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sondern bezieht sich einzig auf die geschlechtliche Selbstbestimmung als Grundvoraussetzung für das trans Sein. Diese Definition erscheint ebenso einfach wie verwirrend, da Personen, die sich mit der Thematik nicht beschäftigen müssen, trans Sein häufig allein mit Zuständen psychischen Leidens, Hormonersatztherapien und operativen Eingriffen gleichsetzen. All dies können durchaus Aspekte von Transgeschlechtlichkeit sein, jedoch sollten sie nicht generalisiert und definitorisch verwendet werden. Die Ausprägungen des potenziellen Leidens und die Abneigung gegenüber verschiedenen Partien des eigenen Körpers sind Empfindungen, die von Person zu Person unterschiedlich sind oder ebenso gar nicht vorkommen können. Am trans Sein, also einer Nicht-Identifikation oder nur teilweisen Identifikation mit dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht, ändert dies nichts.

       Harry Potter und die „Geschlechtsumwandlung“

      Ich möchte nun zwei problematische Ebenen des Begriffs „Geschlechtsumwandlung“ darstellen. Zum einen die cisnormative Vorstellung, dass trans Menschen ein „eigentliches“, „körperliches“ bzw. „biologisches“ Geschlecht innehätten, von dem aus irgendwohin „gewechselt“ werden würde. Ich möchte noch kurz vorwegnehmen: es kommt kein Harry und auch keine Hermine mit dem Zauberstab. Gebt „Umwandlung“sbegriffe auf. Wirklich.

      Fest etablierte medizinische Fachbegriffe wie „Mann-zu-Frau transsexuell“ oder „Frau-zu-Mann transsexuell“ verdeutlichen dies. Mit diesen cisnormativen Mitteln wird versucht, trans Menschen einteilen zu können. Es dient der Aufrechterhaltung der Ordnung. Hiernach gibt es nur zwei Geschlechter, Personen können, oder gar dürfen, zwar von einem zum anderen „wechseln“, am geschlechtlichen Biologismus, der Herleitung von Geschlecht aus Körpern, wird aber nicht gekratzt. Das Wort „Geschlechtsumwandlung“ ist kein selbstgewähltes, es soll die Geschlechter von cis Personen absichern und festigen. Denn die Geschlechter von trans Menschen gelten lediglich als „gefühlt“ oder „identifiziert sich als“. Hieraus entspringen auch kreative Sätze von zumeist cis Personen wie: „er ist jetzt eine Frau“, „sie lebt jetzt als Mann“, oder auch „er möchte zukünftig mit ‚sie‘ angesprochen werden“. Der cisnormative Anker in den Köpfen, auch in denen von trans Personen, sitzt sehr, sehr fest. Deshalb kommen auch irrtümliche Verwendungen zustande, wie zum Beispiel einen trans Mann als „trans Frau“ zu bezeichnen. Dieser Mann wird oftmals als „eigentliche Frau“ betrachtet, „die“ nun eine geschlechtliche Transition anstrebe, oder Ähnliches. Die Denkweise ist hierbei umgekehrt zur Realität und deshalb halten Personen in diesem Fall die Bezeichnung als „trans Frau“ für trans Männer als korrekt. Gewiss kann dies bei offen transfeindlichen Personen mitunter äußerst amüsant werden, wenn sie trans Frauen als „biologisch weiblich“ bezeichnen und somit unbeabsichtigt meine Weiblichkeit bestätigen. Klappt leider nicht immer so.

