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gibt es ja eine Seele, und das Bewusstsein ist jetzt in ihr!“

      „Bewusstsein wird vom Gehirn produziert, das Gehirn ist tot, und damit ist das Bewusstsein erloschen. Alles andere gehört in den Bereich der Märchen.“

      „Vielleicht produziert das Gehirn ja gar nicht das Bewusstsein, sondern vermittelt es nur!“

      „Eine unsinnige Vorstellung!“

      „Zwischen Hirn- und Bewusstseinsvorgängen sind strikt naturwissenschaftlich gesehen gar keine Verursachungen nachweisbar.“

      „Lächerlich. Die Abhängigkeit des Bewusstseins von Gehirnfunktionen ist klar bewiesen.“

      „Ja, es gibt funktionale Abhängigkeiten und Korrelationen. Aber die gibt es auch, wenn des Gehirn nicht Produzent, sondern Transmitter von Bewusstsein wäre.“

      „Esoterischer Unsinn! Am Ende landen wir dann wieder im Mittelalter – bei der Vorstellung von einer Seele, bei unbeweisbaren Schöpfungssphären und beim lieben Gott. Seien wir froh, dass wir den blinden Glauben überwunden haben!“

      Showdown im Staubwirbel der Unsachlichkeit.

      Der fiktive Dialog ist nicht ganz frei erfunden. Die Vorbehalte gegenüber der Existenz einer Seele entsprechen der überwiegend materialistischen Weltanschauung unserer Tage, und die Vermutung, dass unser Gehirn nicht Produzent, sondern Transmitter von Bewusstsein ist, geht auf den bedeutenden amerikanischen Philosophen William James (1842–1909) zurück, der in jüngster Zeit neu entdeckt wird. Der Dialog sollte als Beispiel dafür dienen, dass die Frage, ob wir Menschen unsterblich sind, durchaus nicht so einfach zu beantworten ist, sofern ein wenig an den Oberflächen gekratzt wird – sowohl des Glaubens, als auch der Naturwissenschaft.

      Die Frage ist gewiss ein Buch wert.

      Ich empfand große Freude und Ermutigung, als mein Verleger – angeregt einerseits durch Illobrand von Ludwigers Buch „Unsterblich in der 6-dimensionalen Welt“ (Verlag Komplett-Media, 2013) über Burkhard Heim (1925–2001), und andererseits durch die zweibändige wissenschaftliche Großtat „Das Unsterblichkeitsproblem“ von Gerda Lier (1942–2009) – die Idee für eine solche Publikation just zu dem Zeitpunkt in den Raum stellte, als ich mich selbst eingehend mit diesem Thema befassen wollte.

      So flossen letztlich zwei Konzepte in die folgenden sieben Buchkapitel ein, die viele interessante und spannende Aspekte zusammenfassen. Naturwissenschaftliche, philosophisch, religiöse – und solche, die man gar nicht zuordnen kann.

      Wir beginnen bei der tiefen Sehnsucht des Menschen, (ewig) zu leben, die sich im Kampf gegen Krankheit und Alter, in Medizin und Technik ebenso zeigt wie in religiös-spirituellen Praktiken. Und wir enden wieder bei dieser Sehnsucht. Dann aber mit der bestmöglichen Antwort auf die Frage, ob wir Menschen nun unsterblich sein könnten oder nicht.

      Auf der Suche nach dieser Antwort werden wir etablierte Anschauungen hinterfragen, diffuse Erklärungen auf den Punkt bringen und uns nicht von Verallgemeinerungen oder Nebenschauplätzen ablenken lassen. Ganz wie der kleine Tobby.

      „Mama! Wo kommen die Löcher im Käse her?“

      KAPITEL 1: Sind alle Lebewesen Sterbewesen?

      Michaels Traum von der Unsterblichkeit ist sehr konkret. Er wird sich kryonisieren lassen. Unmittelbar nach dem klinischen Tod, mit dem nach seiner Meinung der Sterbeprozess noch nicht zu Ende ist, wird er auf knapp über Null Grad abgekühlt werden. Dann wird eine Vitrifikation vorgenommen, sein Blut wird durch eine spezielle Kühlflüssigkeit ersetzt. Auch das Gehirn wird dabei vitrifiziert. Vor allem für dieses Organ ist es entscheidend, dass durch das weitere Abkühlen keine Zellen beschädigt werden. Anschließend wird Michael kopfüber in einen hohen Tank mit flüssigem Stickstoff gekippt und bei minus 196° Celsius konserviert. In diesem doppelwandigen Vakuum-Isoliergefäß befinden sich noch drei weitere Menschen sowie fünf „Neuros“, menschliche Köpfe. 9 Personen also insgesamt. Der Kühlbehälter bleibt fortan unter regelmäßiger Kontrolle. Stickstoff wird, wenn immer es nötig ist, nachgetankt. Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte lang.

