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X-World. Jörg Arndt
Читать онлайн.Название X-World
Год выпуска 0
isbn 9783865068736
Автор произведения Jörg Arndt
Жанр Религия: прочее
Издательство Автор
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Lutz arbeitete an der Tagesabrechnung, als die Tür aufging und ein schlaksiger junger Mann hereinkam.
„Hallo Champion“, begrüßte der Kneipenwirt ihn freundlich. „Du bist spät dran, ich wollte gerade schließen.“ Yannick blickte ihn kurz an, und Lutz bemerkte erstaunt den Schmerz, der in seinem Blick lag.
„Du siehst aus, als könntest du ein starkes Getränk vertragen“, meinte er und holte seine private Whiskyflasche unter dem Tresen hervor. Yannick nickte ausdruckslos.
„Na, dann komm“, sagte Lutz und nahm zwei Gläser aus dem Regal, „lass uns nach hinten gehen. Ich schließe nur noch eben ab.“
Die freundliche Offenheit des väterlichen Freundes und der Alkohol taten schnell ihre Wirkung. Yannick vergaß sämtliche Abmachungen, die er mit Ron getroffen hatte, und erzählte Lutz haarklein von den Ereignissen der letzten Wochen. Es tat gut, sich auszusprechen und dabei zu spüren, dass der andere echtes Interesse zeigte.
„… und nun will er sie löschen“, schluchzte Yannick. „Das ist Mord! Auch wenn sie ‚nur‘ virtuell ist“ – bei diesen Worten malten seine Finger Anführungsstriche in die Luft –, „ich meine, was heißt das denn heutzutage noch? Ob virtuell oder real – scheißegal, das fließt doch alles immer mehr zusammen!“
Er schniefte. „’tschuldigung, dass ich dir hier was vorheule, aber ich hab sonst niemanden, zu dem ich gehen kann. Und das mit dem Projekt behältst du doch für dich, oder? Ich hab Ron versprechen müssen, dass ich die Sache geheim halte …“
„Klar“, erwiderte Lutz mit gespielter Entrüstung. „Was denkst du denn von mir? Wenn einer Geheimnisse bewahren kann, dann ich … Wann will er das denn tun, Betty löschen, meine ich?“
„Morgen Abend. Wir dürfen uns vorher noch eine Stunde sehen, um Abschied zu nehmen …“
„Wie gnädig“, knurrte Lutz, und Yannick blickte ihn erstaunt an, als er den eiskalten Klang der Stimme hörte. Aber Lutz hatte sich sofort wieder im Griff.
„Vielleicht kann ich dir helfen“, sagte er.
„Wie denn?“, fragte Yannick hoffnungsvoll.
„Naja, ein bisschen was verstehe ich ja von Computern … Hast du Zugang zur Hardware?“
„Klar“, sagte Yannick. „Der Server steht in seinem Arbeitszimmer, also denke ich schon, dass ich da rankommen könnte.“
„Sehr gut. Und sicherlich gibt es in dem Game ein Serviceinterface, oder?“
Yannick sah ihn fragend an. „Ich weiß nicht genau. Das Spiel ist gestengesteuert, und damit lässt sich so ’ne Art Anzeigetafel aufrufen, auf der man auch Einstellungen vornehmen kann – meinst du das?“
„Nein“, sagte Lutz, „das ist für die User bestimmt. Aber ich kenne Ron – es muss im Spiel ein verstecktes Interface geben, das er benutzt, wenn er selbst online ist.“
„Was heißt das, du kennst Ron?“, fragte Yannick überrascht.
„Ich habe mal mit ihm zusammengearbeitet“, erklärte Lutz in einem Tonfall, der deutlich machte, dass weitere Fragen überflüssig waren. „Also, denk nach, gibt es in dem Spiel einen geheimen Ort oder einen Gegenstand, der als Steuerung in Frage käme? Hat er dir vielleicht einen bestimmten Bereich verboten oder dich davor gewarnt?“
Yannick sah ihn träge an. Die Müdigkeit und der Whisky verlangsamten sein Denken. Plötzlich blitzte es in seinen Augen auf.
