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Dialektik des geisteswissenschaftlichen Universums. Horst-Joachim Rahn
Читать онлайн.Название Dialektik des geisteswissenschaftlichen Universums
Год выпуска 0
isbn 9783960085553
Автор произведения Horst-Joachim Rahn
Жанр Языкознание
Издательство Автор
► Was spricht für den Fleiß? „Ohne Fleiß kein Preis“ (Sprichwort). Und: „Das Beste findet sich dort, wo sich Fleiß und Begabung verbindet“ (J. Kepler). Meine volle Unterstützung hat der folgende Spruch: „Der Fleiß bringt heimlichen Segen, wenn du arbeitest mit Lust“ (Hebbel). Folge: „Umso härter ich arbeite, umso glücklicher werde ich“ (S. Goldwyn). Auch: „Fleiß ist aller Tugenden Anfang“ (Friedrich der Große). Napoléon Bonaparte geht sogar so weit, dass er behauptet: „Genie ist Fleiß.“ Dazu passt: „Geniale Menschen beginnen große Werke, fleißige Menschen vollenden sie“ (Leonardo da Vinci). Fleiß ist auch mit Betätigungsdrang verbunden: „Alles gelingt, wen man mit rechtem Eifer angreift“ (S. Smiles). Und: „Fleiß ist die beste Form der Leidenschaft“ (Th. Mann). Auch für die Kunst gilt: „Kunst ist Fleiß“ (Sprichwort). „Die Talente sind oft gar nicht so ungleich, im Fleiß und im Charakter liegen die Unterschiede“ (T. Fontane). Der amerikanische Profi-Golfer E.T. Tiger Woods verriet: „Ich messe den Erfolg nicht an meinen Siegen, sondern daran, ob ich jedes Jahr besser werde.“
► Ist der Fleiß nur positiv zu bewerten? Manche Menschen behaupten: „Wer viel arbeitet, dem fehlt die Cleverness!“ (unbekannt). „Fleiß ist die Chance der Unbegabten“ (A. Bechmann). Oder: „Fleiß ist die Wurzel aller Hässlichkeit“ (O. Wilde). Vom gleichen Autor: „Ehrgeiz ist die letzte Zuflucht des Versagers“ (O. Wilde). War der sehr begabte irische Dichter Oscar Wilde kein Freund des Fleißes? Oder kokettierte der als überheblich bekannte Erfolgsschriftsteller mit obigen Aussagen nur mit dialektisch zugespitztem Spott? Es hatte sich nämlich herausgestellt, dass er durchaus perfektionistische Phasen hatte, wo er seine Werke immer wieder akribisch überarbeitete. Zum Thema Fleiß und Klima: „Die Faultiere leben im tropischen Südamerika, und zeichnen sich dadurch aus, dass sie sich von jeder Tätigkeit mit Fleiß fernhalten“ (J.G.A Galletti). Zum Schluss zum Nachdenken: „Nicht nur „ohne Fleiß kein Preis“, sondern auch kein Fleiß ohne Preis“ (E. Blanck).
► Zu welchem Ergebnis kommen wir hier? Die Antithesen sind teilweise arrogant formuliert. „Fleiß ist nicht die Chance der Unbegabten, sondern der Talentierten, denn Intelligenz allein reicht zum Erfolg nicht aus.“* „Vor allem hat es der Fleiß nicht verdient, gegen die Cleverness ausgespielt zu werden.“* Für die Einstellung der nachwachsenden Generation zur Arbeit ist das in keiner Weise dienlich, sondern schädlich. Wenn es um Fleiß geht, drücken sich manche: „Bei Ausreden ist die Welt voller Erfinder“ (H. Wiener). Und: „Wenn die Pflicht ruft, gibt es viele Schwerhörige“ (G. Knuth). Ein Tipp: „Wir sollten mehr tun und weniger reden“ (Ding Xiaoping). Der frühere Bundeskanzler H. Kohl sagte zu Recht: „Fleiß und Gemeinsinn sind die Grundlagen für den Reichtum unseres Landes.“ Fazit:
„Die Abwertung des Fleißes ist Versündigung an der Leistungsgesellschaft“
(Horst-Joachim Rahn)
„Die Welt lebt von Menschen, die mehr tun als ihre Pflicht“ (E. Balser). Im Berufsleben und in der Wissenschaft spielt der Fleiß sogar eine sehr große Rolle. Nicht zuletzt wegen des enormen Fleißes unseres Volkes haben wir es geschafft, dass aus den vielen Trümmern nach dem Zweiten Weltkrieg eine erfolgreiche Nation wurde.155 Auch gilt: „Das vorliegende Werk zur Dialektik des geisteswissenschaftlichen Universums wäre ohne Fleiß nicht möglich geworden.“* Warum der Fleiß auch in der Schule heute mitunter abgewertet wird, kann ich nicht nachvollziehen. Leider haben sich auch bei manchen Lehrkräften Meinungen breit gemacht, die für die Entwicklung unserer Gesellschaft nicht gut sind. Fleiß ist nicht durch Intelligenz ersetzbar, sondern beide führen nur zusammen zum Ziel.
