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der EU, sind die Möglichkeiten weit geringer, ihn zu schwierigen Reformen zu veranlassen.

      Ein Beispiel für jene Reformen, auf deren Umsetzung vor dem EU-Beitritt hätte beharrt werden müssen, bietet das Justizwesen in Slowenien. 2008 waren 500.000 Gerichtsverfahren anhängig, wobei die lange Verfahrensdauer durch extensive Einspruchsmöglichkeiten und die Belastung der Richter auch mit einfachen Verwaltungsaufgaben den Rückstau kontinuierlich erhöht. All das beeinträchtigt die Durchsetzbarkeit der Einhebung von Außenständen, ein Problem das angesichts der Wirtschaftskrise zunehmend an Bedeutung gewinnt. Trotzdem ist gerade Slowenien das Paradebeispiel für die außergewöhnliche Erfolgsgeschichte der österreichischen Wirtschaft. Die Gesamtsumme der Auslandsinvestitionen beläuft sich auf ca. 9,5 Milliarden Euro; davon stammen aus Österreich 4,3 Milliarden. Damit ist Österreich bei weitem der größte Investor. 700 heimische Firmen sind mit Niederlassungen in Slowenien tätig. Österreich ist der drittwichtigste Warenlieferant und der viertwichtigste Abnehmer slowenischer Waren. 2008 exportierte Österreich Waren im Wert von 2,55 Milliarden Euro, die Importe lagen bei 1,2 Milliarden. Unter den wichtigsten Exportmärkten liegt Slowenien an dreizehnter Stelle. Somit beziehen die zwei Millionen Slowenen etwa gleich viel Waren aus Österreich, wie die 2,4 Milliarden Chinesen und Inder zusammen. Beim Pro-Kopf-Import ist Slowenien mit etwa 1.275 Euro weiter an den Spitze.

       Das Rennen um Mobi 63

      Serbien war für mich persönlich auch der Ort, an dem ich bisher meinen spannendsten Wirtschaftsbericht verfasst habe. Es war dies das Rennen um Mobi 63, den zweitgrößten Mobilfunkanbieter Serbiens, zwischen der Mobilkom Austria und der norwegischen Telenor.

      Der Mindestpreis bei der Auktion Ende Juli 2006 für die Mobi 63 lag bei 800 Millionen Euro. Diesen Preis waren drei Bieter bereit zu zahlen: die Mobilkom Austria, die norwegische Telenor und die ägyptische Gesellschaft Orascom. Alle drei hatten versiegelte Angebote abgegeben, wobei das höchste dieser drei Angebote als Ausrufungspreis galt. Als dieser mit einer Milliarde 373 Millionen Euro bekannt gegeben wurde, ging ein Raunen durch den Auktionssaal in einem Belgrader Hotel. Die Ägypter stiegen sofort aus, während Telenor und Mobilkom Austria mitgingen. Gesteigert wurde in Schritten von je 20 Millionen Euro. Schließlich wurde ein Wert von einer Milliarde 513 Millionen Euro erreicht und keine der beiden Interessenten ging noch einen Schritt weiter. Durch diesen Gleichstand entschied das höhere Erstgebot, das die Norweger mit einer Milliarde 373 Millionen Euro gelegt hatten. Das Erstgebot der Mobilkom Austria lag dagegen bei 805 Millionen Euro.

      Beim monatelangen Ringen um die Mobi 63 spielte auch der österreichische Unternehmer Martin Schlaff eine entscheidende Rolle. Je höher der Kaufpreis ausfallen würde, desto größer wurde auch sein Verdienst. Schlaff saß während der Auktion im Saal des Belgrader Hotels, in dem die Entscheidung zwischen Norwegen und Österreich fiel. Jedes Mal wenn einer der beiden Firmenvertreter sein Taferl hob und damit den Kaufpreis um 20 Millionen Euro erhöhte, stieg auch Schlaffs Anteil, um einen Betrag, der klar über der Summe lag, die ich bei meinem Arbeitgeber ORF bis zu meiner Pension noch an Gehalt beziehen werden. Das erfüllte mich keineswegs mit Neid, ich war einfach vom gesamten Ablauf fasziniert. Schließlich konnte Martin Schlaff jedenfalls zufrieden sein. Von den 1,5 Milliarden Euro gingen etwa 300 Millionen direkt an den serbischen Staat. Von den restlichen 1,2 Milliarden erhielten Schlaff & Co 30 Prozent, das sind 360 Millionen. Abzüglich der Aufwendungen von etwa 150 Millionen verdienten Schlaff und die anderen österreichischen Investoren somit etwa 200 Millionen Euro – kein schlechtes Geschäft, auch wenn ihr langjähriger Partner, die Mobilkom Austria an diesem Tag in Serbien leer ausging. Im November kaufte die Mobilkom für 320 Millionen und einen Euro die dritte Mobilfunklizenz und stieg auf diese Weise in den serbischen Markt ein.

