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Mein Leben mit Jim Morrison und den Doors. John Densmore
Читать онлайн.Название Mein Leben mit Jim Morrison und den Doors
Год выпуска 0
isbn 9783854456346
Автор произведения John Densmore
Жанр Изобразительное искусство, фотография
Серия Rockbiographien / Rock-Kultur Rock-Geschichte
Издательство Bookwire
Ein Riss war in der Fassade der Realität entstanden und ich hatte durch ihn hindurchgelugt. Meine Einweihung in die andere Wirklichkeit hatte stattgefunden.
Nichts hatte sich geändert, doch alles war anders.
3
MOONLIGHT DRIVE
Do you know how pale and wanton thrillful comes death
on a strange hour, unannounced, unplanned for
Like a scaring overfriendly guest you’ve
Brought to bed
Death makes angels of us all and gives us wings
Where we had shoulders smooth as ravens’ claws
No more money, no more fancy dress
This other kingdom seems by far the best
Until its other jaw reveals incest and
Loose obedience to a vegetable law
I will not go
Prefer a Feast of Friends
To the Giant Family.
(Weißt Du, wie bleich und lüstern schauervoll der Tod
Zu seltsamer Stunde kommt, unangekündigt, ungeplant
Wie ein beängstigender überfreundlicher Gast, den du
Zu Bett gebracht hast
Der Tod macht Engel aus uns allen und gibt uns Flügel
Wo wir Schultern hatten, geschmeidig wie Rabenklauen
Kein Geld mehr, keine feine Kleidung mehr
Dieses andere Königreich scheint bei weitem das beste zu sein
Bis sein anderer Rachen Inzest und
Lockeren Gehorsam gegenüber einem Naturgesetz enthüllt
Ich werde nicht fortgehen
Ein Fest von Freunden
Der Großen Familie vorziehen.)
Lieber Jim,
diese letzten Zeilen von „An American Prayer“ erinnern mich an die ewigen Diskussionen zwischen Dir und Ray über die Weiterentwicklung der Menschheit. Ray wollte eine „Goldene Rasse“ als Folge von Vermischung haben und Du warst gegen den Verlust von individuellen Charakteren. Zurückblickend meine ich, dass Deine frühen Texte großartige Poesie waren. Damals verstand ich Deine Worte nicht so ganz. Aber ich wusste, dass in ihnen ein flüssiger Stil und Rhythmus steckte.
Let’s swim to the moon, let’s climb through the tide
Penetrate the evening tbat the city sleeps to hide
Let’s swim out tonight, love, it’s our turn to try
Parked beside tbe ocean our moonlight drive.
(Lass uns zum Mond schwimmen, lass uns die Gezeiten durchklimmen
Den Abend erforschen, den die Stadt schlafend verbirgt
Lass uns heute nacht rausschwimmen, nun müssen wir es wagen
Und halten am Ozean auf unserer Mondlichtfahrt.)
Mir kamen sofort Ideen, wie ich Deine Texte mit meinem Schlagzeugspiel ergänzen könnte. Die Worte klangen wie ein einziger Acid-Trip. Ich war hypnotisiert.
Let’s swim to the moon, let’s climb through the tide
Surrender to the waiting worlds that lap against our side
Nothing left open and no time to decide
We’ve stepped into a river on our moonlight drive.
(Lass uns zum Mond schwimmen, lass uns die Gezeiten durchklimmen
Ergeben wir uns den wartenden Welten, die an unsere Seite plätschern
Nichts bleibt mehr offen und keine Zeit mehr, uns zu entscheiden
Wir schritten in einen Fluss auf unserer Mondlichtfahrt.)
Als wir die ersten Male zusammen spielten, war Deine Stimme schwach und Du warst so peinlich introvertiert. Das soll der nächste Mick Jagger werden?, dachte ich. Aber es gab etwas Faszinierendes an Dir: Deine Liebe zu Worten. Deine grimmige Überzeugung, ein Poet zu sein. Ich kannte vorher niemanden, der versucht hatte, Poesie der Rockmusik zuzuordnen. Für mich war „Moonlight Drive“ revolutionär. Ein pychedelisches Liebeslied.
