Скачать книгу

hatten, ging Dorberg zur Haustür. Auf dem Klingelschildchen stand „L.Behrens“ und auf einem gekritzelten Pappstückchen darunter „J. Vandenburg“. Er ließ sich über die Auskunft mit Behrens, Ahornstraße verbinden. Nach dem siebten Klingeln wurde abgenommen. „Vandenburg.“

      „Guten Tag, sagte Dorberg freundlich, „mein Name ist Alex Dorberg, könnte ich bitte mit Frau Behrends sprechen?“

      „Tut mir leid, meine Tante ist nicht da.“

      „Wissen Sie zufällig, wann ich sie erreichen kann?“

      „Nein, aber sie wollte heute Abend aus Kleve zurückkommen.“

      „Danke, dann versuche ich es morgen noch einmal. Wiederhören.“

      „Ciao.“

      Wer wollte ihnen verargen, dass Julia und ihr Freund eine sturmfreie Bude nutzten. Das Kennzeichen des Sportwagens hatte er aufgeschrieben. Den Namen der Tante und ihre Telefonnummer ebenfalls, also konnte er für heute beruhigt nach Hause gondeln. Unterwegs hielt er für ein schnelles Bier am Uhlenkrug und traf, wie gewöhnlich, einen früheren, inzwischen ebenfalls pensionierten Kollegen an. Viele Polizisten, die in Rüttenscheid oder Bergerhausen wohnten, schluckten im Uhlenkrug vor oder nach dem Gesundheitsspaziergang ein Bierchen. Dorberg war nur einmal im Stadion gewesen. Schwarz-Weiß Essen spielte gegen Alemannia

      Aachen. Das Spiel endete 9 : 1, Dorberg wusste schon gar nicht mehr für wen, aber nach diesem einseitigen Schlachtfest hatte er das Stadium nie mehr betreten. Und bis zu Rot-Weiß Essen an der Hafenstraße war es ihm zu weit.

      *

      Sie hatte alle Abende allein in ihrer tristen Wohnung verbracht und sich vor dem Schlafen wieder einmal mit der Frage herumgequält, warum kein Mann und kein Kollege was von ihr wissen wollte und weshalb sie keine echte Freundin hatte. Gut, sie war keine Schönheit, das wusste sie, hatte ein etwas ausdrucksloses Gesicht und eine nur durchschnittlichen Figur. Aber das waren und hatten viele andere Frauen auch, die doch einen Freund, Liebhaber oder Ehemann abbekommen hatten. Den einzigen Kollegen, der Anstalten machte, sich länger an sie zu binden, mochte sie nicht leiden, weil sie ihn für eine aufgeblasene Null hielt, einen Fummler, über den sich mehrere Frauen schon beschwert hatten. Was machte sie falsch? Dabei liebte sie Sex in jeder Form und zierte sich nie lange, bis alle Hüllen fielen.

      Darüber grübelte sie noch, als es klingelte. Verwundert ging sie zur Tür und drückte den Sprechknopf: „Ja?“

      „Hallo, hier ist Lupo. Bist du noch zu sprechen?“

      „Jederzeit. Komm rauf!“

      Sie wartete, bis sie unten die Haustür ins Schloss fallen hörte, stieg dann schnell aus ihren Hosen und zog ihr Shirt über den Kopf. An Lupo hatte sie gar nicht mehr gedacht. Vielleicht endete dieser Abend ja doch noch ganz angenehm. Als sie die Wohnungstür geöffnet und bis auf einen Spalt angelehnt hatte, zog sie sich vollständig aus.

