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Konvektionsströme im Erdmantel machte der britische Geologe Arthur Holmes [1931, 1944] zum Motor seines mobilistischen Modells. Die Vorstellungen von Ampferer, Schwinner und Holmes mit aufsteigenden Strömen unter kontinentalen Zerrstrukturen und ozeanischen Rücken, Gebirgsbildung über absteigenden Strömungsästen und Kontinentdrift am Rücken der horizontalen Strömungsbereiche ähneln jenen der modernen Plattentektonik weitgehend. Hätten sich Schwinner und Wegener, beide Ende der 1920er-Jahre Professoren an der Universität Graz, verständigt, hätten sie die Drifttheorie mit der korrekten Antriebstheorie vereinen und somit die Plattentektonik vorwegnehmen können, zumal durch deutsche Forschungsschiffe zu dieser Zeit die riesigen lang gestreckten untermeerischen Gebirge entdeckt wurden, die heute als Mittelozeanische Rücken bekannt sind und eine Schlüsselstellung in der Plattentektonik einnehmen. So hielt die allgemeine Skepsis und Ablehnung von Wegeners Theorie bis weit in die 1960er-Jahre hinein an. Ein Geologe formulierte zu dieser Zeit noch: „Ich glaube die Kontinentverschiebungstheorie erst, wenn von einem Fossil der Kopf in Afrika und der Schwanz in Südamerika gefunden wird.“

      In den 1960er-Jahren wurde der Durchbruch zur allgemeinen Anerkennung der Kontinentverschiebungstheorie mit der Entstehung der Theorie der Plattentektonik erzielt. Moderne Untersuchungen des schwer zugänglichen Ozeanbodens, vor allem aber die Entdeckung der magnetischen Streifenmuster (siehe unten) zu beiden Seiten der Mittelozeanischen Rücken führten zum Konzept des „sea floor spreading“, der Ausbreitung des Ozeanbodens oder Ozeanboden-Spreizung, und brachten damit die feste Grundlage für die Theorie der Plattentektonik. Das Modell der Plattentektonik, das sich in den Folgejahren entwickelte, konnte mit einem Schlag alle grundlegenden geologischen und geophysikalischen Phänomene einer Erklärung zuführen, wenn auch noch viele Details ausgefeilt werden mussten und dieser Prozess bis heute anhält. Sie ist die erste globale geodynamische Theorie, die die verschiedenen tektonischen Erscheinungen (Erdbebenzonen, Gebirgsbildung, Grabenbildung etc.), Anordnung und Charakteristika der Ablagerungsräume von Sedimentgesteinen, Magmatismus, Metamorphose und Lagerstättenbildung auf elegante Weise in einer Synthese vereinigt und miteinander verflicht.

      Die Fakten, die zum plattentektonischen Konzept führten, wurden dem heutigen Erscheinungsbild der Erde entnommen. Somit ist die Plattentektonik ein aktualistisches Modell. Die Geologie versucht, dieses Konzept auf ältere Gebirge anzuwenden. Dies gelingt in zahlreichen Fällen sehr gut, stößt aber in der fernen erdgeschichtlichen Vergangenheit (frühes Präkambrium vor mehr als ca. 2,5 Milliarden Jahren) auf Schwierigkeiten. Auf diese Periode kann das plattentektonische Konzept nicht unkritisch übertragen werden (Kap. 10). Viele der ursprünglichen Informationen sind in späteren Gebirgsbildungsprozessen zudem zerstört oder verwischt worden, und heute messbare geophysikalische Anomalien sind in älteren Gebirgen nicht mehr fassbar. Es muss daher häufig aus wenigen Überresten auf regionale oder globale Zusammenhänge rückgeschlossen werden.

