Скачать книгу

ein wenig high oder irgendwie anders. Ich wusste, dass sich die Droge aus meinem Körper verflüchtigt hatte und ich in etwa so war wie zuvor, aber das Wissen, dass man Dinge auch anders erleben kann, gab mir ein vollkommen neues Bewusstsein, das heute immer noch vorhanden ist.

      Ein Riss war in der Fassade der Realität entstanden und ich hatte durch ihn hindurchgelugt. Meine Einweihung in die andere Wirklichkeit hatte stattgefunden.

      Nichts hatte sich geändert, doch alles war anders.

      3

      MOONLIGHT DRIVE

      Do you know how pale and wanton thrillful comes death

      on a strange hour, unannounced, unplanned for

      Like a scaring overfriendly guest you’ve

      Brought to bed

      Death makes angels of us all and gives us wings

      Where we had shoulders smooth as ravens’ claws

      No more money, no more fancy dress

      This other kingdom seems by far the best

      Until its other jaw reveals incest and

      Loose obedience to a vegetable law

      I will not go

      Prefer a Feast of Friends

      To the Giant Family.

      (Weißt Du, wie bleich und lüstern schauervoll der Tod

      Zu seltsamer Stunde kommt, unangekündigt, ungeplant

      Wie ein beängstigender überfreundlicher Gast, den du

      Zu Bett gebracht hast

      Der Tod macht Engel aus uns allen und gibt uns Flügel

      Wo wir Schultern hatten, geschmeidig wie Rabenklauen

      Kein Geld mehr, keine feine Kleidung mehr

      Dieses andere Königreich scheint bei weitem das beste zu sein

      Bis sein anderer Rachen Inzest und

      Lockeren Gehorsam gegenüber einem Naturgesetz enthüllt

      Ich werde nicht fortgehen

      Ein Fest von Freunden

      Der Großen Familie vorziehen.)

      Lieber Jim,

      diese letzten Zeilen von „An American Prayer“ erinnern mich an die ewigen Diskussionen zwischen Dir und Ray über die Weiterentwicklung der Menschheit. Ray wollte eine „Goldene Rasse“ als Folge von Vermischung haben und Du warst gegen den Verlust von individuellen Charakteren. Zurückblickend meine ich, dass Deine frühen Texte großartige Poesie waren. Damals verstand ich Deine Worte nicht so ganz. Aber ich wusste, dass in ihnen ein flüssiger Stil und Rhythmus steckte.

      Let’s swim to the moon, let’s climb through the tide

      Penetrate the evening tbat the city sleeps to hide

      Let’s swim out tonight, love, it’s our turn to try

      Parked beside tbe ocean our moonlight drive.

      (Lass uns zum Mond schwimmen, lass uns die Gezeiten durchklimmen

      Den Abend erforschen, den die Stadt schlafend verbirgt

      Lass uns heute nacht rausschwimmen, nun müssen wir es wagen

      Und halten am Ozean auf unserer Mondlichtfahrt.)

      Mir kamen sofort Ideen, wie ich Deine Texte mit meinem Schlagzeugspiel ergänzen könnte. Die Worte klangen wie ein einziger Acid-Trip. Ich war hypnotisiert.

      Let’s swim to the moon, let’s climb through the tide

      Surrender to the waiting worlds that lap against our side

      Nothing left open and no time to decide

      We’ve stepped into a river on our moonlight drive.

      (Lass uns zum Mond schwimmen, lass uns die Gezeiten durchklimmen

      Ergeben wir uns den wartenden Welten, die an unsere Seite plätschern

      Nichts bleibt mehr offen und keine Zeit mehr, uns zu entscheiden

      Wir schritten in einen Fluss auf unserer Mondlichtfahrt.)

      Als wir die ersten Male zusammen spielten, war Deine Stimme schwach und Du warst so peinlich introvertiert. Das soll der nächste Mick Jagger werden?, dachte ich. Aber es gab etwas Faszinierendes an Dir: Deine Liebe zu Worten. Deine grimmige Überzeugung, ein Poet zu sein. Ich kannte vorher niemanden, der versucht hatte, Poesie der Rockmusik zuzuordnen. Für mich war „Moonlight Drive“ revolutionär. Ein pychedelisches Liebeslied.