      Die Präsenz österreichischer Firmen im ehemaligen Jugoslawien ist jedoch nicht nur ein wirtschaftlicher Faktor, sondern hat auch eine geistige und politische Dimension. So exportieren heimische Unternehmen natürlich auch ihre Form der Unternehmenskultur, und sind – gemeinsam mit anderen hochentwickelten Firmen – der entscheidende Faktor in der Modernisierung dieser Länder. Was das konkret heißt, erlebte ich vor allem beim Einstieg österreichischer Banken, die die ersten in Serbien und Albanien waren. Allein die Schulung hunderter lokaler Mitarbeiter kann in seiner Bedeutung als Wissenstransfer nicht hoch genug eingeschätzt werden, eine Leistung, die natürlich auch alle anderen Investoren erbringen.

       Ausbau der österreichischen Wirtschaftspräsenz

      Die Modernisierung und die Schaffung von Arbeitsplätzen sind ein ganz entscheidender Beitrag zur politischen Stabilisierung einer Region, die durch die internationale Finanz- und Wirtschaftskrise nun ebenso massiv getroffen ist. 2009 werden möglicherweise mit Ausnahme von Albanien alle anderen Staaten einen klaren Rückgang ihrer Wirtschaftsleistung aufweisen. Ausländische Direktinvestitionen sind stark gesunken, noch nicht abschätzen lassen sich die Folgen für die Fremdenverkehrsstatistik und der Umstand, dass wohl auch die Gastarbeiter weit weniger Geld werden überweisen können. Die soziale Lage ist in der gesamten Region sehr schwierig, trotzdem liegt das langfristige Engagement weiter auch im Interesse der österreichischen Wirtschaft selbst. Ein gutes Beispiel dafür bieten die Präsenz von Verbund und EVN in Albanien, wo beide Unternehmen gemeinsamen ein Laufkraftwerk errichten werden und die EVN binnen zehn Jahren eine Kette aus drei Speicherkraftwerken bauen wird. Derartige Großprojekte sind heute in Europa eher rar, und ihre Umsetzung bedeutet auch für die Unternehmen, abgesehen vom finanziellen Aspekt, einen wichtigen Zuwachs an Wissen und Erfahrung.

      Die massive Präsenz der „Balkan-Völker“ in Österreich bedeutet jedenfalls Chance und Herausforderung zugleich. Die Chance liegt in der „Nutzung“ der Gastarbeiterkinder der zweiten und dritten Generation zur Stärkung der Marktposition am Balkan. Wie nahe Österreich dieser Region ist, zeigt der Umstand, dass Belgrad von Wien nur etwa 600 Kilometer entfernt ist, das entspricht in Distanz und Reisedauer auch dem Weg von Wien nach Bregenz. Umgekehrt wird man von Klagenfurt nach Agram nach Fertigstellung der Autobahn durch Slowenien nicht länger mit dem Auto brauchen als nach Wien. Ebenso wenig darf aber die Herausforderung dieser massiven Präsenz übersehen werden. Sie liegt in einer erfolgreichen Integration, damit diese Gruppen entsprechende Bildungschancen auch nutzen können. Hinzu kommt natürlich die Herausforderung durch die organisierte Kriminalität in all ihren Formen (Balkan-Route). Ihre Bekämpfung setzt eine umfassende Polizeikooperation voraus, die durch bilaterale und EU-Programme von österreichischer Seite genauso intensiv gefördert wird wie durch die Präsenz von Verbindungsbeamten des Innenministeriums an den Botschaften in dieser Region.

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