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das schon Gegebene zu fordern, nur noch radikaler und mit mehr Intensität.

      Folglich hinterfragt der systemkonforme Querdenker aus dem Kultur- und Kunstbetrieb weder die herrschende Ideologie noch ihre gesellschaftlichen Manifestationen, deren Teil er ist, sondern kritisiert vielmehr ihre nur unzureichende Umsetzung. Konsequenterweise erschöpft sich sein Forderungskatalog in einer Liste des Mehr: mehr Offenheit, mehr Toleranz, mehr Internationalität, mehr Solidarität. So gerät institutionalisierte Systemkritik in einem System, das sich einbildet, kritisch zu sein, zur leeren Pose, auch und gerade weil Kritik, die zur Systemräson geworden ist, nur mehr Bestätigung der herrschenden Ideologie ist. Wo jedoch Kulturkritik zur Affirmation degeneriert, wird Kulturpessimismus zur letzten kritischen und aufgeklärten Option. Aufgeklärter Kulturpessimismus stellt daher auch keine politische Gefahr dar, sondern eine politische Chance. Er zerreißt den Vorhang autoaggressiver Selbstgefälligkeit, in der die westlichen Gesellschaften sich eingerichtet haben, und macht den Blick frei auf ihre Verfasstheit und ihren inneren Zustand.

      Stern trifft hier zwar ganz gut die Stimmung des Fin de Siècle, die sich etwa in dem Bildungsbürgermilieus Europas ab den 1880er Jahren breitmachte, und die sich etwa bei Julius Langbehn widerspiegelt. Gerade deshalb historisiert er den Kulturpessimismus als Haltung des bürgerlichen Zeitaltes und diskreditiert ihn damit unter der Hand als mögliche, gut begründete kulturphilosophische Haltung. Dieser Historisierung des Kulturpessimismus möchte der vorliegende Essay widersprechen.

      Dass Spengler hier so schnöde übergangen wird, ist daher auch nicht Ausdruck modischer Geringschätzung, im Gegenteil. Seine Geschichtsmorphologie mutet heutzutage grotesk an. Spenglers pluralistischer Kulturrelativismus jedoch ist angesichts der Debatten um einen möglichen Kampf der Kulturen (Samuel Huntington) hochaktuell und zugleich eine Mahnung. Denn die insbesondere bei den heutigen Eliten in Politik, Wirtschaft und Kultur so beliebte Annahme vom Sieg einer liberalen Universalkultur erschiene aus seiner Sicht absurd und gefährlich. So gesehen ist der vorliegende Essay durchaus im Geist Spenglers geschrieben.

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