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Die Revolverreiter von Dodge City: Western Bibliothek 10 Romane. Pete Hackett
Читать онлайн.Название Die Revolverreiter von Dodge City: Western Bibliothek 10 Romane
Год выпуска 0
isbn 9783745216455
Автор произведения Pete Hackett
Жанр Вестерны
Издательство Readbox publishing GmbH
„Hast du nicht gehört, du Bandit? Du sollst reiten! Oder willst du, dass ich es mir noch anders überlege? Los, Mann, verschwinde, ehe es zu schwer für mich wird!“
Henshaw schluckte würgend und wendete seinen Gaul.
Tonto rief scharf: „Eines verspreche ich dir, Henshaw! Wir sehen uns wieder! Dann werden wir uns noch einmal über Smoletts und Rafmans Tod unterhalten!“
Wortlos schlug Nat Henshaw seinem Pferd die Sporen in die Weichen. Die Hufe begannen zu hämmern, Staub wehte ins gelbe Lampenlicht. Tief geduckt, als fürchte er, dass sich Tonto doch noch anders besinnen und ihm eine Kugel nachsenden könnte, jagte der Verbrecher die Straße entlang zum nahen Ortsausgang. Bald darauf hatte ihn die Nacht verschluckt.
Gray Baxter seufzte tief und ließ seinen 45er Colt sinken.
„Ich danke Ihnen, Tonto!“
Das Feuer in seinen grauen Augen erlosch. Plötzlich wirkte er viel älter, als er in Wirklichkeit war.
Tonto stieß die Mündung seines Gewehres nach unten.
„Danken? Nein, das brauchen Sie nicht! Baxter, ich habe das noch zu keinem Menschen gesagt, aber ich glaube, in Ihnen habe ich wirklich einen großen Mann vor mir!“
Jetzt, da Baxter erreicht hatte, was er wollte, begann er im Sattel zu wanken. Tonto eilte auf ihn zu, da rutschte Baxter bereits vom Pferd. Seine Hände krallten sich am Sattelhorn fest, um sich aufrecht zu halten. Aber in seinen halbgelähmten Beinen war keine Kraft mehr. Die Last des Körpers war zu schwer. Baxter brach ächzend zusammen. Sein Pferd wich nervös schnaufend zur Seite.
Tonto beugte sich über den großen grauhaarigen Mann.
„Helfen Sie mir hoch, Tonto!“, bat Baxter. „Helfen Sie mir auf das Pferd!“
„Baxter!“, sagte Tonto und schüttelte den Kopf. „Sie sind am Ende! Sie können jetzt keine halbe Meile mehr im Sattel zurücklegen.“
„Helfen Sie mir!“, wiederholte Gray Baxter. „Irgendwie werde ich es schon schaffen! Verstehen Sie nicht? Ich muss aus Silverrock verschwinden! In ein paar Minuten wird Monroe wissen, dass ich hier zu finden bin! Sie können sich ausrechnen, was dann geschieht!“
Tonto biss sich auf die Unterlippe. Er griff Baxter unter die Achseln, und der Grauhaarige tat alles, um sich gleichzeitig selbst in die Höhe zu stemmen. Er wankte. Tonto hielt ihn fest.
„Danke!“, ächzte Baxter. „Ich wünschte nur, wir wären uns gleich von Anfang an als Freunde begegnet! Tonto, werden Sie mich jetzt noch auf das Pferd bringen? Ich fürchte, allein ist es eine Unmöglichkeit für mich.“
Baxter streckte die Hände aus und packte hart das Sattelhorn.
Tonto fasste ihn am Gürtel. Er konnte sich kaum vorstellen, wie Baxter es draußen im Camp alleine geschafft hatte, auf den Rücken seines Gauls zu kommen.
„Jetzt!“, stieß Baxter gepresst hervor.
Tonto stemmte den schweren Mann in die Höhe. Baxter zog mit beiden Händen. Er schwang sein steifes Bein über die Hinterhand des Pferdes, im nächsten Moment saß er im Sattel. Mühsam drehte er sein vor Anstrengung verzerrtes Gesicht dem jungen Mann zu.
„Geschafft!“, murmelte er brüchig.
Er ließ das Sattelhorn los und langte nach den Zügeln.
Im nächsten Moment kippte seine große Gestalt erschlaffend zur Seite. Tonto kam gerade noch zurecht, um den Bewusstlosen aufzufangen …
*
Gehetzt schaute Tonto die Main Street entlang. Nirgends war ein Mensch zu sehen. Wieder verlöschten in einem Haus die Lichter, und jetzt war der Frontier Palace das einzige Gebäude, dessen Fenster noch hell waren.