      Irgendwann, davon ist Michael überzeugt, wird die Wissenschaft soweit fortgeschritten sein, dass man ihn auftauen und wiederbeleben kann. Wenn dann das Altern und der Tod von der Medizin besiegt sind, wird er zu denen gehören, die ewig leben.

      Michael ist Bürger der USA. Er hat sich schon vor mehr als 20 Jahren für das Kryonisieren entschieden und dafür an die im Jahr 1972 gegründete „Alcor Life Extension Foundation“, Arizona, gut 30.000 Dollar bezahlt. Diese nach eigenen Angaben nicht gewinnorientierte Organisation ist international der Kryonik-Pionier. Das Interesse am Einfrieren ist groß. Mehr als 1.000 Menschen sind – wie Michael – vertraglich vorangemeldet. Und die Zahl der Stickstoff-Tanks wächst und wächst und wächst. In jedem sind entweder 45 Neuros oder eben vier Körper und fünf Köpfe konserviert. Die „Neurokonservierung“ ist platzsparender und kostet deshalb nur die Hälfte.

      Mittlerweile gibt es in den USA bereits einen zweiten Kryonik-Anbieter, der mit der Hoffnung auf Auferstehung und der Chance auf ewiges Leben handelt. Die Preise steigen mit dem Aufwand. Bezahlt wird für das Haltbarmachen und Einfrieren, aber auch für ein Patientenkonto, das für den Unterhalt sowie für eine eventuelle Wiederbelebung eingerichtet wird.

      Vielen Menschen gibt die Aussicht, in einer glücklichen Zukunft für ein ewiges Leben erwachen zu können – aber eben nicht in einem zweifelhaften Jenseits, sondern konkret hier auf der Erde –, Trost und Halt. Sie haben das gute Gefühl, aktiv etwas gegen den Tod zu unternehmen und wirken damit ihrer Angst vor dem Sterben entgegen. Dieses Gefühl ist ihnen viel Geld wert.

      Andere, die in die Kryonik investieren, sind sterbenskrank und hoffen auf künftige Möglichkeiten, Krankheiten heilen zu können.

      Alte Menschen erträumen sich einen jüngeren, gesunden Körper. Im Glauben, irgendwann könnten Ganzkörper-Transplantationen möglich sein, reicht es ihnen, wenn mit dem Kopf ihr Gehirn konserviert wird. –

      Zweifellos werden solche Kryonik-Angebote nicht auf die USA beschränkt bleiben. Auch in Deutschland wurden bereits diesbezügliche Überlegungen bekannt. Allerdings gibt es hier auf Grund der rechtlichen Situation Beschränkungen. Eine Vitrifikation darf zwar durchgeführt werden, aber die dauerhafte Lagerung der Leichen – um solche handelt es sich nach Auffassung des Gesetzgebers – ist nicht erlaubt.

      Den Begriff „Leiche“ hören Kryoniker im Zusammenhang mit dem Einfrieren natürlich nicht gern. Der Betroffene gilt als Patient – doch nicht als tot. Die „Alcor“-Organisation in Arizona beschreibt auf ihrer Homepage als Zweck ihrer Tätigkeit, mit Hilfe der „besten verfügbaren Technologie“ das Leben des Menschen „zu bewahren“. Nach dem klinischen Tod müsse dazu „so schnell wie möglich in den Sterbeprozess eingegriffen“ werden. „Alcor“ sieht also ihre Räumlichkeiten definitiv nicht als Leichenhallen und ihre Arbeit nicht als Bestattungstätigkeit. Auch wenn manche Kunden darauf bestehen, in den gleichen Tank wie ihre Angehörigen verbracht oder gemeinsam mit ihrem Haustier gelagert zu werden.

      Jedenfalls verortet diese Betrachtungsweise das Leben des Menschen mit äußerster Konsequenz im Physischen und nirgendwo sonst. Michael wird sich kryonisieren lassen, nicht etwa seinen Körper. Er selbst wird in den Stickstoff-Tank gekippt. Da ist nichts, was er als Mensch besitzt. Er hat keinen Körper, er ist sein Körper, und nur in diesem kann Leben sein.

      Früher glaubten die meisten Menschen an eine Seele, die das Leben bewahrt. Heute rankt der Glaube sich um Medizin und Technik.

      Zu Recht?

      In der seriösen Wissenschaft ist die Kryonik sehr umstritten – um es milde auszudrücken. Der Ansatz, meinen Kritiker, sei vergleichbar der Idee, aus einem Hamburger wieder eine Kuh zu machen. Das habe nichts mit „Science“ (Wissenschaft), sondern nur mit „Science-ficition“ zu tun. Alles in allem würden gutgläubige Menschen mit einer wertlosen Dienstleistung betrogen.

      Die konkreten Argumente für diese vernichtende Einschätzung

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