Auch das Auswendiglernen (z. B. von Vokabeln, Wendungen, Gedichten oder Formeln), hat durchaus seinen Sinn. Es wird von Betroffenen häufig kritisiert, ist aber zum Training der Merkfähigkeit notwendig und lässt sich nicht durch bequemes, reines verstehen Wollen ersetzen. „Wer es sich in der Gesellschaft von Anfang an bequem machen will, wird schon früh scheitern.“* Zum Schluss die wahre Erkenntnis: „Der Fleiß bringt Brot und die Faulheit Not!“ (Sprichwort). „Leider gibt es zum Thema Fleiß wenig gute deutsche Literatur: Auch hier zeigt es sich, dass der Fleiß nicht den Stellenwert besitzt, der ihm eigentlich zukommt.“*
2. 4. 13 Bescheidenheit
Die Bescheidenheit156 ist eine Tugend des Menschen, die sich in einem genügsamen, zurückhaltenden bzw. anspruchslosem Verhalten äußert. „Bescheidenheit ist der Anfang aller Vernunft“ (L. Anzengruber). Was ist sie nicht? „Bescheidenheit ist nicht ärmliches Verhalten, sondern Zufriedenheit mit dem Wenigen“ (G.P. Bischoff). Bescheidenheit ist der Verzicht auf etwas zugunsten anderer Menschen. Bescheidene Menschen beanspruchen von etwas Gegebenem nur wenig für sich selbst, selbst dann, wenn die Möglichkeit der Vorteilnahme besteht: „Der brave Mann denkt an sich selbst zuletzt“ (F. von Schiller). Demut ist demgegenüber eine Verhaltensweise gegenüber Gott. „Alle Pietät geht von der Bescheidenheit aus“ (J. Ruskin). Auch gilt: „Tiefe schafft Bescheidenheit“ (J.V. von Scheffel). Das Gegenteil von Bescheidenheit ist Größenwahn, beispielsweise im Rahmen kapitalistischer Völlerei: Grenzenlose Wachstumserwartungen befördern die Gier nach Kapital, während arme Menschen das teilen, was sie haben.157 Ein harter Tadel der Habgier ist hier angebracht.158
► Erfreulich ist, dass es bescheidene Menschen auch heute noch gibt. „Glück ist Selbstgenügsamkeit“ (Aristoteles). „Bescheidenheit ist das Einmaleins zum Glück“ (E. Baschnonga). Und: „Weisheit ist bei den Demütigen“ (Sprüche 11,2). Woher kommt dieses Verhalten? „Die Bescheidenheit glücklicher Menschen kommt von der Ruhe, welches das Glück ihren Gemütern verleiht“ (La Rochefoucauld). Diese Gemüter müssen keineswegs große Lichter sein: „Kleine Lichter leuchten auch“ (M. Wichor). Die Jugend ist seit jeher anspruchsloser, muss aber in der Regel auch nicht für den eigenen Lebensunterhalt sorgen: „Bescheidenheit ziert den Jüngling“ (Plautus). Aus Bescheidenheit kann durchaus Respekt erwachsen: „Du möchtest respektiert werden? Sei bescheiden!“ (P. Kosorin). Und beachte: „Schuster, bleib bei deinen Leisten“ (G.S. Plinius). Selbstlos sagt der geniale Maler P. Cézanne: „Die Erkenntnis der eigenen Kraft macht bescheiden.“ Manche werden Menschen deshalb bewundert, aber auch nicht registriert: „Bescheidenheit ist eine Eigenschaft, für die der Mensch bewundert wird, falls die Leute je von ihm hören sollten“ (E.W. Howe). Und Gottfried Keller sagt: „Ich bin noch gar nichts, und muss erst werden, was ich werden will.“ Zum Schluss: „Wenn jemand bescheiden bleibt, nicht beim Lobe, sondern beim Tadel, dann ist er es“ (J. Paul).
► Die Bescheidenheit hat aber auch eine zweite Seite: „Falsche Bescheidenheit ist die schicklichste aller Lügen“ (N. Chamfort). Auch: „Es gibt eine Bescheidenheit, die nur der Mantel des Hochmuts ist“ (C. Sylva). A. Schopenhauer traut dem Verhalten vor allem dann nicht, wenn sich große Geister bescheiden geben: „Bescheidenheit bei mittelmäßigen Fähigkeiten ist bloße Ehrlichkeit. Bei großen Talenten ist sie Heuchelei.“ F.W. Nietzsche interpretiert Bescheidenheit in eine ganz andere Richtung: „Wer sich selbst erniedrigt, will erhöht werden.“ Stimmt das denn? J.W. von Goethe meint: „Nur die Lumpe sind bescheiden, Brave freuen sich der Tat.“ Der irische Dramatiker R.B. Sheridan bringt den Liebhaber ins Spiel: „Bescheidenheit ist eine Eigenschaft, die die Frauen an einem Liebhaber mehr loben als lieben.“ Die folgende Auffassung ist ganz anders: „Bescheidenheit ist oft nur Mangel an Persönlichkeit“ (U. Löchner). Und mit Bezug zur Kunst: „Die Bescheidenheit hat keine Bretter für die Bühne“ (M. Hinrich). Das Thema ist sehr vielschichtig: „Sobald man sich seiner Bescheidenheit bewusst ist, verliert man sie“ (S. Prudhomme). Eine ähnliche Erkenntnis ist: „Die Bescheidenheit, die zum Bewusstsein kommt, kommt ums Leben“ (M. von Ebner-Eschenbach).
► Was lernen wir daraus? Anspruchslosigkeit und Zurückhaltung werden in unserer satten und verwöhnten Gesellschaft bei den Erwachsenen leider immer seltener. Dazu sagt Katherine