Аннотация

Der politische Kitsch hat Hochkonjunktur – in allen politischen Lagern: Betroffenheitsrhetorik, Mahnwachen, Solidaritätsbekundungen – alles im Namen von Buntheit, Menschlichkeit oder Anständigkeit. Sentimentale Worthülsen, penetrante Gefühligkeit, Verklärung des Gestern und infantile Inszenierungen bestimmen den öffentlichen Diskurs. Die gesellschaftlichen Debatten sind geprägt von aggressiver Rührseligkeit und peinlichen Politritualen. Leerformeln scheinen das bevorzugte Sprachspiel in deutschen Landen. Der Philosoph und Publizist Alexander Grau deckt schonungslos die gesellschaftlichen Ursachen des grassierenden Politkitsches auf und analysiert seine Funktion in den aktuellen gesellschaftlichen Auseinandersetzungen.

Аннотация

Autoritär, antidemokratisch, ewiggestrig: Das sind die Attribute, die dem Kulturpessimismus heute angeheftet werden. In einer Welt der globalisierten Moderne gelten seine Vertreter bestenfalls als Spielverderber. Dass eine kulturpessimistische Haltung auf kritischer Analyse beruht, war zwar noch in den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts für jeden etwa an Adorno geschulten Geist eine Selbstverständlichkeit. Heute aber schließen die Wortführer des Zeitgeists nahezu alles, was sich als »Kultur« ausgibt, unterschiedslos in die Arme und erheben auch das Trivialste zum schützenswerten Gut. Wenn jede kulturelle Äußerung als sakrosankt gilt, ist Kulturkritik passé. Weil sich unsere Gesellschaft von jeder ernsthaften Form der Kulturkritik verabschiedet hat, begrüßt sie ihren eigenen kulturellen Niedergang als Fortschritt. Doch eine Kultur, die sich nicht mehr selbstverständlich als behauptenswert betrachtet, droht sich aufzugeben. In unserem Falle bedeutet dies, hinter die Ideale der Aufklärung – Freiheit, wissenschaftliche Rationalität und Individualismus – zurückzufallen. Alexander Grau versucht, Kulturpessimismus unter den Bedingungen globalisierter Wohlstandsgesellschaften als Geisteshaltung zu rehabilitieren, frei von raunender Geschichtsmetaphysik und nostalgischer Verklärung.

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Deutschland empört sich. Oft, gerne und über nahezu alles. „Empört Euch!“ war folgerichtig ein Bestseller hierzulande, markiert er doch in zwei Worten das Coming-out der deutschen Seele. Wir leben im Zeitalter der Hypermoral. Moral ist zur Leitideologie und zum Religionsersatz unserer postreligiösen Gesellschaft mutiert. Moral ist absolut geworden, sie duldet keine anderen Diskurse neben sich. So wird aus Moral die Tyrannei der Werte: Minderheitenkult, Kränkungsfetischismus, Gleichheitsideologie. Politik, Wirtschaft, Kunst – alles wird auf moralische Fragen reduziert. Selbst der Konsum hat fair, nachhaltig und ressourcenschonend zu sein. Wer sich diesem Diktat der totalen Moral zu entziehen sucht, wird gesellschaftlich sanktioniert. Der Publizist und Philosoph Alexander Grau, Autor der vielbeachteten Kolumne „Grauzone“ auf cicero.de, liefert eine schonungslose Bestandsaufnahme des zeitgenössischen Hypermoralismus und entlarvt die Grundlagen dieser grotesken Ideologie.