wesentlich an.

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