      Lupo seufzte leise, als er ins Zimmer kam, wo eine nackte Frau auf ihn wartete. Sein Kumpel Tuku hatte es vorhergesagt: „Die legt mehr Wert auf deinen steifen Schwanz als auf deine gefüllte Brieftasche.“

      „Ich bin aber gar nicht scharf auf sie.“

      „Spaß ist Spaß,Lupo, und Job ist Job.“

      Also zog auch Lupo sich aus und schob mit ihr ins Schlafzimmer. Sie brauchte lange, bis sie zum Orgasmus kam, es artete für ihn in Arbeit aus, aber wie hatte Tuku richtig prophezeit: „Job ist Job.“ Erst eine Viertelstunde später wagte Lupo zu fragen: „Wie lange arbeitet das Ding denn noch?“

      „Welches Ding?“

      „Das du für uns versteckt hast.“

      „Ach so, das meinst du. Über eine Woche noch. Was denkst du, kannst du noch mal? Ich habe noch Lust.“

      Sie hatte immer Lust, wie Lupo inzwischen wusste. Ihr Freund konnte es nicht leicht mit ihr haben. Dass sie keinen Freund hatte, wusste er nicht. Ihm reichte, dass sie hinter dem Geld her war. Und Geld spielte für Lupo und seine Chef keine Rolle.

      Samstag, 14. Juni

      Beim Frühstück fragte Isa: „Ist es weit bis Brühl?

      „Nein, warum?“

      „Ich möchte gern einmal das Schloss Augustusburg besichtigen. Die haben ab 11 Uhr geöffnet.“

      „Woher weißt du?“

      „Ich kann mit meinem Handy im Internet surfen.“

      „Dann informiere dich doch auch über Schloss Falkenlust und das Wasserschloss Schallenburg. Das mache ich alles nur unter einer Bedingung mit.“

      „Und welcher?“

      „Dass du mich ins Max Ernst Museum begleitest.“

      „Gebucht und versprochen.“

      *

      Der Chef, Lupo, Tuku und ihr „Handwerker“ Ahmed hatten sich spät, schon bei Dunkelheit, in Sechtem bei Ricki einquartiert, der nicht sehr erfreut dreinschaute, sich aber mit einem Zweihunderter umstimmen ließ. Mit einem weiteren Zweihunderter überließ er ihnen für den nächsten Tag auch sein Auto und rangierte den Wagen mit dem Frankfurter Kennzeichen in eine alte Scheune. Hotelzimmer für vier gleichzeitig spät ankommende Gäste wären viel zu auffällig gewesen.

      „Hat dein Methusalem auch ein Navi?“

      „Nein, das gab's noch nicht, als ich den Karren gekauft habe. Wohin müsste ihr denn?“

      „Nach Bonn-Ückesdorf.“

      „Ich bring euch hin und fahr' mit einem Bus in die Stadt zurück.“ Nur Tuku war aufgefallen, dass der Chef die Straße nicht genannt hatte, in der die Vandenburg mit einem Begleiter untergekrochen war.

      Sie frühstückten alle noch ausgiebig an einer Tankstelle, ließen später Ricki an einer Bushaltestelle aussteigen und warteten noch fast eine Stunde im Paula-Roming-Weg, bis der Wagen mit der Wiesbadener Nummer die Tiefgarage verließ. Der Chef hatte entschieden, dem Auto nicht zu folgen; solange die beiden nicht auf sie aufmerksam wurden, bestand für sie kein Grund, nicht in dieses Versteck zurückzukehren; Tuku und Ahmed zogen ihre Kostümjacken mit dem fantasievollen Aufdruck „Bundesnetzagentur, Störungsdienst“ an und verschwanden im Haus Nr. 19. So ein Haustürschloss war für Tuku ein Kinderspiel. Im Treppenhaus setzten sie sich Kopfhörer auf und schalteten ihre Suchempfänger ein, die jeder in seiner Werkzeugtasche verborgen hatte. Sie blieben vor jeder Wohnungstür stehen und bewegten kurz ihre Peilantennen. Erst im sechsten Stockwerk hörten sie beide ein schwaches rhythmisches Signal. Auf dem Schildchen unter dem Klingelknopf stand Katrin Köhler. Tuku notierte sich den Namen, während Ahmed klingelte und dann, als sich drinnen nichts rührte, seinen Dietrich ansetzte. Beide zogen dünne Handschuhe an und suchten den Wohnraum und dort ein geeignetes Versteck, eine Wanze zu verstecken. Tuku grübelte: Wer zum Teufel war Katrin Köhler? Der Name war ihm noch nicht untergekommen.

      Lupo war ebenfalls mit dem Bus in die Stadt gefahren und hatte sich bei einem

Скачать книгу