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sagen manche Religionen und indigenen Völker, wir seien Aspekte oder „Kinder“ des höchsten „Gottes“ bzw. des „Großen Geistes“. Andere Religionen verurteilen jede Lehre, die andeutet, dass wir „Gott“ seien, als Blasphemie. Ich selbst verwende zur Beschreibung der grenzenlosen und vielfältigen Formen „Gottes“ den Begriff „Unendliches Gewahrsein“.

      Das Konzept der Gotteslästerung verstärkt die künstlich geschaffene, unserer Versklavung dienende Vorstellung, wir seien unbedeutend, allein, isoliert und machtlos. Schaut man nur tief genug, stellt man fest, dass nichts davon der Wahrheit entspricht. Verfolgt man jedoch die Agenda, den Menschen dadurch zu unterjochen, dass er seine Ohnmacht akzeptiert, sich in seine Knechtschaft fügt und seine oktroyierte Rolle widerspruchslos hinnimmt, erweisen sich diese Ideen als sehr nützlich. Der aus England stammende Philosoph Alan Watts (1915–1973) hatte völlig recht, als er sagte: „Gott ist, was niemand zugibt zu sein, aber jeder ist.“ Die Kutten der Geistlichen symbolisieren das künstlich erzeugte Gefühl der Getrenntheit und Vereinzelung, da sich deren Träger wie Wachposten zwischen den Gläubigen und die vermeintliche Gottheit stellen. Sie verstehen „Gott“ besser als die einfachen Leute, während sie mit dem Papst/ Rabbi / Imam auf Du und Du stehen. Was für ein atemberaubender Quatsch.

      Wir sind Aufmerksamkeitsbrennpunkte innerhalb des Unendlichen Gewahrseins, das sich unaufhörlich selbst erfährt (Abb. 10 und 11).

      Abb. 10: Wir sind Unendliches Gewahrsein, das sich grenzenlos selbst erfährt.

      Abb. 11: Der Mensch ist ein Aufmerksamkeitsbrennpunkt innerhalb des Unendlichen Gewahrseins – in einem winzigen Frequenzband, das als sichtbares Licht bezeichnet wird.

      Das bedeutet nicht, dass das Gewahrsein jedes einzelnen „Brennpunkts“ unendlich ist. Wer auf dem Gipfel eines Berges steht, genießt einen fantastischen Ausblick; befindet man sich jedoch in einem stockdunklen Raum, sieht man überhaupt nichts. In beiden Fällen nimmt ein Aufmerksamkeitsbrennpunkt – das Gewahrsein – die ihn umgebende Wirklichkeit wahr, doch das Ergebnis fällt sehr unterschiedlich aus. Nicht anders verhält es sich mit dem menschlichen Geist, wenn man ihn zur Gesamtheit des Unendlichen Gewahrseins in Relation setzt – oder auch nur zu einem Bruchteil desselben: Das moderne menschliche Bewusstsein liegt, von Illusionen gefangen, derart im Tiefschlaf, dass man kaum noch von „bewusst“ sprechen kann. Der Tropfen ist der Ozean, und der Ozean ist der Tropfen; doch wenn die Wahrnehmung des Tropfens vom großen Ganzen abgeschottet wird, verfügt er nicht mehr über das Gewahrsein des Ozeans (Abb. 12).

      Abb. 12: Wo hört der Tropfen auf, wo beginnt der Ozean? Sie sind Eins – genau wie das Gewahrsein der Menschen, unabhängig von Herkunft, Hautfarbe oder Glaubensbekenntnis.

      Selbst Begriffe wie „unendlich“ oder „absolut“ greifen zu kurz, will man das Gewahrsein beschreiben, das sich jenseits von Zeit und Raum erstreckt (bzw. jenseits unserer Wahrnehmung derselben); doch sie sind hilfreich, um den qualitativen Unterschied zur menschlichen Schmalbandwahrnehmung herauszustellen. Das Unendliche Gewahrsein IST einfach. Es stellt eine Istheit dar – ein Bewusstsein, das alles weiß und alles sieht, da es alles ist. Das Spektrum möglicher Gewahrseinszustände reicht dementsprechend von der Gesamtheit aller Möglichkeiten, die dem seiner selbst gewahren Unendlichen Gewahrsein entspringt, bis zu jemand, der sich nur als kleines, unbedeutendes Ich sieht, das an der Kasse arbeitet. Wahr ist, dass sich die Menschheit überwiegend am unteren Ende dieser Wahrnehmungsskala bewegt; doch ebenso wahr ist, dass das nicht so sein muss.

