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Uns zu hören“, erwiderte Basileios. Arnulf erschien der oströmische Kaiser recht kühl, was vielleicht damit zu tun hatte, dass für ihn die Vorgänge jenseits der Alpen nicht von aller vordringlichster Bedeutung waren. Dafür gab es zu viele Feinde, die gegenwärtig die Grenzen seines Reiches bedrohten und derer er sich erwehren musste.

      Als Fra Branaguorno noch etwas sagen wollte, hob der Herrscher die Hand und bedeutete ihm damit zu schweigen. Offenbar hatte er genug von diplomatischen Höflichkeiten. Er wandte sich direkt an Arnulf, der sich bisher tunlichst zurückgehalten hatte. Die Diplomatie war nun einmal ein Gebiet, auf dem jemand wie der gelehrte Mönch ein ungleich sicheres Gespür dafür hatte, welche Äußerung in der jeweiligen Situation angemessen war.

      „Uns ist zugetragen worden, dass Ihr weiter gen Osten zu reisen gedenkt“, sagte Basileios.

      „Wir sind auf dem Weg zu den Pilgerstätten im Heiligen Land“, erklärte Arnulf.

      „Die Wege dorthin sind unsicher“, erklärte Basileios. „Zumindest, sobald Ihr die kaiserlichen Straßen und die Grenzen des Reiches verlassen habt.“

      „Wir sind uns des Risikos durchaus bewusst“, erklärte Arnulf. „Und doch wird uns keine noch so große Gefahr von unserem Vorhaben abhalten können.“

      „So sei Euch eine gute Reise gewünscht. Und wenn Ihr auf dem Rückweg wieder durch Konstantinopel kommt, so werdet Ihr sicher bereit sein, eine Botschaft für Kaiser Otto in Empfang zu nehmen, die Ihr ihm persönlich überbringen werdet.“

      „Gewiss“, beteuerte Arnulf und senkte den Kopf.

      ––––––––

      „Und Ihr denkt wirklich, dass man Euch am Hof die Geschichte von der Pilgerfahrt geglaubt hat?“, fragte Gero seinen Herrn, als sie am Abend durch die Gassen südlich des Hippodroms gingen. Arnulf hatte seinen Knappen inzwischen über das wahre Ziel der Reise aufgeklärt – allerdings hatte er damit gewartet, bis sie wirklich unter sich gewesen waren.

      Bruder Markus erwartete sie erst gegen Mitternacht in ihren Unterkünften zurück. Arnulf und Gero folgten Fra Branaguorno zu einem Treffen mit einem Mittelsmann, über den sie mehr darüber erfahren sollten, woher der unzerbrechliche Stahl kam.

      Wer dieser Mittelsmann war, darüber hatte sich Branaguorno nicht äußern wollen. „Es ist besser, Ihr wisst nichts darüber“, hatte der gelehrte Mönch dazu nur gesagt. „Es sollte Euch genügen, dass ich meine Beziehungen in der Stadt etwas habe spielen lassen.“

      Es war auch nach Einbruch der Dunkelheit noch hell in den Gassen rund um das Hippodrom. In keiner Stadt der Welt gab es so viele Laternen. Der Geruch von Lampenöl hing in der Luft und vermischte sich mit anderen, schwerer fassbaren Gerüchen. Der Dung von Pferden gehörte genauso dazu wie der süßliche Geruch von Räucherwerk, das aus den Ländern des Ostens stammte und dem magische Eigenschaften nachgesagt wurden. Zänkisches Stimmengewirr und Musik bildeten einen Zusammenklang ganz eigener Art. „Eine milde Gabe für einen Veteranen der Garde!“, wisperte eine Stimme. Die Worte wurden auf Latein gesprochen. Ein hagerer Mann trat aus dem Schatten heraus.

      „Gebt ihm eine Silbermünze“, sagte Fra Branaguorno an Arnulf gerichtet.

      Arnulf holte eine Münze hervor und gab sie dem Hageren. Der der hielt sie in den Schein einer Laterne und nickte dann. „Folge mir!“, forderte er in der Sprache der Nordmänner.

      „Ich möchte wissen, wem ich folge!“, erwiderte Arnulf.

      „Das tut nichts zur Sache“, erklärte der Hagere – ein Mann an der Schwelle zum Greisenalter, der das linke Bein etwas nachzog und einen insgesamt schleppenden Gang hatte. „Es ist besser, du weißt keinen Namen, den du verraten könntest...“ Er sah zu Gero hinüber und musterte ihn von oben bis unten. „Ich weiß nicht, ob es dem Mann, den wir treffen werden, wirklich recht ist, wenn noch jemand dabei ist“, sagte er.

