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Totensteige. Christine Lehmann
Читать онлайн.Название Totensteige
Год выпуска 0
isbn 9783867549264
Автор произведения Christine Lehmann
Жанр Зарубежные детективы
Издательство Автор
Der Gegenstand war immer noch dunkel, aber deutlich kantiger, sogar leicht konisch.
»Und jetzt pass auf.« Richard lud das Foto aus einem anderen Ordner noch einmal hoch. »Die IT-Fachleute beim LKA haben dein Foto mit dem verwischten Gegenstand nachbearbeitet und versucht, die Bewegung herauszurechnen.«
Viel schärfer war der Gegenstand allerdings nicht geworden. »Jetzt sieht es aus wie ein schwarzer Käfer mit Leuchtdioden«, bemerkte ich.
»Die KT hat«, fuhr er mit mehr Anspannung in der Stimme fort, als mir dieser Schmutzfleck auf dem Foto zu rechtfertigen schien, »unter alle Schränke geschaut, in alle Ecken, alle Ritzen, aber nichts gefunden, was auch nur annähernd so aussieht.«
»Verdammt, was ist das nur für ein Ding?«
Er schaute mich an. »Auf der Liste der KTU stehen Kiessteine, eine Büroklammer unterm Schreibtisch, Hydrokügelchen aus dem Topf mit dem Philodendron, Klemme und Feder eines zu Bruch gegangenen Kugelschreibers, eine leere CD-Hülle unter einem Schrank, ein altes Zehn-Pfennig-Stück. Und so einen Tatort untersucht man besonders sorgfältig. Man ist sogar noch einmal hin, um sich das Büromaterial im Institut anzusehen. Aber es hat sich nichts gefunden, was annähernd so aussieht.«
»Und wem ist jetzt erst aufgefallen, dass auf meinen Fotos etwas drauf ist, was die Polizeikamera nicht erfasst hat?«
»Den Fallanalytikern im LKA. Dieses Foto von dir hilft abzuschätzen, wie weit die Tür sich gegen den Widerstand der Füße öffnen ließ. Die Fallanalytiker haben ausprobiert, ob die Lage der Leiche so sein konnte, wie sie sich auf deinen Fotos erahnen lässt, wenn jemand die Tür knapp vierzig Zentimeter geöffnet hat, um hinauszuschlüpfen. Die Antwort ist Nein. Die Leiche hätte dann anders liegen müssen.«
»Das heißt, man geht davon aus, dass der Täter das Büro durch die Tür verlassen hat.«
»Es gibt keine andere Möglichkeit. Das Büro hat zwar noch eine zweite Tür, aber sie ist seit Jahren verschlossen, mit Styropor isoliert und auf beiden Seiten mit schweren Regalen zugestellt. Es gibt einen Wandschrank, aber die Farbabdeckung zeigt, dass dort keine Bretter bewegt worden sind. Die drei Fenster waren von innen verriegelt. Die Zimmerdecke weist keine Spuren einer Manipulation auf, genauso wenig die Dielen auf dem Dachboden darüber. Die Suche nach einer anderweitigen Geheimtür verlief erfolglos. Es geht also nur die Tür.«
Ich verstand, was ihn quälte. Auf meinen Fotos lag am Türrahmen ein Gegenstand, der möglicherweise verraten hätte, wie der Täter es geschafft hatte, den Raum durch die Tür zu verlassen, ohne sie so weit zu öffnen, wie er musste, um durchzupassen. Doch der Gegenstand hatte sich verflüchtigt, als die Polizei ihre Arbeit aufnahm.
»Und nun hast du den Verdacht«, stellte ich fest, »dass ich das Ding an mich genommen habe?«
Er blickte mich an. »Und?«
»Nein, habe ich nicht, Richard! Sonst hätte ich längst damit geprahlt, dass ich wüsste, wie er es gemacht hat. Verdächtigt Meisner mich etwa?«
»Nein. Im Gegenteil, ihrer Überzeugung nach haben sich deine Fotos als wertvoller erwiesen, als es zunächst aussah. Sie zeigen, so verwackelt sie sind, die Lage des Toten. Er liegt genau senkrecht zur Tür. Und mit Hilfe der Blutspuren lässt sich belegen, dass der Körper erst drei bis vier Tage nach dem Tod seitlich verschoben wurde, nämlich als die Polizei die Tür öffnete.«
»Woran ist Rosenfeld eigentlich gestorben? In der Zeitung habe ich darüber nichts gelesen.«
»Das ist Täterwissen.«
Tabu. »Weiß es denn der Tatverdächtige auch?«, fragte ich.