      Die Plattentektonik hat von den weitgehend starren Lithosphärenplatten, die erdumspannend die äußere Schale der Erde ausmachen, ihren Namen. Die Platten besitzen sehr unterschiedliche Größen (Abb. 1.2). Die Lithosphäre (griech. Gesteinsschale) ist in der Regel zwischen 70 und 150 km dick, unter den Kontinenten dicker als unter den Ozeanen. Unter Gebirgen kann sie bis über 200 km mächtig sein. Sie besteht aus der Erdkruste und dem darunter liegenden lithosphärischen Anteil des Mantels (Abb. 1.3). Dieser ist der oberste Teil des Erdmantels und besitzt eine größere Starre als die darunter liegende, in geringen Teilen geschmolzene Schicht der Asthenosphäre (griech. schwache Schale). Ein wesentlicher Unterschied der Plattentektonik zu Wegeners Konzept besteht darin, dass die Kontinente nicht als isolierte Schollen wandern, sondern Teile von Platten sind, die auch ozeanische Kruste und einen Anteil des Erdmantels umfassen.

      Die Erdkruste kann in Form kontinentaler Kruste mit einer durchschnittlichen Mächtigkeit von 30 – 40 km – unter Gebirgen und Hochplateaus wie den Anden oder dem Tibetplateau bis ca. 70 km – vorliegen: Aus ihr sind die Kontinente mitsamt ihren Schelfgebieten und dem Kontinenthang, der in die Tiefsee führt, aufgebaut. Die ozeanische Kruste hingegen bildet mit einer Mächtigkeit von typischerweise 5 – 8 km die Ozeanböden. Ihre Oberfläche liegt im Durchschnitt 4 – 5 km tiefer als die der kontinentalen Kruste (Abb. 1.2).

      Kontinentale Kruste besteht aus relativ leichtem Material: In der oberen Kruste überwiegen saure (kieselsäurereiche, mehr als 65 Gewichtsprozent SiO2 enthaltende), granitische und metamorphe Gesteine (Granite, Granodiorite, Gneise, Schiefer etc.; Hauptmineralbestand: Feldspat, Quarz, Glimmer), während in größeren Tiefen zunehmend basische (SiO2-ärmere), dioritische und gabbroide Gesteine hinzukommen. Die durchschnittliche Dichte der kontinentalen Kruste beträgt 2,7 – 2,8 g/cm3, die durchschnittliche chemische Zusammensetzung ist die eines Andesits oder Diorits, eines magmatischen Gesteins mit intermediärem SiO2- Gehalt (um 60 % SiO2). Die ozeanische Kruste besteht aus basischen Gesteinen (ca. 50 % SiO2): Basalten und deren Tiefengesteinsäquivalenten, Gabbros mit einer Dichte um 3,0 g/cm3 und Feldspat und Pyroxen als wichtigste Gemengeteile. Der obere Mantel wird schließlich aus den ultrabasischen Peridotiten (ca. 42 – 45 % SiO2) gebildet, die eine Dichte von 3,2 – 3,3 g/cm3 aufweisen und hauptsächlich aus Olivin und Pyroxen bestehen. (Für die Einteilung magmatischer Gesteine siehe Diagramme auf der hinteren Umschlaginnenseite.)

      Die Lithosphärenplatten bewegen sich mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten und in unterschiedliche Richtungen (Abb. 1.2). Damit erhebt sich die Frage, wie dies bei einem geschlossenen Plattenmuster möglich ist. Nach dem Euler’- schen Satz von 1770 erfolgt die Bewegung eines Körpers auf einer Kugeloberfläche durch Rotation um eine Achse, die durch den Kugelmittelpunkt geht. Alle Plattenbewegungen werden daher durch Rotation um eine solche Achse und eine Winkelgeschwindigkeit definiert (Kap. 2). Durch die Plattendrift ergeben sich drei Arten von Plattengrenzen: konstruktive, destruktive und konservative (Abb. 1.4).

      Die konstruktiven Plattengrenzen sind dadurch gekennzeichnet, dass die Bewegung der beiden Platten auseinander geht, weshalb sie sprachlich nicht ganz einwandfrei oft als divergierende Plattengrenzen bezeichnet werden. Die entstehende Lücke wird durch neu gebildetes Lithosphärenmaterial mit ozeanischer Kruste geschlossen, daher die Bezeichnung „konstruktiv“. Konstruktive Plattenränder stellen die Mittelozeanischen Rücken dar, an denen durch aufdringendes Mantelmaterial basaltische Schmelze entsteht und zu ozeanischer Kruste erstarrt (Spreizungsachse in Abb. 1.3; Abb. 1.5). Der Ozeanboden breitet sich von diesen Plattengrenzen aus („Ozeanboden-Spreizung“).

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