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So habe ich mich am Morgen des ersten Kurstages zum Gebet hingehockt und habe mit großer Freude die Gegenwart spüren können, die in dem Namen geschenkt wird.

      Wie ich bete? Ich setze mich hin, egal wo ich bin und welche Sitzgelegenheit da ist, schließe die Augen und frage mich, ob ich da bin und anfangen kann. Diese Frage muss ich nicht beantworten, aber sie hilft mir, anzukommen. Danach spreche ich ein kurzes Hingabegebet: »Ich bin für Dich da. Diese Zeit ist mein Geschenk. Das ist meine Hingabe.« Damit schenke ich dem Herrn alles, was in der Meditationszeit passiert. Natürlich gibt es auch Ablenkungen und Gedanken. Dann ist es mir wichtig, diese nicht zu bekämpfen, sondern zu akzeptieren, dass sie da sind, und sie wieder loszulassen. Wenn eine Zeit der Stille sich auftut, verbleibe ich dort, auch ohne ein Wort zu sprechen. Inzwischen bin ich selber Exerzitienbegleiter und Hausleiter von Haus Gries. Ich staune immer wieder, wie viel Kraft und Segen im Herzensgebet geschenkt wird, und freue mich, dass dieses Gebet auch immer mehr ein Weg wird für Menschen, die einen einfachen Weg suchen, zu beten.

       Anton Altnöder SJ, Wilhelmsthal, geb. 1950

       Blickzündung

      Als Junge im Alter von sieben Jahren bin ich in Bremen, der Heimat meiner Mutter, einem großen Beter begegnet: Franz Moschner. Er war Priester, und er war blind. Er hatte meine Eltern getraut. Nun wollte meine Mutter mich ihm vorstellen, und so besuchten wir ihn im Pfarrhaus. Wir warteten im oberen Stockwerk, als er die lange Treppe heraufkam. Sie sagte mir noch: »Du weißt, er ist blind. Du musst ihm die Hand geben.« Aber während er bedächtig die Stufen emporstieg, schaute er unverwandt mich an. Ich wunderte mich, weil er doch blind war. Doch noch mehr staunte ich, als mein Blick auf sein Gesicht fiel. Noch nie hatte ich einen Menschen gesehen, dessen Antlitz so von Freude überflutet war wie seines. Später schrieb er, wie er betete. Ich gebe es frei wieder: »Ich musste nicht lange überlegen, wo Gott ist, wie er zu mir steht, was ich ihm bedeute. Ich brauchte nur zu ihm aufzusehen und zu sagen: Du siehst mich und du liebst mich, und war sofort bei ihm.«

      Später habe ich diese Art zu beten von ihm übernommen. Mein Beten wurde einfacher. Unsichtbar bin ich Jesus begegnet, sei es, dass ich ihn in meiner Seele berührt habe oder er mich. Ich fühlte seinen Blick in meiner Brust. Dieser Augen-Blick verblasste schnell, wenn ich anfing, Wünsche vorzubringen. So betete ich stattdessen mit dem Wort aus dem kirchlichen Abendgebet: »Du bist der Einzige. Dich will ich lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit ganzer Kraft.« Das ist mehr als alle eigenen Wünsche. Frühmorgens musste diese »Blickzündung« in sein Antlitz geschehen, dann konnte ich tagsüber, wann immer ich wollte, so zu ihm aufschauen in Vertrauen und Freude.

      Mit zunehmendem Alter wurde diese Art mein einziges Beten. Seither bleibe ich dabei. Ich sehe ihn unverwandt an, lächle, und dann schweige ich. Gelegentlich muss ich eine Weile warten, bis er meinen Blick spürbar erwidert. Aber dann springt in mir eine Freude auf. Probieren üben!

       Raimund Baecker SJ, Berlin, geb. 1930

       Ich schau einfach auf das Kreuz

      Wenn ich bete, sitze ich da und schaue einfach auf das Kreuz. Ich suche mir in einer Kirche immer einen Platz mit Blick auf das Kreuz als Sammelpunkt inmitten der Welt. Es ist mein Verständnisschlüssel für meine Erfahrungen in meiner Arbeit mit Flüchtlingen, die mich in die Konfliktgebiete unserer Welt, nach Syrien, in den Kongo, Afghanistan und Kolumbien führt. Wo Hass und Krieg herrschen, da leiden die Unschuldigen. Das Kreuz steht für die Sünde der Welt, die in Form von Gewalt, Hass und Ungerechtigkeit Wirklichkeit ist. Der Gekreuzigte wird zum Fokus dieser Sünde und dem von ihr verursachten Leid. Er steht für all die Menschen, denen ich immer begegne, deren Leben vom Krieg zerstört wurde, die auf der Flucht sind, die alles und vor allem Menschen verloren haben, die ihnen lieb waren.

      So sitze ich oft da, schaue auf das Kreuz und lasse die Gedanken und Sorgen der Arbeit zur Ruhe kommen. Täglich bin ich mit den Problemen des Jesuitenflüchtlingsdienstes konfrontiert, der in unsicheren und sich wandelnden Situationen mit begrenzten Mitteln auf die große Not von Flüchtlingen zu antworten versucht. Das äußere politische Geschehen, das man nicht kontrollieren kann, lässt einen ohnmächtig zurück. Die menschlichen Unzulänglichkeiten, mit denen man in einer Leitungsposition zu tun hat, sind wie ein Kreuz, das man zusammen mit den eigenen Schwächen zu tragen hat.

