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Читать онлайн.Solange wir die Wahrheit der Unbeständigkeit nicht wirklich verstehen, verbringen wir unser Leben und sogar unsere Meditationspraxis mit der Suche und dem Verlangen nach anderen Menschen, Besitztümern und Erfahrungen. Wir verheddern uns in all den Erscheinungen von Saṃsāra, den Zyklen von Geburt und Tod, und verfestigen dabei unser Empfinden eines Selbst. Da gibt es keinen Frieden.
Das Folgende ist ein Auszug aus Das Leben des Shabkar, einem Buch über die Lehren eines tibetischen Wander-Yogis aus dem 18. Jahrhundert. Es ist ein starkes Zeugnis über die Wahrheit der Veränderung:
»An einem anderen Tag ging ich zu einer blumenübersäten Wiese, um etwas frische Luft zu atmen. … Beim Singen, im Zustand des Gewahrseins der vollkommenen Sicht, bemerkte ich in der Fülle von Blumen, die sich vor mir ausbreitete, eine besondere Blume, die sich sanft auf ihrem langen Stängel wiegte und einen süßen Duft verströmte. Während sie sich von Seite zu Seite neigte, hörte ich im Rascheln ihrer Blütenblätter dieses Lied:
Hör mich an, Bergbewohner: …
Ich möchte deine Gefühle nicht verletzen,
Aber dir fehlt tatsächlich sogar das Gewahrsein
Von Vergänglichkeit und Tod,
Von der Verwirklichung der Leerheit ganz zu schweigen.
Wer dieses Gewahrsein hat,
Den lehren alle äußeren Phänomene Vergänglichkeit und Tod.
Ich, die Blume, werde dir, dem Yogi,
Jetzt einige hilfreiche Ratschläge
Über Tod und Vergänglichkeit erteilen.
Als Blume, die auf einer Wiese geboren wurde,
Erfreue ich mich vollkommenen Glücks
Mit meinen farbenfrohen Blütenblättern in voller Blüte.
Umgeben von einer Wolke eifriger Bienen,
Tanze ich fröhlich, sanft im Winde wiegend.
Wenn feiner Regen fällt,
Hüllen meine Blütenblätter mich ein;
Wenn die Sonne scheint, öffne ich mich wie ein Lächeln.
Im Augenblick sehe ich ganz gut aus.
Aber das wird nicht lange vorhalten,
Überhaupt nicht.
Unwillkommener Frost wird diese lebhaften Farben
Stumpf werden lassen,
Bis sie braun werden und ich verwelke.
Wenn ich daran denke, bin ich beunruhigt.
Später noch werden Winde –
Stürmisch und gnadenlos –
Mich auseinanderreißen,
Bis ich mich in Staub verwandele. …
Du, Einsiedler, …
Bist von der gleichen Natur.
Umgeben von einer Menge Schüler,
Erfreust du dich eines schönen Aussehens,
Dein Körper aus Fleisch und Blut ist voller Leben;
Wenn andere dich loben, tanzt du vor Freude; …
Im Augenblick siehst du ganz gut aus.
Aber das wird nicht lange vorhalten,
Überhaupt nicht.
Ungesundes Altern wird dich
Deiner gesunden Lebenskraft berauben;
Dein Haar wird weiß werden
Und dein Rücken krumm. …
Wenn die unbarmherzigen Hände
Von Krankheit und Tod dich berühren,
Wirst du diese Welt
Für das nächste Leben verlassen. …
Weil du, durch die Berge streifender Einsiedler,
Und ich, eine Bergblume,
Berg-Freunde sind,
Habe ich dir diese guten Ratschläge angeboten.
Dann verfiel die Blume in Schweigen.
Als Erwiderung sang ich:
Oh prächtige, auserlesene Blume,
Dein Diskurs über Vergänglichkeit
Ist wahrlich wundervoll.
Aber was sollen wir beide tun?
Gibt es gar nichts, was getan werden kann? …
Die Blume antwortete: …
Unter allen Aktivitäten in Sāṃsara
Ist nicht eine von Dauer.
Was immer geboren wird, wird sterben;
Was immer zusammengesetzt wird, wird auseinanderfallen;
Was immer gesammelt wird, wird sich zerstreuen;
Was immer hoch ist, wird fallen.
Eingedenk dessen beschließe ich,
Nicht an diesen saftigen Wiesen anzuhaften.
Selbst jetzt, im vollen Glanz meiner Erscheinung,
Selbst während meine Blütenblätter sich prächtig entfalten …
Auch du, noch stark und gesund,
Solltest ablassen vom Anhaften. …
Suche das reine Feld der Freiheit,
Die große Gelassenheit.«3
BETRACHTUNG VON KARMA
Das Verständnis des Gesetzes des Karma ist die dritte Möglichkeit zur Erzeugung von Unermüdlichkeit in unserer Praxis. Dabei geht es um die grundlegende und wesentliche Erkenntnis, dass all unser willentliches Tun des Körpers, der Rede und des Geistes je nach dahinter stehender Absicht Konsequenzen nach sich zieht. Handeln wir aus Gier, Hass oder Verblendung, führt es zu unangenehmen Ergebnissen. Handeln wir aus Nicht-Gier, Nicht-Hass und Nicht-Verblendung, entstehen vielerlei Arten von Glück und Wohlbefinden.
Dem Gesetz des Karma entsprechend können wir nur von unseren Handlungen und deren Folgen wirklich sagen, dass sie zu uns gehören. Die Konsequenzen unseres Tuns verfolgen uns wie ein Schatten oder, um ein altes Bild zu verwenden, wie das Rad des Karrens, das dem Fuß des Ochsen folgt. Dieses Prinzip ist so grundlegend und weitreichend, dass es vom Buddha und anderen großen erleuchteten Wesen bis heute immer wieder betont wurde. Die allerersten Zeilen der Dhammapada verweisen auf genau diese Erkenntnis:
»Der Geist ist der Wegbereiter aller Dinge. Sprich oder handele mit unreinem Geist, und Leiden folgt wie das Wagenrad dem Huf des Ochsen.
Der Geist ist der Wegbereiter aller Dinge. Sprich oder handele mit friedvollem Geist, und Glück folgt wie ein Schatten, der nie weicht.«4
Es gibt die berühmte Aussage von Padmasambhava, dem großen indischen Adepten, der den Buddhismus nach Tibet gebracht hat: »Meine Sichtweise ist so weit wie der Raum. Meine Aufmerksamkeit auf das Gesetz des Karma ist so fein wie Gerstenmehl.« Der Dalai Lama sagte: Müsste er wählen, ob er in seinen Lehren den Schwerpunkt auf Leerheit oder auf Karma