      Let’s swim to the moon, let’s climb through the tide

      You reach a hand to hold me but I can’t be your guide

      Easy to love you as I watch you glide

      Falling through wet forests on our moonlight drive.

      (Lass uns zum Mond schwimmen, lass uns die Gezeiten durchklimmen

      Du reichst Deine Hand, um mich zu halten, aber ich kann Dein Führer nicht sein

      Es ist leicht, Dich zu lieben, wie ich Dich dahingleiten sehe

      Wir fallen durch feuchte Wälder bei unserer Mondlichtfahrt.)

      Und Du sahst so wahnsinnig gut aus. Ich verglich Dich mit Michelangelos David. Ich ahnte, dass Du einzigartig warst, aber Du hast Dich nicht so wie die anderen typisch höchnäsigen Sänger benommen, mit denen ich gewöhnlicherweise bei den Feten, Hochzeiten und Bars anfangs auftrat. Als ich Dich bei unseren frühen Sessions mit dem Mikrofonkabel herumhantieren sah, grübelte ich: „Wie will dieser Typ das Publikum antörnen, wenn ihn das dämliche Kabel so in Anspruch nimmt?“ Ich hatte nur noch nicht erkannt, dass Du Deinen total eigenen Weg gesucht hattest und dass sich schließlich vor dem Publikum das Kabel in eine Schlange verwandeln würde. Sie waren von jeder Deiner Bewegungen fasziniert und wir mittlerweile auch.

      *

      Los Angeles, 1965

      Einige Wochen nach dem „elektrischen Kool-Aid Acidtest“ mit Grant kam ich mal wieder mit Robby Krieger zusammen, einem kraushaarigen Gitarristen.

      Bei einem unserer ersten Treffen damals an der Highschool fuhr er unbekümmert den schicken Plymouth seiner Eltern und zahlte das Benzin mit Kreditkarte. Es bedeutete einiges für mich, dass er südlich der Eisenbahnschienen lebte, die entlang des Olympic Boulevard verliefen. Er erzählte mir, dass er aus Menlow, einer nordkalifornischen Privatschule, herausgeflogen sei und nun zur Universität gehe. Ich hielt ihn für einen reichen Knaben mit Anstand. Außerdem war er sehr still. Schon bald merkte ich, dass sein scheues Verhalten auf Sensibilität und Sanftheit, aber nicht Snobismus beruhte. Später erkannte ich, dass er in seinem Kopf pausenlos Ideen spann. Zu der Zeit, als jeder Top 40-Musik hörte, hatte Robby bereits Paul Butterfield, Robert Johnson und Jimmy Reed entdeckt. Zudem spielte er auch noch Flamencogitarre.

      Während der nächsten sechs Monate brachte mich Robby dann auf Bob Dylan, die Jim Kweskin Jug Band und Robert Johnson. Deswegen revanchierte ich mich mit meinem neuen Geheimnis: Acid.

      Ich erzählte ihm, dass Grant und ich es geschluckt hatten. Er konnte kaum erwarten, es selbst zu probieren, nachdem ich ihm die Intensität unseres Experiments geschildert hatte.

      Bald schon war es Robby, der unseren Freunden das Acid brachte.

      Im April 1965 tauchte Robby wie gewöhnlich auf einer Party mit seinem Zeug auf. Zwei weitere Freunde namens Bill und Tommy waren bei ihm. Ich kriegte heraus, dass Robby schon mal wegen Grass verhaftet worden war (mich buchtete man nie ein – was in der anderen Doors-Biografie fälschlicherweise behauptet wurde). Er fuhr mit seinem Auto in der Gegend herum und rauchte dabei eine Marihuanazigarette, als ihn die Bullen anhielten. Ich fragte mich damals, ob Robby nicht ein wenig zu ausgefallen war, um zu meinem Freundeskreis

Скачать книгу