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Brüggemann von der Deutschen Sporthochschule Köln bei den Olympischen Winterspielen in Lillehammer (1994) anhand von dreidimensionalen Sprungaufnahmen. Sein erstaunliches Ergebnis: Das Luftpolster beim V-Stil trägt um satte 35 Prozent besser, verglichen mit der alten Technik. Je stärker du deine Ski nach außen drücken kannst, ohne sie übermäßig zu verkanten, umso größer wird die Spannweite. Und ähnlich wie bei einem Segelflugzeug verbessert sich so die Gleitfähigkeit, weil sich ein großes Luftpolster bildet – das dich trägt und das „Fliegen“ unterstützt.20

      Hinzu kommen verstärkend die Eigenschaften der Sprunganzüge, welche die Springerinnen und Springer bei jedem Sprung tragen: „Zusätzlich wird dieses Luftpolster durch den Balloneffekt der Sprunganzüge verstärkt. Diese sind an ihrer Vorderseite luftdurchlässig, wohingegen die Rückseite aus luftundurchlässigem Material besteht.21

      Ein Skisprung (allein vom Beginn der Anfahrt bis zum Erreichen der V-Position) ist also ein ungemein komplexer Ablauf, welcher sich innerhalb kürzester Zeit abspielt. Schon kleinste Fehler oder Verzögerungen können fatale Folgen haben und zu einem Sturz und in der Folge Verletzungen oder gar Schlimmerem führen. Nichtsdestotrotz ist die Zahl der Stürze und Verletzungen weitaus geringer als angenommen.

      Dies spricht zum einen dafür, dass die Springerinnen und Springer ihren Sport beherrschen und, dass die Wettkampfleiter sehr vorsichtig beim Bewerten der Wetterverhältnisse sind. Schließlich ist ein Skispringer oder eine Skispringerin bei dieser Freiluftsportart Wind und Wetter mehr oder weniger ausgesetzt.

       Abbildung 4j) und k): Die Norwegerin Špela Rogelj bei der Absprungbewegung während des Weltcup-Finals 2014 in Planica (Slowenien).

      Mit diesen beiden Bildern von Špela Rogeljs Sprung beenden wir die Besprechung der Absprung- und Flugphase. Im linken Bild ist zu sehen, dass ihre Arme nun fast unmittelbar neben ihrem Körper gelangt sind. Mit dem Oberkörper nähert sie sich ihren Ski weiter an. Es ist schön zu erkennen, wie sie die Rundung zwischen Oberkörper, Hüfte und Oberschenkel ausprägt, damit sich darunter die Luft sammeln kann.

      Zudem spreizt sie die Beine weiter, um in ihre individuelle V-Position zu gelangen. Im rechten Bild ist sie endgültig in ihrer Flugposition angekommen. Die Ski formen ein V, die Arme sind seitlich vom Körper angebracht und ihr Sprungsystem ist durch die Position der Beine und des Oberkörpers geschlossen. Der gesamte geschilderte Ablauf von der Auflösung der Sprunghocke über den Absprung bis hin zum Formen des Sprungsystems dauert in Realgeschwindigkeit in etwa 1,3 Sekunden. Bereits hier ist Rogelj mit einer Geschwindigkeit von etwa 95 km/h unterwegs. Der Vorgang erfordert dementsprechend ein höchstes Maß an Aufmerksamkeit und Reaktionsschnelligkeit, sowie einer guten technischen Ausbildung hinsichtlich der Sprungtechnik.

      Abhängig von der Schanzengröße sind die Springerinnen und Springer bis zu acht oder neun Sekunden in der Luft. Als vorletzter Teil des Sprungs folgt die Landung. Bei dieser wird ein Fuß vor dem anderen in den Schnee oder im Sommer auf die Matten gesetzt. Der Abstand zwischen beiden Füßen sollte in etwa eine Fußlänge haben.

      Hier zwischen wird die Weite des Sprunges manuell oder per Videoweitenmessung festgestellt. Wichtig ist zudem, ein leichtes Einknieen des hinteren Beins vorzunehmen und dabei den Oberkörper leicht aufzurichten. Die Telemarklandung wird ebenfalls anhand einer Bilderserie erläutert, allerdings in etwas anderer Form als der Absprung: zum Vergleich werden eine gelungene und eine nicht ganz gelungene Landung dargestellt und erklärt.

      Diese Bilderfolge besteht aus insgesamt sieben Bildern. Zu sehen ist ein norwegischer Skispringer bei der Landung auf der K56 im slowenischen Planica. Da das ursprüngliche Videomaterial, das freundlicherweise vom norwegischen Springer Joakim Aune zur Verfügung gestellt wurde, bereits in Zeitlupenform vorhanden ist, wurde die Produktion der nun folgenden Screenshots vereinfacht.