      Wenn ich so dasitze und auf das Kreuz schaue, kommen mir oft sehr gute Gedanken und Lösungen für Probleme. Ich gehe dann in den Alltag mit größerem inneren Frieden und Versöhnung. Im Blick auf den Gekreuzigten sehe ich den Auferstandenen. Diese Hoffnung aus dem Glauben an den Gekreuzigten und Auferstandenen ist die Quelle, um in einer aussichtslosen Situation von Kriegen die Hoffnung nicht zu verlieren, sondern weiterzumachen, das zu tun, was in Flüchtlingen die Hoffnung nährt.

      In meinem Beten unterscheide ich in der gegenwärtigen Arbeit drei Phasen. Ich bin sehr viel auf Reisen, besuche die Projekte des JRS und begegne Flüchtlingen und unseren Teams. Da bleibt manchmal nicht einmal Zeit zur täglichen Messe. Es fehlt an der Zeit zur Meditation und zum Schauen auf das Kreuz. Aber dies geschieht in der direkten Begegnung mit den Leidtragenden unserer Zeit. Die Dynamik von Internet und E-Mails bestimmt meinen Alltag auf Reisen und füllt die normal für das Gebet reservierte Zeit am Morgen oder Abend.

      Zurück in Rom folge ich in der Generalskurie einem fast klösterlichen Rhythmus von Meditation und Frühmesse und Arbeit im Büro. Dieser Tagesrhythmus einer größeren Gemeinschaft fängt mich auf und stabilisiert mich. Einmal im Jahr ziehe ich mich für zwei Wochen in einen Karmel in Burgund zurück, wo mich die Stille, das Gebet mit den Schwestern und den Gästen und die Freundschaft mit den Schwestern auffangen. Im Zentrum des Gebetes und der Meditation steht das Kreuz, auf das wir alle schauen. Das Gebet dieser Schwestern für die Flüchtlinge und Nöte unserer Zeit trägt die Arbeit des JRS mit. Gemeinsam schauen wir auf das Leid der Welt, beten und arbeiten für die Notleidenden und finden trotz sinnloser Gewalt inneren Frieden und Hoffnung.

       Peter Balleis SJ, Rom, geb. 1957

       Herr, du allein weißt …

      Dass ich bete, ist mir wichtiger, als wann und wie oder wie lange. Aber ich brauche eine feste Zeit. Das ist der frühe Morgen. Und ein fester Ort ist gut für mich, wenn ich zuhause bin: mich ausrichten, bewusst anfangen. Ich bete zu Jesus: dem Herrn, dem Kyrios, dem Bruder, dem Freund. Seit fast 30 Jahren komme ich bei meiner Betrachtung oft nicht über dieses Vorbereitungsgebet hinaus, sehr oft spreche ich nur einen Teil davon: »Herr, du allein weißt, wie mein Leben gelingen kann … Hilf mir loszulassen, was mich daran hindert, dir zu begegnen … Hilf mir zuzulassen, was in mir Mensch werden will …«. Seit 1985, als ich in den Orden eintrat, bete ich so.

      Du allein weißt … loslassen … zulassen … Mensch werden …: Mehr habe ich nicht zu beten und zu bitten. Ich verdanke das Gebet Stefan Hofer SJ. Mein Novizenmeister war ein weiser Mann, ein Menschenkenner, barmherzig. Meine Wertschätzung für ihn ist mir erst spät bewusst geworden. Ich vermisse ihn. Als ich nach 20 Ordensjahren neun Monate (!) lang mein Tertiat in den USA machte und mich oft verloren fühlte, konfrontiert mit all dem, was in diesen 20 Jahren gelungen, was schiefgegangen, was auf der Strecke geblieben war, womit ich zu meiner Bestürzung mit aller Wucht aufmerksam wurde, fand ich Trost in diesem Gebet. Es lässt mich Jesus direkt ansprechen und bitten. Auch um die eigene Menschwerdung, die wohl erst mit dem letzten Atemzug abgeschlossen ist. Ich muss ständig Texte lesen, bearbeiten, edieren, formatieren. Vielleicht ist deswegen mein Beten einfacher geworden und auch konkreter. Loslassen: die Bilder, die Begriffe, die Vorstellungen, meinen Alltag und was damit an Gutem wie an Schlechtem verbunden ist. Zulassen: was in mir zum Menschsein drängt, aber nicht beachtet, nicht gepflegt, nicht wahrgenommen wird.

      Nicht fremd ist mir die Bitte an den Heiligen Geist aus einem Pfingstlied: »Bete du in uns, wo wir stumm bleiben …«. Das Verstummen – aus Wut, Aggression, Traurigkeit, Erschöpfung – ist auch eine Erfahrung. Sie verführte mich einmal dazu, monatelang überhaupt nicht mehr zu beten. Bei einem Freund

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