„Na klar!“, rief er, „Der Baum! Mitten im Garten ist ein Baum, den ich auf keinen Fall berühren soll. Ron hat gesagt, es sei eine ungesicherte Systemsteuerung, und wenn ich sie anfasse, könnte das Spiel abstürzen – o mein Gott, dann wäre Betty vielleicht tot!“
„Keine Panik“, sagte Lutz, „das wird nicht passieren. Sondern wenn du tust, was ich dir sage, bekommst du die Rechte als Systemadministrator. Dann wirst du sein wie Ron und kannst das Spielgeschehen ohne Einschränkungen beeinflussen!“
„Also gut. Was muss ich tun?“
****
Als Yannick am nächsten Abend zu Ron kam, wirkte der junge Mann nervös und angespannt. Er war blass, und man sah ihm an, dass er in den letzten Tagen noch weniger Schlaf bekommen hatte als sonst. Kein Wunder, dachte Ron mitfühlend, ihm steht ein schwerer Abschied bevor.
„Bist du bereit?“, fragte er seinen Assistenten.
Yannick nickte grimmig. „Mir bleibt ja wohl nichts anderes übrig, oder?“
Ron legte ihm den Arm auf die Schulter. „Du weißt, dass es zu deinem Besten ist“, sagte er leise.
Yannick lachte höhnisch und drehte sich von der Berührung weg. „Komm, hör bloß auf, ich kann’s nicht mehr hören. Wir haben ja wohl lange genug darüber diskutiert.“ Er ließ sich in einen Sessel fallen.
Ron nickte. Sie schwiegen eine Weile. Dann sagte er: „Kann ich noch irgendetwas für dich tun?“
Yannick sah ihn an: „Hast du vielleicht etwas zu trinken für mich? Ich habe einen ganz trockenen Hals.“
„Klar, was willst du denn? Bier ist leider alle.“
„Einfach ein Glas Wasser, denke ich. Aber schön kalt, wenn’s geht.“ Er vergrub das Gesicht in seinen Händen.
Ron stand wortlos auf und ging in die Küche. Nachdem er den Raum verlassen hatte, kam plötzlich Bewegung in den Assistenten. Er sprang auf und zog etwas aus der Tasche, das Ähnlichkeiten mit einem USB-Stick hatte, aber etwas dicker und plumper wirkte. Yannick wusste nicht genau, was es war. Er hatte keine weiteren Fragen mehr gestellt, nachdem Lutz ihm das Gerät in die Hand gedrückt hatte. Er wusste, was er damit tun musste, und das reichte ihm.
Leise kniete er sich vor den Rechner neben Rons Schreibtisch und steckte den Stick in einen USB-Slot auf der Rückseite des Gerätes. Er hoffte inständig, dass das System keine Geräusche von sich geben würde, denn Ron kam schon wieder mit dem Wasser zurück. Glücklicherweise blieb der Computer stumm, und Yannick schaffte es gerade noch rechtzeitig in seinen Sessel zurück.
„Hier, es ist ganz kalt, ich habe sogar ein paar Eiswürfel hineingetan“, sagte Ron fürsorglich. Yannick trank das Glas mit großen Schlucken leer. Er war tatsächlich durstig, fühlte sich wie ausgedörrt. Das Wasser tat gut.
„Noch mehr?“
„Nein, ich will’s jetzt hinter mich bringen“, sagte Yannick, stand auf und legte das Cyberkit an. Ron überwachte die Einlogprozedur und schaute einen Augenblick überrascht auf seinen Monitor. Das, was sich da am Bildrand bewegt hatte, sah fast aus wie eine Schlange – aber das konnte nicht sein. Ron wusste genau, dass es keine Schlangen in seiner Welt gab, denn er konnte diese Tiere nicht ausstehen und hatte darum auch keine erschaffen. Wahrscheinlich war es also eine Echse oder einfach ein Schatten – egal, er hatte heute Abend Wichtigeres zu tun.
„Tust du mir einen Gefallen, Ron?“, fragte Yannick über Interkom.
„Kommt darauf an“, gab Ron vorsichtig zurück. „Aber meine Entscheidung, was Betty angeht, steht fest. Darüber lasse ich nicht mit mir verhandeln.“
„Ja, ja, schon klar, aber vielleicht kannst du uns in unserer letzten Stunde ein bisschen Privatsphäre gönnen …“
„Kein Problem“, sagte Ron lächelnd, „ich klinke mich aus. Alles Gute!“
„Danke!“, antwortete Yannick. Gleich darauf kam das kleine Knacken, das das Ende der Verbindung anzeigte. Und dann stand sie vor ihm. Sein Herzschlag setzte einen Augenblick aus. Sie war die schönste Frau, die er je gesehen hatte – und sie liebte nur ihn.
„Hallo