      Ebenso erleichtert die Zeitlupe das Einfangen von Details des Bewegungsablaufes.

      Abbildung 3a) und b): Ein norwegischer Springer beim Landevorgang. © Ursprüngliches Videomaterial: Joakim Aune / bearbeitet vom Autor.

      Der Springer löst seine V-Position auf und fährt die Arme seitlich aus, die später als Stabilisatoren dienen sollen. Die Athleten haben zumeist ein „Lieblingsbein“, welches sie bei der Landung nach vorne schieben. In den allermeisten Fällen ist das Vertrauen in das eine Bein größer als in das Andere, sodass die Entscheidung dementsprechend pro dieses Bein ausfällt.

      Die Springerinnen haben zumeist ein „Lieblingsbein“, welches sie bei der Landung nach vorne schieben. In den allermeisten Fällen ist das Vertrauen in das eine Bein größer als in das Andere, sodass die Entscheidung dementsprechend pro dieses Bein ausfällt.

      Bei den Springerinnen mit Verletzungshistorie in Bezug auf Bein oder Knie, entscheidet zumeist die Frage, welches das gesündere Bein ist. Schließlich wirken bei der Landung „Kräfte des 3-4fachen des Körpergewichtes auf die Springer ein.22„Da ist es nachvollziehbar, dass die Springerinnen versuchen, so wenig Risiko wie möglich einzugehen.

      Noch sind beim Springer die Beine gestreckt, was sich im Verlaufe des Vorgangs ändern soll und wird. Glauners Theorie nach „[f]ür einen optimalen Landeanflug und Landevorbereitung versuchen die Springer möglichst spät ihren Oberkörper aufzurichten.23“ Der Springer hält in diesem Abschnitt Kopf und Oberkörper leicht geduckt, um mehr Stabilität zu gewinnen und die wirkenden Kräfte besser beherrschen zu können. Zudem reduziert diese Körperhaltung die Landegeschwindigkeit ein wenig, was den Vorgang ebenfalls gegebenenfalls erleichtern kann. Er hält sich also an den theoretischen Leitfaden.

      Abbildung 3c): Ein norwegischer Springer beim Landevorgang.

      Die Ski sind mittlerweile fast in einer Parallelstellung. Sämtliche Winkel, die zuvor in der Körperhaltung des Springers erkennbar waren, lösen sich allmählich auf. Noch ist nicht erkennbar, welches Bein der Springer zum Einknieen nutzen wird. Durch diesen Vorgang reduziert der Springer die Geschwindigkeit, mit der er unterwegs ist. Dies vereinfacht ihm das Landen zumindest zum Teil, da er mehr Zeit für seine weiteren Bewegungsabläufe hat.

      Grundsätzlich soll dies jedoch so spät wie möglich geschehen. Denn es gilt: wer bremst, verliert – und zwar an Sprungweite. Schließlich wirkt sich die geringere Geschwindigkeit auch auf die Weite aus.

      Abbildung 3d): Ein norwegischer Springer beim Landevorgang.

      Die nun wesentlichen Bewegungsläufe finden ab sofort gleichmäßig und parallel zueinander statt. Der Springer führt die Arme gleichmäßig nach oben, um sich eine bestmögliche Balance und Stabilität bei der Telemarklandung zu verschaffen. Im Kniegelenk deutet sich bereits die 90-Grad-Winkelstellung an, die bei der Landung gefordert wird. Damit befolgt der Springer die zu bewertenden Kriterien bis und bei der ersten Bodenberührung in der Internationaler Wettkampfordnung (IWO) des Internationalen Skiverbands (FIS), die sich in jedem Dokument wie folgt lesen:

      „- Harmonischer Übergang beim Öffnen der Anflughaltung zur Landung.

      - Einnahme einer geringen Schritt- und Beugestellung bei der ersten Bodenberührung.24

      Abbildung 3e): Ein norwegischer Springer beim Landevorgang.

      Die Arme verlaufen nun parallel zur Schulter, in diesem Winkel wird der Springer sie von sich strecken.

      Gleichzeitig nimmt er die geforderte Schrittstellung beim ersten Bodenkontakt ein: das rechte Bein ist in etwa eine Schuhlänge vor dem Linken, das er bereits einkniet. Am Verhalten der Ski ist zu erahnen, welche Kräfte spontan bei der Landung wirken – sie biegen sich stark durch.

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