      „Mein Knappe begleitet mich“, beharrte Arnulf. „Darüber werde ich mit niemandem verhandeln!“

      „Wie du meinst, Sachse!“

      Der Hagere führte sie zu einer Schänke, die offenbar ein Treffpunkt von Warägern war. Man hörte Stimmen, die in der Sprache der Nordmänner redeten. Arnulf blieb kurz stehen, als der Hagere bereits im Inneren der Schänke verschwunden war.

      „Ihr könnt ihm vertrauen“, raunte Branaguorno ihm zu. „Folgt ihm einfach.“

      „Ich würde mich wohler fühlen, wenn ich wüsste, was das für Leute sind, mit denen Eure Mittelsmänner uns da zusammenbringen wollen!“

      „Es ist einfach ein ehemaliger Gardist, der dringend etwas Bruchsilber brauchen kann und davon träumt, dass irgendein Schiff ihn nochmal in den Norden mitnimmt – was wahrscheinlich nicht der Fall sein wird!“, erwiderte Branaguorno.

      Ausgelassenes Stimmengewirr schlug Arnulf entgegen, als er den Schankraum betrat. Die Zugluft ließ das Licht der Laternen flackern. Über einem Feuer wurde ein Braten gedreht, dessen würziger Geruch sich mit dem von verschüttetem Met mischte.

      Schätzungsweise hundert Mann drängten sich in dieser Schänke, aber nur ein gutes Dutzend davon nahm von den Neuankömmlingen überhaupt Notiz. Eine Gruppe von Warägern war intensiv mit einem Würfelspiel beschäftigt und es war offensichtlich, dass es dabei um höhere Einsätze gehen musste.

      Ein angetrunkener Hüne mit einem Krug voller Met in der Hand, rempelte unterdessen Gero ungeschickt an und knurrte ihm etwas entgegen, was man wohl selbst nicht mehr verstehen konnte, wenn man von klein auf nichts anderes zu sprechen gewohnt war, als die Mundart der Nordmänner. Der Hüne war einfach zu betrunken.

      Der Kerl langte nach dem Schwertgriff, aber Arnulf umfasste sein Handgelenk.

      „Wir wollen keinen Streit“, erklärte er sehr ruhig, aber auch sehr bestimmt.

      Der Betrunkene wankte mit glasigen Augen davon.

      „Es wäre mir sehr recht, wenn ihr für weniger Aufsehen sorgen würdet!“, forderte der Hagere.

      Arnulf folgte ihm zu einer Nische, in der ein grober Tisch mit mehreren Stühlen zu finden war. Die Nische lag fast vollkommen im Schatten. Den Mann, der am Tisch saß, konnte man nur als dunklen Umriss erkennen.

      „Setz dich, Sachse!“, forderte der Hagere.

      Arnulf gehorchte. Er setzte sich dem unbekannten Mann im Schatten gegenüber. Dieser ergriff sofort Arnulfs Hand, tastete blitzschnell dessen Schultern und sein Gesicht ab. Arnulf begriff, dass er einen Blinden vor sich hatte. Und als am anderen Ende des Schankraums jemand einen Schritt zur Seite machte und so dem Schein des Feuers den Weg freimachte, sah Arnulf für einen kurzen Moment die entstellten Augenhöhlen seines Gegenübers.

      „Wer hat dir das angetan?“, fragte Arnulf.

      „Ich geriet in Gefangenschaft der Bulgaren“, sagte der Blinde. „Aber das ist lange her. Ich kann zwar nichts mehr sehen, aber dafür höre ich um so besser.“

      „Man hat mir gesagt, dass du etwas darüber wüsstest, woher der Stahl kommt, der nicht zerbricht und aus dem die Nordmänner ihre Schwerter schmieden...“

      „Ja, darüber kann ich einiges sagen. Denn unter den Nordmännern von Konstantinopel wird immer wieder darüber gesprochen.“

      „So rede!“

      „Erst das Silber!“

      Arnulf holte einen Lederbeutel hervor und schob ihn dem Blinden über den Tisch. Er nahm ihn mit einer so zielsicheren Handbewegung, dass man im ersten Moment kaum hätte glauben wollen, dass dieser Mann tatsächlich kein Augenlicht mehr besaß. Aber schon der kurze Moment, in dem Arnulf in sein entstelltes Gesicht hatte sehen können, war ausreichend, um jeden

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