Beim Anblick des Saloons kam Tonto ein Gedanke. In ganz Silverrock gab es nur einen Platz, wohin er Gray Baxter bringen konnte: Sally Milburns Zimmer im Oberstock des Frontier Palace.
Es blieb keine Zeit zum Überlegen. Henshaw würde wie vom Teufel gehetzt reiten, um Monroe von dem geplanten Vernichtungsschlag Sol Denricks gegen die Stadt zu berichten. Und sicher hielt sich Denrick mit seiner Bande bereits am Ortsrand auf. In spätestens einer halben Stunde würde im Silverrock Basin die Hölle losbrechen!
Tonto presste die Lippen zusammen und stapfte los. Das kurzläufige Henry Gewehr hing an einem Riemen über der linken Schulter, Baxters schlaffe Gestalt ruhte auf der rechten. Mit beiden Händen hielt er den Ohnmächtigen fest. Red Blizzard trottete wie ein folgsamer Hund hinter ihm her.
Baxter war schwer, und als Tonto die Rückfront des Saloons erreichte, war er in Schweiß gebadet. Der Lärm im Frontier Palace hatte beträchtlich nachgelassen. Vorne klappten die Schwingtüren, wahrscheinlich verließen die letzten Gäste den Saloon.
Stufe um Stufe stieg Tonto mit Baxter die Treppe empor, die außen an der Saloonrückwand zum Obergeschoss führte. Oben auf der von einem Geländer gesäumten Galerie verharrte er verschnaufend einen Moment. Dann näherte er sich dem Eingang.
Ehe er die Tür erreichte, wurde sie von innen aufgestoßen. Gelber Lampenschein brandete ins Freie und blendete Tonto einen Augenblick. Unwillkürlich bewegte sich seine Rechte zur Hüfte hin. Aber das Coltholster war leer, und das Gewehr auf dem Rücken war momentan unerreichbar für ihn.
Cleve Milburn stand breitbeinig auf der Schwelle, einen schussbereiten Revolver in der Faust.
Er starrte Tonto überrascht an. Tonto hatte das Gefühl, einen Schlag in die Magengrube erhalten zu haben. Jeder Muskel in ihm verkrampfte sich in Erwartung des tödlichen Schusses.
Milburn fragte heiser: „Was wollen Sie hier?“
An Tontos Stimme war nichts von seiner Aufgewühltheit zu merken.
„Dieser Mann braucht Hilfe“, erklärte er ruhig. „Ich möchte ihn zu Sally bringen! Sie können dann immer noch …“
„Wer ist er?“, unterbrach ihn Milburn. Eine seltsame wilde Ungeduld schwang in seinem Tonfall.
Tonto zögerte. Er wusste, wie verhasst die Baxter Crew bei Elmer Monroes Leuten war. Er erinnerte sich an die Überfälle auf die Silbertransporte. Und er fürchtete, dass ihm keine Zeit blieb, zu erklären, dass dies alles nicht Gray Baxters Schuld war.
„Zum Geier! Haben Sie nicht gehört?“, fauchte Milburn. „Wer ist der Mann?“
„Ein Feind Monroes!“
Einen Moment blieb Cleve Milburn völlig bewegungslos, dann steckte er zu Tontos Erstaunen seinen Revolver in die Halfter und wich in den lampenerhellten Korridor zurück.
„Bringen Sie ihn herein!“
Tonto folgte sofort. Milburn öffnete eine Tür. Das Licht aus dem Korridor fiel in ein kleines sauberes Zimmer. An den Einrichtungsgegenständen und an den Kleidern in einem offenstehenden Schrank erkannte Tonto, dass es das Zimmer einer Frau war. Er glaubte, Sallys Parfüm zu riechen.
„Legen Sie ihn auf das Bett!“, sagte Milburn.
Tonto folgte der Aufforderung. Dann drehte er sich mit wachsamen Augen Sallys jungem Bruder zu. Cleves Gesicht zeigte keine Feindseligkeit, es wirkte besorgt und seltsam entschlossen.
„Wo ist Sally?“, fragte Tonto schnell. „Unten im Saloon?“
Cleve Milburn schüttelte mit zusammengebissenen Zähnen den Kopf. Die Sorge in seiner Miene ging auf Tonto über. Hastig trat er auf den jungen schwarzhaarigen Mann zu.
„Wo ist sie? Reden Sie doch!“
Noch immer wortlos, griff Cleve in die Brusttasche seines Hemdes und holte einen zusammengefalteten Papierbogen hervor. Er reichte ihn Tonto.
„Das habe ich vor zehn Minuten auf Sallys Bett gefunden!“, sagte er tonlos.
Tontos Herz pochte hart, als er eilig das Papier entfaltete.