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blieb wohl immer wieder stehen, machte Besinnungs- und Verschnaufpausen, dachte über sein neues Leben nach, schaute fasziniert auf die Berge, die endlose Weite, eine seltene Blume. Das Öffnen der äußeren Sinne kann man schon ganz einfach üben, wenn man sich gelegentlich für den Weg ins Geschäft die doppelte Zeit nimmt und dann staunend entdeckt, woran man jahrelang vorbeigegangen ist. Für Ignatius gab es darüber hinaus noch eine mystische, symbolgeladene Überhöhung. Wenn er drei Blumen, drei Tiere beieinander sah, dann konnte ihn dies an das Geheimnis der dreieinigen göttlichen Liebe erinnern und in ein inneres Außer-sich-Sein, eine Ekstase, versetzen.

      Die Wahrnehmung durch die Sinne spielt sich in den Übungen der Exerzitien auch beim Meditieren, beim Betrachten biblischer Stellen ab. Ignatius betont immer wieder, man müsse die biblischen Szenen mit allen Sinnen auf sich wirken lassen: Was gibt es zu hören, was gibt es zu sehen, was gibt es zu riechen und zu schmecken, was gibt es zu berühren? Und natürlich: Welche Szenen spielen sich nacheinander ab, wie stehen die Personen in Beziehung zueinander, was empfinden, denken und sprechen sie? Er lädt ein, den »Schauplatz« zu konstruieren und anzuschauen ähnlich wie ein Gestalter von Kulissen, und er lädt ein, sich in die Personen hineinzuspüren, in deren Denken und Empfinden. Empathie lernen würde man dazu heute sagen. Einfühlen, Würdigen der Wirklichkeit und der Personen. Der Pilger Ignatius war nicht nur im Ausland unterwegs, sondern durch seine geistlichen Begleitungen von Menschen auch im »Inland« der Seelen. Dort begegnete er Verwundungen und Wundern, Finsternissen und Erleuchtungen, Alltäglichkeiten und mystischer Glaubenstiefe. Manchmal konnte er sich vor Freude kaum halten, wenn Menschen für ihn transparent wurden für die erlösenden Wirkungen des heilenden und heiligen Geistes Gottes.

      Ein bekanntes Gedicht von J. W. Goethe führt einem einen Menschen vor Augen, dem das Sehen und Schauen zum Beruf gegeben ist. Es ist das Lied vom Türmer Lynkeus:

      Zum Sehen geboren,

      Zum Schauen bestellt,

      Dem Turme geschworen,

      Gefällt mir die Welt.

      Ich blick’ in die Ferne,

      Ich seh’ in der Näh’

      Den Mond und die Sterne,

      Den Wald und das Reh.

      So seh’ ich in allen

      Die ewige Zier,

      Und wie mir’s gefallen,

      Gefall’ ich auch mir.

      Ihr glücklichen Augen,

      Was je ihr gesehn,

      Es sei, wie es wolle,

      Es war doch so schön!4

      Sosehr dieses Lied des Türmers die Freude des Schauens im Kontext des Wächteramtes und die Herrlichkeit der Welt und der Landschaft besingt, so sehr weiß Goethe auch um die andere Seite des Schauens. Es packt den Wahrnehmenden ein »gräuliches Entsetzen«, als er die Idylle von Philemon und Baucis in Flammen aufgehen sieht. Kontemplative Existenz kann einem auch den Blick ins Schreckliche eröffnen. »Ephata« – »Tu dich auf«, so heißt es beim Ritus der Taufe. Öffne dich für die Welt, die Wirklichkeit, für das Leben mit all seinen Schönheiten und Schrecken. Wenn du die Wirklichkeit mit den »Augen des Herzens« anschaust (vgl. Eph 1,18) und die »Wahrheit von der Liebe geleitet« weitergibst, dann wächst und lebst du im Reich Gottes (vgl. Eph 4,14f.). Dem Pilger, dem »Gast auf Erden«, kann dann alles zum Weg, zur Wahrheit und zum Leben werden.

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