      Ich besuchte ein Seminar, in dem unter anderem Homo- und Transfeindlichkeit thematisiert wurden. Vor einem Referat sprachen mich die beiden Referentinnen auf bestimmte Begrifflichkeiten an. Sie waren sich unsicher, ob der Begriff „Geschlechtsumwandlung“, der in vielen, auch aktuelleren, Quellen auftauchte, noch akzeptabel sei. Ich verneinte dies und wies sie darauf hin, dass zum Beispiel der Begriff „geschlechtliche Transition“ sensibler und ein selbstgewählter Begriff ist. Sie änderten die Worte noch hastig vor ihrem Referat und waren sehr glücklich. Während des Referats fiel mir sanft lächelnd auf, dass sie fortan nur noch diesen Begriff verwendeten und sich geradezu daran festklammerten. Ich fand das überhaupt nicht schlimm, denn es verdeutlichte mir quasi die Hilflosigkeit, die selbst sensibilisierte Personen aufweisen. Sie hatten schlicht keinerlei begriffliche Alternativen, auf die sie ausweichen konnten. Keine separate Ansprache von Hormonersatztherapie, keine Erwähnung von verändertem Auftreten, neuen Pronomen, neuem, selbstgewählten Namen. Dies machte mir klar, dass dies überhaupt nicht mitgedacht wird, wenn von geschlechtlichen Transitionen von trans Menschen gesprochen und daran gedacht wird. Wenn an sie gedacht wird, wenn über sie berichtet wird, wird zu allermeist von „Geschlechtsumwandlungen“, im Höchstfall von „Geschlechtsangleichungen“ gesprochen. Es verdeutlicht, dass eine trans Person, so die cisnormative Vorstellung, nur „echt“ trans sein kann, wenn diese „DIE OP“ hat oder hatte. Ja, mit „DIE OP“ meinen sie „DIE OP“. Logo, ne? Es besteht in cisnormativer Ordnung kein trans Sein ohne operative Eingriffe, denn darum geht’s ja schließlich bei uns. Und wer davon abweicht, kann es nicht ernst meinen. Fall geklärt, denn trans Menschen sind ja alle gleich. Spoiler: Nein, sie sind Individuen.

      Der Begriff der geschlechtlichen Transition ist ein selbst gewählter und soll die Brutalität des fremdbestimmten medizinischen Apparates aufdecken und zerlegen. Er soll verdeutlichen, dass die Dimensionen des trans Seins wesentlich weitgehender sind, als die cisnormative Vorstellung es begreift und zulassen will. Sich eigene Begrifflichkeiten zu kreieren und zu vertreten ist ein Akt der Selbstbestimmung. Niemand würde eine Nasenscheidewandkorrektur „Nasenumwandlung“, oder eine Zahnoperation „Gebissumwandlung“ nennen. Es existieren präzise Begriffe hierfür. Weil es aber eben keinen weitgehenden Bedarf (von cis Seite) gibt, neue Begriffe zu entwickeln oder zu akzeptieren, wird alles unter „Geschlechtsumwandlung“ zusammengefasst. Deshalb gehen viele Leute auch leider davon aus, dass sämtliche Veränderungen einzig hormonell und operativ herzustellen seien.

      Dazu: Kaum jemand dachte ein halbes Jahr vor Beginn meiner Hormonersatztherapie, dass ich bis dato weder Operationen gehabt hatte noch Hormone nahm. Meine Erscheinung entsprach scheinbar bereits so sehr cisnormativen Erwartungen von weiblichem Auftreten, dass dies damit verknüpft wurde. Der Einfachheit und Ignoranz halber wird einfach von „Umwandlung“ gesprochen, weil ja klar ist, dass „eh alle wissen was gemeint ist“. Und dabei wissen sie meist überhaupt nichts und gehen davon aus, dass trans = OP ist und zu sein hat.

      Ich möchte hiermit klarmachen, dass es nicht möglich ist „einfach und sachlich“ von „Geschlechtsumwandlungen“ zu sprechen, ohne damit die Existenz und die Identitäten von trans Personen im Kern zu attackieren. Ich möchte hiermit klarmachen, dass der gesamte Prozess der Selbstfindung, der Selbstbestimmung und alle potenziell angestrebten Veränderungen bereits unter den Begriff der geschlechtlichen Transition fallen. Operationen und Hormonersatztherapien sind Optionen der Transition und keine Pflicht.

      Zur Verdeutlichung: Um das Geschlecht einer Person – von außen – „umzuwandeln“, müsste diese Person manipulativen Techniken unterzogen werden. Techniken, die darauf abzielen, den Willen einer Person zu brechen und deren persönliche Realität und Selbstwahrnehmung als nicht existent zu definieren. Derartige Methoden werden als „Konversionstherapie“ bezeichnet und erlangen gerade mehr Aufmerksamkeit, da auf Bundesebene Vorstöße gemacht werden, diese zu verbieten (Ärzteblatt 2019/Deutschlandfunk 2019). Allerdings betrifft dies derzeit lediglich jene „Therapien“, die sich ausdrücklich auf Sexualität und romantisches Begehren beziehen. Die Manipulation von transgeschlechtlichen Menschen wird hierbei unbeachtet gelassen.

      Und abschließend dazu von meiner Seite:

      Die geschlechtliche Transition hat mir das Leben gerettet und das tut sie auch weiterhin jeden Tag.

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