Und wieder geschah etwas Seltsames: Richard drehte sich zu mir um und sagte: »Wenn du mir versprichst, dass das, was ich dir jetzt sage, nicht diesen Raum verlässt …«
Ich nickte.
»Rosenfelds Leiche wies eine doppelte Drosselmarke am Hals auf. Demnach wurde er von hinten mit einem Elektrokabel gewürgt, wobei der Täter zwei Mal ansetzte. Aber es fehlen Petechien und andere Anzeichen, dass Rosenfeld zu diesem Zeitpunkt noch am Leben war.«
»Ups!«
»Rosenfelds Organismus hat auf den Gewaltakt nicht mehr reagiert. Der Todeszeitpunkt lässt sich auf zwischen 13 Uhr 30, dem Zeitpunkt, wo Dr. Barzani und sofort danach die Sekretärin das Institut verlassen haben, und ungefähr 22 Uhr 30 eingrenzen. Rosenfeld hatte etwas Alkohol im Blut, und er hat etwa eine halbe Stunde vor seinem Tod ein Käsebrötchen gegessen, woraus man schließen könnte, dass er am Spätnachmittag oder Abend noch lebte.«
»Wo stammt das Käsebrötchen her?«
»Gewöhnlich wurde die Sekretärin zu einem nahegelegenen Imbissbäcker geschickt, um einzukaufen. Das Screening auf Betäubungsmittel, Drogen, Medikamente und Gifte hat nichts ergeben. Aber natürlich gibt es etliche Substanzen, die nicht mehr nachweisbar sind, wenn eine Leiche sechzig Stunden lang herumliegt.«
»Das heißt, man weiß gar nicht, woran Rosenfeld gestorben ist?«
Richard nickte. »Laut Gutachten war er, abgesehen von typischen Alterserscheinungen und Arthrose in den Knien, organisch gesund, soweit man das bei dem Zerstörungsgrad der … der Organe feststellen konnte.«
Ich stellte mir vor, wie das Team in der Rechtsmedizin die rausgeschnittenen und zerhäckselten Organe begutachtet hatte. »Vielleicht hat er einen Herzinfarkt erlitten. Das Herz fehlt immer noch, oder?«
»Ja. Aber ein Infarkt war es nicht, sagt das forensische Gutachten. Trotz des fortgeschrittenen Zerfallsprozesses hätte sich im Blutserum ein Bioindikator dafür noch nachweisen lassen müssen.«
»Und Katzenjacob sagt nichts dazu?«
»Nein. Er hat sich nach seiner Festnahme zu ein paar Fragen geäußert und sagt jetzt nichts mehr.«
»Es könnte also sein, dass er den Professor gar nicht getötet, sondern lediglich nachträglich bearbeitet hat. Oder ist das auch nicht sicher?«
»Doch. Er war nachweislich in Rosenfelds Büro und hat sich an der Leiche zu schaffen gemacht. Das hat er auch eingeräumt, ohne ins Detail zu gehen. Er hatte Rosenfelds Blut an den Schuhen, die neuwertig waren und die er darum nicht mit den anderen Kleidern entsorgt hat.«
»Gefunden hat man sie bisher nicht?«
»Nein. Aber man hat seine DNS und Farbspuren an signifikanten Stellen im Raum und an der Leiche gefunden. Und er hat auf dem Sessel sitzend, der im Büro steht, masturbiert. Man hat sein Sperma sichergestellt.«
»Reizend. Wie nennt man diese Art der Perversion?«
»Nekrophilie.«
»Hat er gesagt, dass er Rosenfeld erdrosselt hat?«
»Nein. Das Kabel stammte übrigens von einem der Computer in Rosenfelds Büro. Der Täter hat es beim Verlassen des Tatorts nicht mitgeführt. Es lag dort. Und es hat Anhaftungen von Katzenjacobs DNS aufgewiesen.«
»Na dann … ach nein. Rosenfeld war ja schon tot. Gab es Spuren eines Kampfs?«
»Nein.«
»Sind wir überhaupt sicher, dass Rosenfeld in seinem Büro verstorben ist?«
»Ja, der Auftrag von …«, Ekel schüttelte Richard, »… Körperflüssigkeiten auf dem Büroboden weist darauf hin. Demnach lag er zunächst diagonal und mit dem Kopf zur Tür auf dem Bauch, wurde von hinten mit der Schlinge gewürgt und dann in die Lage gebracht, in der du ihn fotografiert hast.«
Ja, die Kriminaltechnik war heutzutage schon sehr gut.
»Katzenjacobs Anwalt«, sagte Richard, »wird es der Anklage jedenfalls