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      Ich hatte die Gelegenheit, mich für ein paar Stunden auszuruhen. Richtig schlafen konnte ich nicht. Aber es reichte schon, etwas vor sich hin dösen zu können.

      Als wir Minneapolis hinter uns gelassen hatten, dämmerte der Morgen. Bei St. Cloud tankten wir erneut auf und ich ging wieder ans Steuer. Außerdem besorgten wir uns ein paar frische Sandwichs, und Kaffee in geschlossenen Pappbechern, bevor wir weiterfuhren. Ein Maserati überholte uns und fuhr uns mit schätzungsweise Tempo 260 Richtung Nordwesten voraus.

      „Der nutzt offenbar die frühen Morgenstunden zum Spurt, weil er denkt, dass die Highway Patrol dann keinen Dienst hat!“, kommentierte Milo.

      „Womit er sich gründlich geirrt haben dürfte“, erwiderte ich.

      Agent Liam Davis aus der Fahndungsabteilung rief uns auf dem Abschnitt zwischen Minneapolis und der Grenze von North Dakota, die wir bei Fargo auf der Interstate 94 überquerten, zweimal an.

      Es hatte auf unserer Strecke mehrere Unfälle unter Beteiligung von Sportwagen gegeben, die wahrscheinlich mit dem Northern Cannonball in Zusammenhang standen.

      Mr McKee sprach auch kurz mit uns und überspielte uns online die entsprechenden Daten. „Die Unfallfrequenz ist ungewöhnlich hoch“, stellte er fest. „Es scheint eine Reihe äußerst risikofreudiger Fahrer zu geben. Anders ist das nicht erklärlich. Da so einige Teilnehmer des Rennens wohl den lokalen Polizeibehörden inzwischen aufgefallen sind und aus dem Verkehr gezogen wurden, wird sich das Feld inzwischen bereits deutlich reduziert haben.“

      „Wir passen schon auf“, versprach ich.

      „Gehen Sie auf keinen Fall irgendein unnötiges Risiko ein.“

      „Ist schon klar, Sir.“

      Später passierten wir einige der Unfallstellen. Ein Ferrari und ein Porsche waren förmlich aus der Bahn geschleudert worden. Ich vermutete, dass sie sich gegenseitig touchiert hatten.

      „Anscheinend war keiner der beiden Kontrahenten und Rivalen dazu bereit, den anderen vorbeiziehen zu lassen.“ Inzwischen waren Milo und ich ja bereits Zeuge mehrerer wohl in etwa gleich gearteter Unfälle geworden.

      Irgendwo zwischen Janestown und Mandan, wo sich die Interstate 94 so gerade wie ein Strich durch North Dakota zieht, arbeitete sich von hinten ein Porsche an uns heran.

      Pfeilschnell zog er an uns vorbei.

      „Das war er, Jesse!“, war Milo überzeugt. „George Smith alias Robert Dawn!“

      Es war unmöglich, einen Wagen bei dieser Geschwindigkeit stoppen zu wollen. Ihm den Weg abzuschneiden oder dergleichen kam nicht in Frage. Das wäre selbstmörderisch gewesen. Der 911 hätte uns nur leicht touchieren brauchen und wir wären geliefert gewesen.

      Gegen so ein Geschoss gab es wahrscheinlich noch nicht einmal eine Straßensperre, die wirksam war. Man musste schon mit Stachelteppichen dafür sorgen, dass die Reifen platzten und der Wagen dann zum Stillstand kam. Aber auch das war bei diesen Geschwindigkeiten völlig unkalkulierbar und es konnte sein, dass der Wagen dadurch vollkommen unkontrolliert durch die Gegend geschleudert wurde. Wenn sich alles verschwor, durchbrach er sogar die Mittelleitplanke und landete auf der Gegenfahrbahn.

      Ich trat das Gaspedal voll durch. Dabei ließ ich immer einen gewissen Abstand zwischen uns und ihm.

      Er sollte keinen Verdacht schöpfen und uns als ganz normale Teilnehmer des Rennens sehen.

      Nur dann hatten wir eine Chance, ihn zu stellen.

      Irgendwann musste auch die leistungsfähigste Maschine mal tanken.

      Und auf diesen Augenblick warteten wir.

      Ich ließ den Abstand mal etwas größer werden, dann holte ich wieder auf und kam näher heran.

      Ab und zu umfuhren wir ein paar Trucks, die im Vergleich zu unserer Geschwindigkeit fast wie stehende Hindernisse wirkten.

      Wenn es links nicht möglich war, weil gerade einmal wieder einer dieser riesigen PS-Elefanten von einem anderen Zwanzigtonner überholt wurde, der vielleicht fünf oder zehn Stundenkilometer schneller war, sodass beide über Minuten die Fahrbahnen blockierten, zog ich mit dem Wagen rechts vorbei.

      Irgendwann machte mich Milo darauf aufmerksam, dass uns ein bis zwei Fahrzeuge der Highway Patrol zu folgen versuchten. Selbstverständlich waren sie nicht in der Lage, weder den Sportwagen noch Porsche einzuholen.

      „Ich hoffe, unsere Kollegen kommen nicht auf die Idee, eine Straßensperre mit Stachelketten zu errichten“, meinte Milo.

      „Früher oder später müssen wir damit rechnen“, glaubte ich.

      „Wie wär’s, wenn du die Kollegen einfach über Funk warnst!“

      „Wir wissen nicht, ob Mister Smith das abhören kann“, gab ich zu bedenken.

      Dann vergrößerte der Porsche den Abstand zu uns zusehends. Er war ein äußerst geschickter Fahrer, das musste der Neid ihm lassen. Aber auf dieser geraden Strecke spielte das nicht die entscheidende Rolle. Hier ging es um ein reines Duell der Maschinen – und da war mein Wagen in einem leichten Vorteil, was das Beschleunigungsvermögen anging. Eigentlich hätten wir den Porsche früher oder später einholen müssen.

      Aber das war nicht meine Absicht.

      Ich wollte ihm genügend Vorsprung lassen, damit er sich sicher fühlte.

      Wenn er dann zum Tanken die Fahrbahn verließ, konnte man ihn vielleicht stellen.

      Aber dafür rückten uns die Polizeifahrzeuge immer weiter auf den Pelz.

      Milo rief unser Field Office an.

      Liam Davis war am Apparat.

      „Was gibt es?“, fragte er. Milo erklärte ihm in knappen Sätzen die Situation. „Ihr müsst Kontakt mit der Highway Patrol von North Dakota aufnehmen!“, forderte mein Kollege.

      „Das ist längst geschehen“, sagte Liam Davis. „Die Beamten sind über euren Einsatz informiert. Sie werden Abstand zu eurem Sportwagen halten.“

      „Es geht um den Porsche, an den wir uns drangehängt haben.“

      „Ihr denkt, dass es Robert Dawn ist.“

      „Wir sind uns sicher.“

      24

      Das Wettfieber stieg. Die Einsätze wurden immer wahnwitziger. Das Fahrerfeld hatte sich deutlich sortiert.

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