Let’s swim to the moon, let’s climb through the tide
You reach a hand to hold me but I can’t be your guide
Easy to love you as I watch you glide
Falling through wet forests on our moonlight drive.
(Lass uns zum Mond schwimmen, lass uns die Gezeiten durchklimmen
Du reichst Deine Hand, um mich zu halten, aber ich kann Dein Führer nicht sein
Es ist leicht, Dich zu lieben, wie ich Dich dahingleiten sehe
Wir fallen durch feuchte Wälder bei unserer Mondlichtfahrt.)
Und Du sahst so wahnsinnig gut aus. Ich verglich Dich mit Michelangelos David. Ich ahnte, dass Du einzigartig warst, aber Du hast Dich nicht so wie die anderen typisch höchnäsigen Sänger benommen, mit denen ich gewöhnlicherweise bei den Feten, Hochzeiten und Bars anfangs auftrat. Als ich Dich bei unseren frühen Sessions mit dem Mikrofonkabel herumhantieren sah, grübelte ich: „Wie will dieser Typ das Publikum antörnen, wenn ihn das dämliche Kabel so in Anspruch nimmt?“ Ich hatte nur noch nicht erkannt, dass Du Deinen total eigenen Weg gesucht hattest und dass sich schließlich vor dem Publikum das Kabel in eine Schlange verwandeln würde. Sie waren von jeder Deiner Bewegungen fasziniert und wir mittlerweile auch.
*
Los Angeles, 1965
Einige Wochen nach dem „elektrischen Kool-Aid Acidtest“ mit Grant kam ich mal wieder mit Robby Krieger zusammen, einem kraushaarigen Gitarristen.
Bei einem unserer ersten Treffen damals an der Highschool fuhr er unbekümmert den schicken Plymouth seiner Eltern und zahlte das Benzin mit Kreditkarte. Es bedeutete einiges für mich, dass er südlich der Eisenbahnschienen lebte, die entlang des Olympic Boulevard verliefen. Er erzählte mir, dass er aus Menlow, einer nordkalifornischen Privatschule, herausgeflogen sei und nun zur Universität gehe. Ich hielt ihn für einen reichen Knaben mit Anstand. Außerdem war er sehr still. Schon bald merkte ich, dass sein scheues Verhalten auf Sensibilität und Sanftheit, aber nicht Snobismus beruhte. Später erkannte ich, dass er in seinem Kopf pausenlos Ideen spann. Zu der Zeit, als jeder Top 40-Musik hörte, hatte Robby bereits Paul Butterfield, Robert Johnson und Jimmy Reed entdeckt. Zudem spielte er auch noch Flamencogitarre.
Während der nächsten sechs Monate brachte mich Robby dann auf Bob Dylan, die Jim Kweskin Jug Band und Robert Johnson. Deswegen revanchierte ich mich mit meinem neuen Geheimnis: Acid.
Ich erzählte ihm, dass Grant und ich es geschluckt hatten. Er konnte kaum erwarten, es selbst zu probieren, nachdem ich ihm die Intensität unseres Experiments geschildert hatte.
Bald schon war es Robby, der unseren Freunden das Acid brachte.
Im April 1965 tauchte Robby wie gewöhnlich auf einer Party mit seinem Zeug auf. Zwei weitere Freunde namens Bill und Tommy waren bei ihm. Ich kriegte heraus, dass Robby schon mal wegen Grass verhaftet worden war (mich buchtete man nie ein – was in der anderen Doors-Biografie fälschlicherweise behauptet wurde). Er fuhr mit seinem Auto in der Gegend herum und rauchte dabei eine Marihuanazigarette, als ihn die Bullen anhielten. Ich fragte mich damals, ob Robby nicht ein wenig zu ausgefallen war, um zu meinem Freundeskreis