      Zweimal in meinem Leben habe ich psychoaktive Substanzen zu mir genommen. In zwei Nächten des Jahres 2003 probierte ich im brasilianischen Regenwald eine pflanzliche Substanz namens Ayahuasca, deren Geschmack mich etwas an Lakritz erinnerte. Insbesondere in der zweiten Nacht lag ich, nunmehr in einem veränderten Bewusstseinszustand, fünf zeitlose Stunden in der Dunkelheit, während mich eine laute, kräftige Stimme – die zu einer weiblichen Gestalt gehörte – in allen Einzelheiten über die illusorische Natur der „physischen“ Realität unterrichtete. Ich erinnere mich haarklein an jedes Detail dieser außergewöhnlichen Erfahrung. Die Stimme begann mit den Worten: „Das Einzige, was du wirklich wissen musst, ist, dass die grenzenlose Liebe die einzige Wahrheit darstellt – alles andere ist Illusion.“ Dieser Gedanke wurde mehrmals wiederholt: „Grenzenlose Liebe [das seiner selbst gewahre Unendliche Gewahrsein] ist die einzige Wahrheit – alles andere ist Illusion.“

      Die Stimme sagte mir, sie würde mich zu dem Ort führen, von dem ich einst gekommen bin und an den ich schließlich zurückkehren werde. So würde ich meine momentane Realität besser verstehen. Im selben Augenblick erblickte ich eine blendende Finsternis, die Stille und Ruhe ausstrahlte und gleichzeitig auf unbeschreibliche Weise leuchtete. Sekunde, was habe ich da eben gesagt? Eine blendende Finsternis, die Stille und Ruhe ausstrahlte und gleichzeitig auf unbeschreibliche Weise leuchtete? Auweia. Es gibt einfach keine Worte, mit denen sich eine Erfahrung beschreiben ließe, die dem bewussten menschlichen Verstand Hohn spricht und ihn verwirrt (Abb. 13).

      Abb. 13: Die „blendende Finsternis“, die ich in Brasilien erlebte.

      „Das ist die Unendlichkeit, David“, sprach die Stimme. Genau – das Unendliche Gewahrsein, das sich seiner selbst gewahr ist; die ruhende Stille der Gesamtheit aller Möglichkeiten; das absolute Potenzial, das darauf wartet, ins Dasein imaginiert zu werden (Abb. 14).

      Abb. 14: Die Gesamtheit aller Möglichkeiten, das gesamte Potenzial – darauf wartend, sich zu manifestieren.

      Der vom Unendlichen Gewahrsein getrennte Verstand, der von den fünf Sinnen beherrscht wird, hält nur dann etwas für „real“, wenn es sich bewegt, eine Gestalt hat oder Geräusche von sich gibt. Doch alle Dinge sind nur manifestierte Möglichkeiten, die der unendlichen Vorstellungskraft der unbeschränkten Möglichkeiten entspringen. Wenn Sie sprechen, holen Sie eine der unendlichen Möglichkeiten in die Realität. Hören Sie auf zu sprechen, verschwindet die zu Worten gewordene Möglichkeit wieder in der Stille der Gesamtheit aller Möglichkeiten. Realitäten, die sich bewegen, eine Form haben und Klänge aussenden, sind Produkte der unendlichen Vorstellungskraft, die sich in ähnlicher Weise als Frequenz- und Schwingungsfelder manifestieren und überlagern, wie es bei Radio- und Fernsehsendern unterschiedlicher Trägerfrequenzen der Fall ist. Genau wie die Stimme sagte: „Wenn etwas schwingt, ist es eine Illusion.“ All diese Realitäten teilen sich denselben „Raum“ und kommen sich nur dann in die Quere, wenn sie auf der Frequenzskala zu nah beieinanderliegen. In diesen Fällen sprechen wir beispielsweise von „Geistererscheinungen“ oder „paranormaler Aktivität“. Gespenster und artverwandte Erscheinungen können sich – ähnlich wie Rundfunksignale – deshalb mühelos durch Wände bewegen, weil sie auf einer ganz anderen Schwingungsebene existieren.

      Ich bin bei Weitem nicht der Einzige, der das Unendliche Gewahrsein in Gestalt einer pulsierenden, leuchtenden Finsternis erlebt hat. Im Laufe der Jahre haben mir viele Menschen ganz ähnliche Erfahrungen geschildert; Weise aller „Zeitalter“ kannten diesen unbeschreiblichen – nein, nicht Ort, sondern Seins- oder Bewusstseinszustand. Viele Informationen über die Welt jenseits des Sichtbaren verdanken wir Menschen, die eine Nahtoderfahrung gemacht haben. Sie berichten davon, im Moment des Todes, als sich ihr Bewusstsein (ihr Aufmerksamkeitsbrennpunkt) vom Körper löste, in eine gänzlich andersgeartete Realität eingetreten zu sein. Erst als ihr Körper ins Leben zurückgeholt wurde, kehrte auch ihr Bewusstsein in unsere Realität zurück (Abb. 15).

      Abb. 15: Die Nahtoderfahrung: Wenn der Aufmerksamkeitsbrennpunkt den Blickwinkel des Körpers / Intellekts hinter sich lässt und in ein ungleich umfassenderes Realitätsempfinden eintritt.

      So

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