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beschreiben: Achtsamkeit ist ein ganzheitlicher, bewusster Einsatz der Aufmerksamkeitsebenen. Mit seinem ›inneren Beobachter‹ oder ›inneren Zeugen‹ sieht man das gute Zusammenwirken seiner Aufmerksamkeitsebenen zu einer integrierten Achtsamkeit. Achtsamkeit ist mehr Akzeptanz als Bewertung und Veränderung. Aber akzeptiert man sich erst einmal so wie man ist, entstehen Entwicklung und Veränderung sehr viel leichter. Man hält sich dann nicht mehr mit überlagernden Mustern auf. Der Mensch erfährt seinen individuellen Weg.

      Achtsamkeit ist gerade heute ein Weg gegen Burn-out. Achtsamkeit steht dem Sich-Verlieren in der totalen Reizwelt der vielen Pseudoannehmlichkeiten und vermeintlichen Sachzwänge gegenüber.

      Übung: »The first appointment of the day«

      Mach den ersten Termin morgens mit dir und deiner Aufmerksamkeit. Hol’ dich selbst für den Tag ab. Nimm dir mindestens eine halbe Stunde Zeit, um mit deinem Innersten in Kontakt zu kommen und dich zu zentrieren. Du kannst die verschiedenen Aufmerksamkeitsebenen zu Wort kommen lassen.

      Wenn ich diese Übung in Gruppen vorschlage, höre ich vielfältige Proteste, warum das nicht geht. Einer muss Kinder versorgen oder früh zur Arbeit oder ist morgens schlecht drauf oder, oder, oder. Meine Antwort darauf ist: Es geht. Man kann es realisieren. Zur Not geht man abends früher ins Bett.

      Mit dem Eigenen zu beginnen, vor allem anderen am Tag, hat viele Vorteile. Man bekommt das Gefühl, schon etwas für sich getan zu haben und jagt dem nicht den ganzen Tag hinterher. Dieser Tagesbeginn mit innerer Aufmerksamkeit ist keine neue Erfindung. In allen Weisheitslehren, ob im Christentum oder im Buddhismus, wird für praktizierende Mönche der Tag mit einer solchen Zentrierung begonnen, bevor die jeweiligen Rollen (Mutter, Berufstätiger, Schüler) den Menschen einnehmen. »So make the first appointment of the day with yourself“

      Eine zweite ganz einfache Übung geht in eine ähnliche Richtung.

      Übung: Innehalten

      Für ein paar Sekunden setzen wir uns aufrecht hin oder, wenn wir unterwegs sind, bleiben stehen oder gehen bewusster, atmen bewusster und konzentrieren uns auf die Freude in unserem Leben. Wir können uns beispielsweise die Menschen vorstellen, die wir lieben.

      (nach Matthais Ennenbach)

      Welche Vorteile bietet die Betrachtungsweise der verschiedenen Aufmerksamkeitsebenen? In erster Linie wird der eigene Horizont erweitert. Die Erkenntnis, dass mögliche Aufmerksamkeitsebenen über das übliche Betrachten hinausgehen, ist für viele Menschen neu. Vor allem das Hinnehmen der transgenerationalen und der nondualen Aufmerksamkeitsebene ist ungewohnt und fremd. Für die meisten ist beim Ich Schluss. Andere oder das Ganze sollen Einfluss auf mich haben? Jeder ist doch seines Glückes Schmied. Da ist auch etwas dran, denn jeder liefert seinen Beitrag. Dennoch ahnen viele Menschen, dass es noch mehr gibt.

      Zweitens werden Unterschiede und Konflikte verstehbar. Themen des Alltags, des Berufs und der Politik werden von einzelnen Menschen mit sehr unterschiedlichen Aufmerksamkeitsebenen wahrgenommen und mit unterschiedlichem Bewusstsein diskutiert. Die eine Seite argumentiert logisch und rational, etwa mit Zahlen, die andere Seite hat einen emotionalen Bezug, vielleicht aus einem persönlich biografischen Erleben heraus. Treffen solche Menschen aufeinander, können sie in der Kommunikation Probleme bekommen. Man spricht nicht dieselbe Sprache, hat nicht dieselbe Wellenlänge, versteht sich nicht.

