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konzipiert werden, die berufsspezifische Situationen, wie z.B. Kommunikation und aktive Kontaktaufnahme mit Patient*innen, berücksichtigen.

       6.3 Zukünftige Relevanz von Humor und praktische Implikationen

      Der demografische Wandel erhöht den Druck für Arbeitgeber im Gesundheitswesen drastisch, da eine immer weiter ansteigende Patient*innenzahl unausweichlich ist (Prehm 2018). Um in der Zukunft die steigenden Patient*innenzahlen im Gesundheitswesen bewältigen zu können, muss qualifiziertes medizinisches Fachpersonal gewonnen und gehalten werden. Gerade die bereits jetzt feststellbaren erhöhten Kündigungsraten von medizinischem Fachpersonal (insbesondere von Pflegekräften) können weitreichende Konsequenzen für das Gesundheitswesen haben. Es entstehen nicht nur hohe ökonomische Kosten für Arbeitgeber, sondern auch das Wohlbefinden des aktiven medizinischen Fachpersonals leidet unter einer Personalunterbesetzung. So muss neu eingestelltes medizinisches Fachpersonal unter hohen beruflichen Anforderungen angelernt oder ausgebildet werden. In der Zukunft könnten durch steigende Anforderungen und Belastungen im Gesundheitswesen die Kündigungsraten und Berufsausstiege nochmal drastisch steigen und zu großen Problemen im Gesundheitswesen führen. Daher sollte auch besonders ein Augenmerk auf medizinisches Fachpersonal gelegt werden, das sich am Anfang seines Berufslebens befindet.

      Durch Humortrainings kann medizinisches Fachpersonal auf die hohen körperlichen und emotionalen Belastungen ihres Berufs vorbereitet und befähigt werden, gezielt Bewältigungsmaßnahmen anzuwenden.

      Humortrainings könnten bereits während der Ausbildung durchgeführt und in das Ausbildungscurriculum verankert werden. Ein aktuelles Projekt der Universität zu Lübeck in Kooperation mit der Alexianer GmbH und der Stiftung „Humor Hilft Heilen“ setzt genau hier an und evaluiert derzeit ein Humortraining für die Pflegeausbildung, das den Einsatz von Humor kontextspezifisch schult – für einen positiveren Umgang mit sich selbst und den Patient*innen (https://www.ipsy1.uni-luebeck.de/forschung/ag-peifer/projekte.html).

      Basierend auf der Lern- und Trainingsforschung sollten Humortrainings im Gesundheitsbereich einen Lernansatz verfolgen, der das Lernen als einen aktiven und integrierenden Prozess mit unmittelbarem Bezug zur Praxis im Gesundheitswesen versteht. So sollten Problemstellungen aus der Praxis in das Humortraining integriert werden, damit diese im Training gemeinsam reflektiert und direkt aus dem Training in die Praxis übertragen werden können. Zudem sollten Humortrainings nicht einmalig durchgeführt werden, sondern wiederholt angeboten werden, sodass Humor im Gesundheitswesen immer wieder als Interventionsform in Erinnerung gerufen wird.

       6.4 Fazit

      Humor hat wichtige Funktionen im Gesundheitskontext, für Beschäftigte wie auch für Patient*innen. Dazu zählen ein verbesserter Umgang mit Stress und Belastungen, eine Steigerung der Resilienz sowie ein verbesserter Beziehungsaufbau mit Patient*innen und Kolleg*innen. Studien zeigen zudem: Humor ist trainierbar. Dabei ist zu beachten, dass die Trainings einen Praxisbezug haben und regelmäßig aufgefrischt werden sollten. Damit hat das Thema Humor großes Potenzial für den langfristigen Einsatz im Rahmen einer Befähigungs- und Bindungsstrategie im Gesundheitswesen.

       Literatur

      Martin RA, Puhlik-Doris P, Larsen G, Gray J, Weir K (2003) Individual Differences in Uses of Humor and their Relation to Psychological Well-being: Development of the Humor Styles Questionnaire. Journal of Research in Personality 37(1), 48–75. DOI: https://doi.org/https://doi.org/10.1016/S0092-6566(02)00534-2

      McGhee PE (2010) Humor as Survival Training for a Stressed-Out World: The 7 Humor Habits Program. Author-House Bloomington

      Müller L, Ruch W (2011) Humor and Strengths of Character. Journal of Positive Psychology 6(5), 368–376. DOI: https://doi.org/10.1080/17439760.2011.592508

      Prehm M (2018) Pflege deinen Humor – Eine praktische Anleitung für Pflegepersonal. Springer-Verlag Berlin/ Heidelberg. DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-662-56080-8

      Scheel T, Gockel C (2017) Humor at Work in Teams, Leadership, Negotiations, Learning and Health. In: Humor at Work in Teams, Leadership, Negotiations, Learning and Health. Springer New York. DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-319-65691-5

       Marek Bartzik, M.Sc.

      Marek Bartzik ist Wirtschaftspsychologe, Mitarbeiter in der Begleitung von Veränderungsprozessen, systemischer Coach und wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Frau Prof. Dr. Corinna Peifer im Projekt „Freude Pflegen“ an der Universität zu Lübeck. Das Projekt „Freude Pflegen“ beschäftigt sich mit Humor im Pflegebereich. Es wurde ein Unterrichtskonzept zur Integration in die Pflegeausbildung entwickelt, das systematisch auf eine Verbesserung des eigenen Umgangs mit den herausfordernden Arbeitsumständen hinwirkt. Derzeit wird das Unterrichtskonzept evaluiert.

       Prof. Dr. Corinna Peifer

      Corinna Peifer ist Professorin für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Universität zu Lübeck und leitet dort die Arbeitsgruppe Arbeit und Gesundheit. In ihrer Forschung beschäftigt sie sich mit Themen wie Flow-Erleben, Stress-Management, Humor und Wohlbefinden am Arbeitsplatz. Sie ist Gründungsmitglied des European Flow-Researcher’s Network und Landesvertreterin für das European Network of Positive Psychology (ENPP) sowie Vizepräsidentin der Deutschen Gesellschaft für Positiv-Psychologische Forschung (DGPPF).

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      7Inspiration Gerd Wirtz

       7.1 Visionäre statt Technokraten

       „Die Digitalisierung hat perspektivisch das Potenzial, Prozesse und grundsätzliche Prinzipien der gesundheitlichen Versorgung zu verändern.“

      Macht Ihnen dieses Zitat unseres – wie ich betonen möchte sehr geschätzten – Präsidenten der Bundesärztekammer, Dr. med. Klaus Reinhardt, so richtig Lust auf digitale Medizin? Mir nicht und ich nehme an, Ihnen auch nicht.

      An Sätzen wie diesen zeigt sich exemplarisch, warum die Digitalisierung in der Medizin in Deutschland noch nicht auf breiterer Basis etabliert ist: Es gibt derzeit kaum chancenorientierte und motivierende Kommunikation über das Thema. Aber Fortschritt ist immer eine Frage der Akzeptanz.

      Die Technik kann schon Vieles leisten, doch die Zustimmung hinkt häufig noch meilenweit hinterher.

      Die moderne Medizin könnte mithilfe der digitalen Instrumente schon längst ihren Anspruch einlösen, präventiver und menschlicher zu sein. Doch wir nutzen das immense Potenzial noch lange nicht aus.

      Eine Studie zum Thema „Digital Riser“ des European Center for Digital Competitiveness aus dem Jahr 2020 zeigt einen besorgniserregenden Trend: Deutschland gehört zu den Ländern, die im Ländervergleich in Sachen digitale Kompetenz am stärksten

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