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      Sie stammte aus seinen wilden Jugendjahren.

      Zapata hatte sich als Sohn kubanischer Flüchtlinge ganz nach oben geboxt. Aber die Zeiten, in denen er selbst auf der Straße seine Gegner niederstreckte, waren natürlich längst vorbei. Für das Grobe hatte er seine Leute. Zapata war zu einem Weißer-Kragen-Gangster mutiert. Und er stand kurz davor, sich in einen ganz legalen Geschäftsmann zu verwandeln, der sein Geld nur noch in blütenweiße Geschäfte investierte.

      Aber dieses Ziel hatte er noch nicht ganz erreicht.

      Und gerade jetzt, da er sich gewissermaßen auf der Zielgeraden befand, drohte alles den Bach hinunter zu gehen, wenn er nicht die Nerven behielt.

      Die zweite Person, die den Heli verließ, war eine junge Frau. Die blonde Mähne reichte bis weit über die Schultern.

      Das enganliegende, knappe Kleid verbarg kaum etwas von ihrer sexy Figur.

      Das Girl hakte sich bei Raymond Zapata ein.

      "Ich hoffe, wir sind hier in Sicherheit, Ray!"

      "Ich bitte dich, dreh nicht durch, Kleines!"

      "Ich meine ja nur..."

      "Teresa! Bitte!"

      Raymond Zapata drehte sich zum Heli herum. Er wartete bis der dritte Passagier ausgestiegen war: Terry Zapata, der Neffe vom großen Boss. Raymond Zapata versuchte, den etwa dreißig Jahre alten Mann als seinen Nachfolger aufzubauen.

      "Hey, Terry, wo bleibst du? Willst du hier Wurzeln schlagen?"

      Terry knurrte irgendetwas Unverständliches vor sich hin.

      Er hasste die Bevormundung durch den großen Raymond, den berühmten "Mann mit der Narbe", dessen Wort innerhalb seiner Organisation Gesetz war. Aber Terry hütete sich, gegen seinen Gönner aufzumucken.

      Nur zu gut wusste Terry nämlich, wie man enden konnte. Als Fischfutter im Hudson zum Beispiel. Oder in Plastik verpackt auf einer der großen Müllhalden von Staten Island.

      Die maskierten Bodyguards eskortierten das Trio zu dem quaderförmigen Betonaufbau auf dem Dach des Hochhauses. Dort befand sich die Tür, über die man ins Innere gelangen konnte.

      Mehrere der Bewaffneten gingen voran, dann folgten Raymond Zapata und seine Begleitung.

      Über eine Treppe gelangten sie in die oberste Etage.

      Männer in dunkelgrauen Anzügen empfingen sie.

      Auch sie waren Bodyguards, allerdings trugen sie ihre Waffen dezent unter dem Jackett.

      Ein grauhaariger Mann mit dünnem Oberlippenbart schien der Boss dieser Anzugträger zu sein.

      Er breitete die Arme aus.

      "Raymond!", stieß er hervor.

      "Como vas?"

      "Muy bien."

      "Ah, qué rico te vez!"

      "Scheiße, ich verstehe kein Wort", maulte Teresa.

      Raymond Zapata lachte rau. "Das ist die Jugend, Juan! Die versteht kein Spanisch mehr!" Er wandte sich an seinen Neffen Terry. "Dies ist Juan Gomez. Wir kannten uns schon auf Kuba. Ich vertraue ihm absolut! Und du kannst es auch!"

      "Wenn du das sagst, mí tío, habe ich keinen Zweifel daran", sagte Terry etwas steif.

      "Hier seid ihr sicher", erklärte Gomez fast feierlich. "Weder das FBI noch sonst irgendjemand wird ahnen, dass du hier bist!"

      "Die G-men lassen zur Zeit meine Immobilien überwachen", beklagte sich Zapata. "Jedenfalls die, von denen sie etwas wissen."

      "Wozu hat man denn gute Freunde, Raymond!" Mit einer fast etwas zu theatralischen Geste klopfte Gomez Zapata auf die Schulter. "Du würdest doch dasselbe für mich tun!"

      "Sicher. Und ab jetzt hast du einen Gefallen bei mir gut!"

      "Sí, claro!"

      Zapata atmete tief durch. Dann meinte er in gedämpftem Tonfall: "Vor dem FBI habe ich gar nicht so viel Angst. Diese Stümper haben nichts in der Hand gegen mich..."

      "Da sei dir lieber nicht zu sicher, Hermano!"

      Zapata machte eine wegwerfende Handbewegung. "Unser Konkurrent macht mir Sorgen..."

      "Gibt es keine Möglichkeit, sich mit ihm zu einigen?"

      "Nein. Ich stehe auf seiner Todesliste. Entweder ich schalte ihn aus oder er mich. Es existiert keine Alternative." Zapata ballte seine Hände zu Fäusten. "Ich lasse mich nicht so kurz vor Erreichung meines großen Ziels abfangen!", knurrte er. "Von Niemandem!"

      Gomez nickte leicht.

      "Ich verstehe dich gut, Raymond." Er wandte sich an einen seiner Männer. "Vic, du wirst unseren Gästen ihre Quartiere zeigen!"

      "In Ordnung."

      Gomez sah der Gruppe nach, bis sie hinter der nächsten Korridorbiegung verschwunden war.

      Ein zynisches Lächeln umspielte seine dünnen Lippen.

      "Wann bringen wir die Typen um, Boss?", fragte einer der Kerle im grauen Anzug und griff dabei unwillkürlich zu der Beretta, die in dem Quick-Draw-Holster steckte, das er unter dem Jackett verborgen hielt.

      15

      "SIE HABEN DIE BEIDEN Typen, die wir festgenommen haben, nicht wiedererkannt?", fragte ich an Doretta Tomlin gerichtet.

      Wir hatten sie zu einem Apartment in Yonkers gebracht, das für die Unterbringung von wichtigen Zeugen zur Verfügung stand. Unsere irisch-stämmige Kollegin Josy O'Leary würde sich ebenfalls hier einquartieren.

      Ich hatte den Eindruck, dass Doretta davon alles andere als begeistert war.

      Sie atmete tief durch, trat ans Fenster heran und blickte einen Augenblick lang hinaus in das Lichtermeer New Yorks.

      "Hören Sie, Jesse, es ist spät geworden. Ihre Kollegen haben mich ziemlich eingehend befragt und das war sehr anstrengend..."

      "Ich dachte immer, auf einfache Fragen gibt es auch einfache Antworten."

      Sie drehte sich herum, funkelte mich mit ihren dunklen Augen auf eine Weise an, die ich nicht so richtig zu deuten wusste.

      "Ich habe die Typen nicht wiedererkannt!"

      "Die Beiden haben versucht, Sie umzubringen!"

      "Das ging so schnell..."

      "Mein Kollege und ich haben ihre Gesichter wiedererkannt!", mischte sich Milo ein.

      Wir hatten ihr Fotos von George Tamales und seinem bärtigen Komplizen gezeigt, von dem wir inzwischen wussten, dass er John Garcia Adamson hieß. Adamson ließ die Schussverletzung, die er bei der Verhaftung davongetragen hatte, in der Gefängnisklinik von Rikers Island behandeln.

      George Tamales hatte durch seinen Komplizen einen Lungendurchschuss davongetragen und war zurzeit nicht vernehmungsfähig, befand sich aber nicht mehr in Lebensgefahr.

      Doretta Tomlin warf Milo einen wütenden Blick zu.

      "Was unterstellen Sie mir eigentlich? Dass ich irgendein

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