      Drittens wird eine Perspektivenergänzung ermöglicht. Wer sich die sechs Aufmerksamkeitsformen vor Augen führt, kann manche Fragestellungen differenzierter und klarer auftrennen. So dringt auch die häufige Vermischung von Körper und Gefühl ins Bewusstsein. Körperempfindungen und Gefühle sind etwas deutlich Unterschiedliches, wie der portugiesische Hirnforscher António Rosa Damásio herausgefunden hat (Damásio 2000). Vielen fällt es aber schwer, zwischen Gedanken und Gefühlen zu unterscheiden. Dies ist aufgrund der häufigen Musterbildung aus Körperempfindungen, Gefühlen und Verhalten sowie der oft früh konditionierten Prägung einzelner Verknüpfungen verständlich. Man ›fühlt‹ sich benachteiligt, merkt nicht, dass dies schon eine Bewertung ist, die auf die Gefühlsebene, vielleicht auch auf die körperliche Ebene durchgeschlagen hat. Achtsamkeit bedeutet, dies auseinander zu halten.

      »Der größte Trick ist: Sei du selbst«. Dieser Satz stammt von Ruth Cohn, der großen Psychologin und Begründerin der Themenzentrierten Interaktion (TZI), als sie schon alt und weise war. »Sei du selbst!« Das klingt für viele zunächst einfach, wird dann bei näherem Hinsehen aber schwierig. Es führt nämlich zu der Frage: »Wer bin ich denn selbst?«

      Die folgende Übung ist eine Annäherung an die oben dargestellten Aufmerksamkeitsperspektiven. Wir stellen uns zu einer bestimmten Lernaufgabe jeweils einen inneren Aspekt der Persönlichkeit vor, wir geben ihm einen Namen und betrachten den Teil, den er zu unserem Leben beiträgt. Die inneren Aspekte können sowohl aktuell in uns vorhanden sein oder aus dem Vermächtnis früherer Generationen stammen oder aus dem eigenen imaginierten Erbe hervorkommen. Hinzu kommt die »weise Person«, die einen Teil der nondualen Ebene verkörpert.

      Übung: Wie man die eigene Aufmerksamkeit erfasst

      Füge entsprechende Antworten ein.

      Formuliere eine Lernaufgabe, die im Moment für dich ansteht:

      Stelle dir weiter vor: Wer lernt mit mir?

      Welche inneren Ressourcen (deine Stärken, deine Fähigkeiten) hast du beim Lernen? Und stelle dir diese innere Ressourcen als Personen vor.

      A. Innere Ressource 1:

      Personifiziert (mit einer wesentlichen Eigenschaft):

      Name (falls eine Idee dazu da ist):

      Welchen positiven Dienst liefert dir dieser Teil in dir?

      B. Innere Ressource 2:

      Personifiziert (mit einer wesentlichen Eigenschaft):

      Name (falls eine Idee dazu da ist):

      Welchen positiven Dienst liefert dir dieser Teil in dir?

      C. Innere Ressource 3:

      Personifiziert (mit einer wesentlichen Eigenschaft):

      Name (falls eine Idee dazu da ist):

      Welchen positiven Dienst liefert dir dieser Teil in dir?

      D. Eine eher problematische Größe, deren Ressourcencharakter noch zweifelhaft ist.

      Personifiziert (mit einer wesentlichen Eigenschaft):

      Name (falls eine Idee dazu da ist):

      Welchen positiven Dienst liefert dir dieser Teil in dir?

      E. Eine Person aus deiner Familie, mindestens zwei Generationen zurück, die für dich Lernen verkörpert.

      Personifiziert (mit einer wesentlichen Eigenschaft):

      Name (falls eine Idee dazu da ist):

      Welchen positiven Dienst liefert dir dieser Teil in dir?

      F. Eine Person zwei Generationen nach dir, die von deinem »Erbe« profitiert.

      Vielleicht gibt es diese Person noch nicht, dann stelle dir jemanden vor. Vielleicht hast du doch ein Bild von ihr.

      Personifiziert (mit einer wesentlichen Eigenschaft):

      Name (falls eine Idee dazu da ist):

      Welchen positiven Dienst lieferst du diesem Teil in dir?

      G. Eine weise Frau, ein weiser Mann, von dem du dir vorstellst, dass sie/er dich im Leben begleitet.

      Vielleicht hast du noch kein Bild von dieser Gestalt, dann stelle dir jetzt jemanden vor.

      Personifiziert (mit einer wesentlichen Eigenschaft):

      Name (falls eine Idee dazu da ist):

      Welchen

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